Christoph Grewe-Franze, Weleda AG

Neue IT für eine Traditionsfirma

07.03.2013
Von 
Karin Quack arbeitet als freie Autorin und Editorial Consultant vor allem zu IT-strategischen und Innovations-Themen. Zuvor war sie viele Jahre lang in leitender redaktioneller Position bei der COMPUTERWOCHE tätig.
Christoph Grewe-Franze hat für den Naturkosmetik-Hersteller Weleda erstmals eine einheitliche IT-Strategie entwickelt - und längst mit der Umsetzung begonnen.

Ein anthroposophisch geführtes Unternehmen, das sich schwertut mit der Modernisierung seiner Prozesse - diese Konstellation ist für einen CIO nicht einfach. Da gilt es Rücksichten zu nehmen, die anderswo ignoriert werden. Christoph Grewe-Franze hat sich der Her-ausforderung gestellt: Ungeachtet großer Widerstände in einzelnen Teilbereichen und Ländern ging er daran, die Kernprozesse der Weleda AG in der Schweiz und Deutschland auf der Basis der ERP-Lösung Dynamics AX 2009 von Microsoft zu vereinheitlichen; zudem sollte auch Frankreich eingebunden und langsam integriert werden.

Konservative Werte und Strukturen

Als Grewe-Franze vor vier Jahren vom Lebensmittel-Discounter Plus zu Weleda wechselte, war er begeistert. Die hochwertigen Naturkosmetik-Produkte und die auf Rudolf Steiner zurückgehende Unternehmensphilosophie hatten es ihm angetan. Immerhin ist der 55-jährige Vater von sechs Kindern seit etwa 25 Jahren in unterschiedlichen Gremien der Waldorfschule aktiv, zudem war er zuvor mehrere Jahre im Naturkosthandel tätig.

Was der erste CIO in der Weleda-Geschichte damals wohl nicht bedachte: Das Unternehmen pflegte nicht nur traditionelle Werte wie Nachhaltigkeit und Langlebigkeit, sondern verknüpfte sie auch mit traditionellen Strukturen. Damit verbunden war eine gewisse Verhaltensstarre gegenüber Neuerungen. Diese Widerstände - auch innerhalb der Geschäftsführung - zu überwinden gehörte zu den Herausforderungen für den IT-Verantwortlichen. Dass in der Zwischenzeit fast die gesamte Chefetage inklusive CEO sowie Verwaltungsrat ausgewechselt wurden, machte die Sache auch nicht einfacher.

Doch allen Widrigkeiten zum Trotz steht das Projekt "Asterix" nun kurz vor seiner Vollendung. Es war Teil eines unter dem Namen "Top Five" firmierenden Vorhabens, das Konzeption und Umsetzung einer unternehmensweit einheitlichen IT-Strategie zum Ziel hatte - zum ersten Mal im Unternehmen. Neben der ERP-Konsolidierung umfasste Top Five die Vereinheitlichung der Infrastruktur, die Erneuerung der Laborsysteme, eine BI-Lösung und ein Markenportal. Dieses Unterfangen bescherte Grewe-Franze eine Platzierung unter den zehn besten Mittelstands-CIOs im Wettbewerb "CIO des Jahres 2012".

Andere Perspektiven eröffnet

Doch der Weleda-CIO will im Erfolg nicht stillstehen - auch persönlich nicht. Deshalb nimmt er beispielsweise zusammen mit knapp 20 anderen CIOs und IT-Verantwortlichen am ersten "Leadership Excellence Program" (LEP) von des Magazins "CIO" und der WHU (Otto Beisheim School of Management) teil. Sowohl der theoretische Teil, der generelles Management-Wissen vermittelte, als auch die anschließende Exkursion nach Indien (mit Teilnahme an der größten indischen IT-Konferenz Nasscom) hätten ihm "neue Sichten der Dinge aufgezeigt", sagt Grewe-Franze: "Bisher war es oft so, dass man auf Veranstaltungen ging, nur um seine vorgefassten Meinungen zu bestätigen." Das sei beim LEP anders: "Die vielen Gespräche und Vorträge sowie die Besuche in verschiedenen Einrichtungen haben neue Perspektiven eröffnet. Und genau das ist doch das, was General-Management-Fähigkeiten ausmacht." (mhr)