SPD und Opposition dagegen

Neue Debatte über Vorratsdatenspeicherung

09.01.2015
Was muss nach dem Terroranschlag von Paris in Deutschland geschehen? Die CSU fordert eine Rückkehr zur Vorratsdatenspeicherung, der Bundesinnenminister stimmt zu. Bei SPD, Grünen und Linken findet sie damit kein Gehör.

Nach dem verheerenden Anschlag von Paris ist die Debatte über schärfere Gesetze zur Terrorabwehr in Deutschland wieder voll entbrannt. SPD und Grüne wiesen einen CSU-Vorstoß für die Wiederauflage der Vorratsdatenspeicherung zurück, den sich auch Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) zu eigen macht.

Der Vorschlag sei zwar nicht neu und keine Reaktion auf das Attentat, betonte de Maizière am Freitag bei der Winterklausur der Bundestags-CSU in Kreuth. Aber: "Der Anschlag von Paris unterstreicht hier die Dringlichkeit", sagte er. "Wir halten eine verfassungsgemäße und europarechtskonforme Regelung für nötig und geboten. Aber dafür müssen wir Mehrheiten organisieren. Und daran arbeiten wir."

Innen- und Rechtsexperten der CSU-Bundestagsgruppe hatten am Donnerstag im oberbayerischen Wildbad Kreuth eine rasche Rückkehr zur Vorratsdatenspeicherung, mehr Befugnisse für die Sicherheitsbehörden und eine Verschärfung des Strafgesetzbuches gefordert. Justizminister Heiko Maas (SPD) müsse dafür sorgen, dass die Behörden auf die Kommunikationsdaten von Terroristen zugreifen könnten.

Maas hat sich unterdessen gegen Rufe nach zusätzlichen Anti-Terror-Gesetzen nach dem Anschlag von Paris gewandt. "Wir brauchen jetzt keinen Wettlauf um neue Gesetze", sagte er am Freitag. "Purer Aktionismus stoppt keine Terroristen." Neben der Anwendung bestehenden Rechts seien Aufklärung und Dialog mit den Muslimen nötig. "Wir dürfen Terroristen nicht in die Falle tappen. Eine Einschränkung von Freiheit und Rechtsstaatlichkeit ist genau das, was sie bewirken wollen." Maas betonte, dass bereits Neuregelungen gegen Terrorismusfinanzierung und Terrorausbildung im Ausland geplant seien. "Weitere Verschärfungen sind pure Symbolik."

SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi warnte "vor politischen Kurzschlusshandlungen". Deutschland habe nach den Anschlägen vom 11. September 2001 seine Sicherheitsarchitektur angepasst, sagte sie der "Passauer Neuen Presse" (Freitag). "Genauso wissen wir, dass es absolute Sicherheit in einer freien Gesellschaft nicht geben kann."

In Deutschland gibt es keine gesetzliche Regelung zur Vorratsdatenspeicherung, seit das Bundesverfassungsgericht die deutschen Vorgaben 2010 gekippt hatte. Union und SPD vereinbarten zwar im Koalitionsvertrag, das Instrument wieder einzuführen. Die Pläne liegen aber auf Eis, seit der Europäische Gerichtshof voriges Jahr die bisherige EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung gekippt (PDF-Link) hat.

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) räumte im Bayerischen Rundfunk ein, die Vorratsdatenspeicherung sei "kein Allheilmittel". In Frankreich gehe es darum herauszufinden, ob die Täter Hintermänner hatten. "Für solche Fragen sind gespeicherte Kommunikationsdaten von großer Bedeutung."

Die Obfrau der Grünen im Bundestags-Innenausschuss, Irene Mihalic, wies darauf hin, dass es die Vorratsdatenspeicherung in Frankreich gibt. "Und sie hat diesen Anschlag nicht verhindern können. Die Vorratsdatenspeicherung jetzt zu fordern, ist nicht zielführend, sondern eine Instrumentalisierung der Ereignisse", sagte Mihalic der "Mitteldeutschen Zeitung" (Online). Auch Linke-Fraktionsvize Jan Korte wies die CSU-Forderung zurück: "Das sind die üblichen Reflexe."

Der CDU-Europapolitiker Elmar Brok warnte vor einem Wettlauf um schärfere Sicherheitsgesetze. "Wir müssen jetzt ein Hochschaukeln verhindern", sagte er der Deutschen Presse-Agentur. "Damit laufen wir sowohl den Radikalen vonseiten des Islamismus als auch den Pegida-Leuten und diesen rechten Parteien ins offene Messer."

Die CDU will das Sicherheitsgefühl in Großstädten verbessern. "Um Gewalt und Diebstähle abzuwehren sowie Anschläge und andere Straftaten erfolgreich aufzuklären, wollen wir den Einsatz von Videokameras an Kriminalitätsbrenn- und Gefahrenpunkten, wie etwa auf Bahnhöfen, verstärken", heißt es im Entwurf für eine "Hamburger Erklärung" des CDU-Vorstands, der der dpa vorlag. (dpa/tc)