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Neue Lünendonk-Liste 2018 für IT-Beratung und Systemintegration

20.06.2018
Von 
Heinrich Vaske ist Editorial Director a.D. von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO.
Die Berater und Marktforscher von Lünendonk haben ihr neues Ranking für den deutschen Markt der IT-Beratungshäuser und Systemintegratoren exklusiv der COMPUTERWOCHE zur Veröffentlichung überlassen. Accenture, T-Systems und IBM Global Business Services bilden das Trio an der Spitze.

Wenn die Experten aus Mindelheim ihre Marktforschungsergebnisse veröffentlichen, kann das im Markt schon mal Aufregung verursachen. Oft kritisieren gerade jene die Resultate am lautesten, die sich mit Auskünften zu ihren Geschäftsergebnissen verschlossen gezeigt haben. Tatsächlich beruft sich Lünendonk erst einmal auf die Angaben der Hersteller und stellt nur dann - fundierte - Schätzungen an, wenn keine Daten zur Verfügung gestellt werden. Da die Analysten jahrzehntelange Erfahrungen, ein gutes Netzwerk und eine gepflegte Datenbank haben, kommen sie im Zweifel auch ohne die Auskünfte der IT-Dienstleister zu verlässlichen Zahlen.

Accenture baut Personalstamm aus

Den aktuellen Untersuchungen und Schätzungen zufolge war 2017 wie schon im Vorjahr Accenture die Nummer eins im deutschen Beratungs- und Systemintegrationsmarkt. Der Umsatz hierzulande belief sich auf rund zwei Milliarden Euro, im Vorjahr waren es noch 1,75 Milliarden. Dabei rechnet Lünendonk hier auch die Erlöse aus der Management-Beratung ein. Mit 8000 Mitarbeitern hat der IT-Dienstleister aus Kronberg auch beim Personal die Nase vorne: Es befanden sich 1000 IT-Experten mehr auf der Payroll als 2016.

Verfolger ist T-Systems International mit Einnahmen von 1,4 Milliarden Euro im IT-Beratungs- und Systemintegrations-Business. Seinen Sprung gegenüber dem Vorjahr (1,15 Milliarden Euro) verdankt die Telekom-Tochter allerdings nur einer veränderten Reporting-Struktur. Ein Vergleich zwischen 2016 und 2017 sei aufgrund dessen nicht möglich. Auch bei der drittplatzierten IBM hat Lünendonk die Erlöse teilweise geschätzt und zudem die Management-Beratungs-Umsätze mit eingerechnet. So kommt IBM Global Business Services aus Ehningen auf Einnahmen von 1,28 Milliarden Euro, etwas weniger als im Jahr zuvor (1,30 Milliarden).

Capgemini und NTT Data in den Top 5

Ordentliche Umsatzsprünge verzeichneten 2017 die viertplatzierte Capgemini GmbH (920 Millionen Euro, ebenfalls inklusive Management-Beratung) und auf dem fünften Rang NTT Data (702 Millionen Euro). In deren Erlöse wurden auch die Ergebnisse der übernommenen itelligence AG eingerechnet. Größere Sprünge konnten zudem msg Systems, Allgeier, Sopra Steria sowie die indischen Dienstleister Tata Consultancy Services (TCS) und Infosys verzeichnen.

Lünendonk hat auch ein Ranking der 20 führenden mittelständischen IT-Beratungs- und Systemintegrations-Unternehmen erstellt. Um hier geführt zu werden, haben die Betriebe mehr als 60 Prozent ihrer Umsätze mit IT-Beratung, Individualsoftware-Entwicklung sowie Systemintegration zu erwirtschaften. Außerdem müssen ihr Hauptsitz oder die Mehrheit ihres Grund- und Stammkapitals in Deutschland liegen und der Gesamtumsatz darf in der Mittelstandskategorie die Grenze von 500 Millionen Euro nicht überschreiten. Dienstleister, die zu einem Konzern gehören, werden nur dann aufgenommen, wenn sie mindestens 75 Prozent ihrer Erlöse mit externen Kunden erzielen.

GFT führt Mittelstandswertung an

In diesem Segment hält die Stuttgarter GFT Technologies SE mit Einnahmen von 418,8 Millionen Euro (Vorjahr 422,6 Millionen) die Spitzenposition. Teilweise geschätzt wurden die Erlöse der zweitplatzierten SQS Software Quality Systems AG aus Köln, die mit 329,6 Millionen Dollar nur geringfügig mehr einnahm als 2016 (327 Millionen). Ebenfalls auf dem Treppchen, nämlich auf Rang drei, liegt die MHP Management- und IT-Beratung GmbH, Ludwigsburg, die 322,5 Millionen Euro erwirtschaftete.

