Neue Hub-Systeme angekuendigt Merger Bay Networks birgt fuer Anwender noch Unsicherheiten

10.03.1995

MUENCHEN (jha) - Den Merger zwischen Synoptics und Wellfleet zu Bay Networks nehmen Anwender trotz aller Unwaegbarkeiten gelassen auf. So setzen beispielsweise Nutzer von Synoptics-Hubs mit integrierten Cisco-Modulen weiterhin auf ihre bisher verfolgte Produkt-Strategie - ein Wechsel zu Wellfleet ist nicht geplant. Sorgen machen sich die Endkunden allerdings, ob Bay Networks die gewohnte Service- und Support-Qualitaet weiterhin gewaehrleisten kann.

Gar als Zerreissprobe fuer die Beteiligten beschreibt die britische CW-Schwesterzeitung "Connexion" den "Merger of Equals" zwischen Synoptics und Wellfleet zu Bay Networks, dem ein gleichberechtigter Aktientausch vorausging. Beschaeftigte, OEMs, Entwickler und Kunden haben alle ihre eigene spezifische Beziehung zu den vormals getrennten Unternehmen. Bay Networks stand in den vergangenen Monaten demnach in der Pflicht, alte Verbindungen zu festigen, neu aufzubauen sowie Haendlern und Endkunden die aktuelle Marschrichtung nahezubringen.

Mittlerweile ist die Zusammenlegung der Geschaeftsstellen auch in Deutschland abgeschlossen, die Zentrale ist in Wiesbaden angesiedelt, dem ehemaligen deutschen Hauptsitz Wellfleets. Deren Ex-Chef Uwe Witt fungiert kuenftig als Area Manager, uebt de facto Geschaeftsfuehrerfunktionen aus. Die fruehere Deutschlandzentrale von Synoptics in Stuttgart nutzt Bay Networks kuenftig als Technik- Center, weitere Synoptics-Verkaufsbueros in Berlin und Duesseldorf tragen nun das Bay-Networks-Logo.

"In den vergangenen Wochen haben wir sehr viele Gespraeche mit Haendlern gefuehrt", sagte Frank Brandenburg, Marketing-Manager bei Bay Networks. Den Wiederverkaeufern versuchten die Bay-Networks- Verantwortlichen die Produktpalette und die Zukunftsstrategien zu erlaeutern. Zudem mussten die Manager Bedenken zerstreuen, Bay Networks steige ebenso wie die Konkurrenten in den Direktvertrieb ein. Diese Geruechte entbehren laut Brandenburg jedoch schon deshalb jeder Grundlage, weil Bay Networks in Deutschland mit seinen 22 Angestellten nicht ueber enstprechende Kapazitaeten verfuege.

Neben dem Bemuehen um Wiederverkaeufer veranstaltete Bay Networks ein User-Meeting in Cannes, auf dem Anwender ueber den Grund des Mergers und die kuenftige Marschrichtung aufgeklaert wurden. Demnach gliedert sich das Unternehmen in drei Bereiche, wobei die Router Product Business Unit (PBU) und die Hub-PBU weiterhin die Produktlinie von Synoptics und Wellfleet weiterfuehren und - entwickeln. Angestrebt ist ein Technologietransfer zwischen den beiden Bereichen.

Als erstes Ergebnis aus der Bay-Networks-Entwicklung wird das Unternehmen einen Konzentrator herausbringen. Offiziell kuendigt das Unternehmen den Hub im Maerz an, zeitgleich zur CeBIT, die im uebrigen ohne Bay-Networks-Beteiligung stattfindet. Bis Redaktionsschluss lagen jedoch noch keine naeheren Einzelheiten vor. Von dem Produkt, das derzeit noch den Codenamen "D-Day" traegt ist bisher lediglich bekannt, dass es ein modifizierter 5000-Hub zu einem relativ guenstigen Preis sein wird.

Doch mit der Zusammenarbeit bei der Entwicklung neuer Hubs oder Router liesse sich der Merger nicht begruenden, denn eine solche Kooperation waere auch ohne Aktientausch moeglich. Auszahlen soll sich die Elefantenhochzeit bei der Entwicklung einer neuen Produktlinie in dem dritten Geschaeftsbereich, der Synergie-PBU, die der neuen Form des Networkings mit integrierten Hub-, Router- und Switching-Verfahren Rechnung tragen soll. Bei der Gestaltung dieser Geraete hofft Bay Networks, vom angesammelten und zusammengefuehrten Hub- und Router-Know-how zu profitieren.

Kuenftige Technologien aus dem Hause Bay Networks interessieren den Anwender bei seiner taeglichen Arbeit zunaechst weniger.

Switching-Verfahren sind bisher nur selten im Einsatz, die meisten Unternehmen arbeiten noch mit traditionellen Hub-Router- Installationen. Doch auch bei der Fortfuehrung der bisherigen Produktlinie gibt es ungeklaerte Fragen, integrierte Synoptics in den Hubs bisher doch Cisco-Elemente - ein Wechsel zu Wellfleet- Modulen waere eine logische Konsequenz des Mergers.