MHP erzielte von den Top-drei-Unternehmen das stärkste Umsatzplus. Auch sonst ist die Wachstumsdynamik in den Top 10 beträchtlich: adesso, ESG, Materna, Senacor, SNP, CORA-Gruppe, Conet - die meisten dieser Unternehmen wuchsen deutlich zweistellig. Das dürfte wohl auch so bleiben: Lünendonk hat große wie mittlere Systemintegratoren und IT-Berater nach ihren Wachstumsperspektiven in diesem und im nächsten Jahr gefragt. Demnach geht die Branche 2018 von einem Plus von durchschnittlich 12,1 Prozent und 2019 immer noch von einer Expansion um 11,8 Prozent aus.

Diese Schätzungen dürften sogar noch konservativ sein: 2017 hatten die analysierten 68 IT-Beratungen ein Wachstum von 14,6 Prozent gegenüber dem Jahr zuvor erzielt. Dabei brachten es die Top 20 der mittelständischen IT-Beratungs- und Systemintegrationsunternehmen sogar auf ein Plus von durchschnittlich 15,4 Prozent.

Digitalisierung, Cloud und IT-Sicherheit bewegen den Markt

Was sind die IT-Trends, die den Dienstleistern 2017 eine solch starke Konjunktur bescherten? Die Befragten, die jeweils drei Themen nennen durften, setzen die Digitalisierung mit 39 Prozent der Nennungen ganz oben auf ihre Prioritätenliste, gefolgt von Cloud-Lösungen (37 Prozent) und der IT-Sicherheit (25 Prozent).

Konkret hat der Wunsch, Fachprozesse zu automatisieren, nach Angaben von 81 Prozent die Nachfrage besonders stark angekurbelt. Drei von vier Befragten stellen außerdem fest, dass ihre Kunden verstärkt digitale Lösungen in ihre Backend-IT integrieren wollen, und 70 Prozent sehen das Interesse an Cloud-Lösungen als wesentlichen Trigger für neues Geschäft. Genauso werden IT- und Datensicherheit von 70 Prozent angeführt. Im Vergleich dazu sind vermeintliche Trendthemen wie Robotics und RPA (Robotic Process Automation) sowie Blockchain deutlich unterrepräsentiert.

Gesondert widmet sich Lünendonk dem Bereich "Digital Customer Experience/Webbasierte Digital Services", von dem zwei Drittel der Befragten weiter starke Wachstumsimpulse erwarten. Die Kunden fragen demnach vor allem Prozessberatung (84 Prozent) und das Entwickeln von Apps, Websites, Plattformen und sonstigen digitalen Lösungen (84 Prozent) nach. Großes Interesse gibt es außerdem für Data Analytics (81 Prozent), Frontend-Design (70 Prozent) und Change Management (61 Prozent). Drei von vier Dienstleistern setzen zur Befriedigung dieser Nachfrage auf die Entwicklung eigener Kompetenzen, 68 Prozent favorisieren Kooperationen und die Hälfte visiert den Aufbau eines eigenen Partner-Ökosystems an.

Was müssen IT-Berater und Systemintegratoren nun tun, um langfristig im Geschäft zu bleiben? Über 90 Prozent glauben, dass es darauf ankommen wird, ein integriertes Portfolio aus Management- und IT-Beratung, Systemintegration und Digitalagentur-Services bieten zu können. Beträchtlich ist mit 87 Prozent auch die Zahl derer, die - sicher oder wahrscheinlich - gemeinsam mit ihren Kunden digitale Geschäftsmodelle entwickeln wollen. Auch eigene und branchenspezifische Cloud-Lösungen sowie die Übernahme von Digital- und Kreativagenturen liegen im Trend.

Fachkräftemangel beschleunigt Outsourcing-Trend

Der Fachkräftemangel ist und bleibt für Systemintegratoren und IT-Berater das erwartet große Hindernis für weiteres Wachstum. Im vergangenen Jahr konnten die Dienstleister im Schnitt 18,6 Prozent ihrer Planstellen nicht besetzen, zudem war die Fluktuation mit neun Prozent recht hoch. Das hat Auswirkungen. Auf die Frage: "Wird Ihr Unternehmen aufgrund von Ressourcenengpässen am deutschen Bewerbermarkt über Near- und Offshore-Modelle skalieren?", antworteten 53 Prozent der Anbieter mit "ja".

Zusammenfassend kommt Lünendonk zu dem Schluss, dass die IT-Branche auch in Zukunft von der Digitalen Transformation und der insgesamt guten Konjunktur profitieren wird. Die Automatisierung von Fachprozessen treibe ihre Klientel besonders um, ebenso IT-Sicherheit und Systemintegration. Der Fachkräftemangel werde zu einer Verlagerung von Projekten an Nearshore- und Offshore-Partner führen. Außerdem dürften sich mehr IT-Dienstleister rund um die Themen Customer Centricity und Customer Experience positionieren. Und schließlich wird Cloud Computing zu einem immer wichtigeren Thema, was die traditionellen Geschäftsmodelle von IT-Dienstleistern, die sich wenig bewegen, beeinträchtigen dürfte.