"Bei der Interoperabilitaet zwischen den verschiedenen Modulen sehe zunaechst kein Problem", schaetzt Uwe Mueller, zustaendig fuer Systeme und Netze bei der Staatsanwaltschaft am Landesgericht Berlin, die Situation ein. Dort sind Synoptics-Hubs und Cisco-Router im Einsatz, die standardisierte Protokolle sowie Schnittstellen implementieren. Schwierigkeiten bei den Grundfunktionen wird es demnach nicht geben, so der Berliner Fachmann.

Offene Standards fehlen jedoch beim Netz-Management.

"Zur Verwaltung der Infrastrukur werden private MIBs benoetigt, um Komponenten abbilden zu koennen", so Mueller, "in diesem Bereich kann es eine Abhaengigkeit von den Herstellern geben." Dort sieht der Fachmann derzeit die einzig moegliche Gefahr, sollte sich Synoptics beispielsweise dazu entschliessen, das Management-Tool "Optivity" fuer Wellfleet-Router zu optimieren und Cisco-Module zu vernachlaessigen.

"Diese Moeglichkeit gibt es", raeumt Bay-Networks-Manager Brandenburg ein, "wir bieten jedoch eine offene Plattform an und werden diese Strategie auch weiterhin fortfuehren." Proprietaere Systeme anzubieten sei sinnlos, so der Manager, Bay Networks wuerde sich selbst aus dem Markt katapultieren. Moegliche Probleme bei der Interoperabilitaet waeren dann darauf zurueckzufuehren, dass Cisco den Weg der offenen Systeme verlassen habe.

Ernste Kritik erntet Bay Networks von Mueller bezueglich der Dokumentation von Synoptics-5000-Hubs. Ihm wurden auf Anfrage lediglich Hochglanzbroschueren mit werbewirksamen Spruechen geschickt, aber nicht die angeforderten Informationen zu Leistungsdaten. Zudem bemaengelte er die Implementation der Solaris-Schnittstelle im Verwaltungs-Tool Optivity. Die Management-Software verwendet ein altes Interface zu dem Sun- Betriebssystem, Mueller vermisst hier eine neuere Version auf Basis des Unix-Standards. Zu hoffen bleibt, dass sich bei Bay Networks auch Synergieeffekte ergeben, denn in der Vergangenheit hatte sich Wellfleet einen guten Namen in Sachen Service und Support gemacht, waehrend Fachleute Synoptics eine gute Arbeit beim Verkauf und Marketing attestierten. Kuenftig werden fuer die DV der Staatsanwaltschaft unter der Leitung Muellers weiterhin Cisco- Produkte erste Wahl sein, fuer den DV-Manager gibt es keinen Grund, sich der neuen Synoptics-Politik anzuschliessen und auf Wellfleet- Router zu setzen. "Es kann durchaus geschehen, dass Bay Networks im kommenden Jahr erneut die Marschrichtung aendert", begruendet er seine konsequente Linie, "als Anwender sind sie schlecht beraten, jeden Wechsel mitzumachen."

Den Merger zwischen Synoptics und Wellfleet begruesst Georg Molinari hingegen. Der Abteilungsleiter fuer Informationssysteme und Service bei der Toyota Deutschland GmbH in Koeln hatte sich noch vor dem Zusammenschluss der beiden Unternehmen fuer die Anschaffung von Synoptics-Hubs und Wellfleet-Routern entschieden. "Mit Bay Networks haben wir seit dem Zusammenschluss die Verantwortlichkeit fuer unsere Hubs und Router in einer Hand", erklaert Molinari den Vorteil des Mergers.

In einer aehnlichen Situation befindet sich Willi Hartmann, Netzwerk-Manager beim Landesamt fuer Informationstechnik in Berlin. Die Behoerde entschied sich fuer Wellfleet-Router, da die Geraete mit bis zu fuenf Prozessoren arbeiten und somit anders als Cisco- Loesungen Redundanzen fuer den Fehlerfall bereitstellen. Daneben sind unter der Betreuung des Landesamts verschiedene Hubs im Einsatz, von denen nahezu 80 Prozent von Synoptics stammen.

Bei dem Aufbau einer umfangreichen Infrastruktur in Berlin gibt es fuer Hartmann jedoch noch Interoperabilitaetsprobleme. Zwar laeuft das Wellfleet-Produkt "Routerman" unter der Netz-Management- Plattform "Netview" von IBM, Schwierigkeiten bereitet dem Administrator jedoch noch das Management-Tool Optivity von Synoptics, fuer das derzeit weder IBM noch der Hersteller entsprechende Schnittstellen zur Kommunikation zur Verfuegung stellt. In Zukunft erhofft sich Hartmann jedoch positive Impulse von Bay Networks zur Loesung derartiger Probleme.