Strategische Anwendungen in Angriff genommen

Neue Anwendungen nutzen die Basis vorhandener Informationen

16.11.1990

Die auf der operativen Ebene bereits vorhandenen Informationen für dispositive Anwendungen verfügbar zu machen, hatte sich die Westfalia Separator AG in Oelde vorgenommen. Hubert Dörner* beschreibt die ersten erfolgreich abgeschlossenen Projekte.

Das heutige Geschäftsleben bringt es mit sich, daß immer größere Anstrengungen zur Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit erforderlich sind. Wesentliche, übergreifende Entscheidungen müssen somit häufiger und schneller getroffen werden. Dazu haben alle verfügbaren Informationen (Daten) zur richtigen Zeit (schnell), am richtigen Ort und in der entsprechenden Qualität (inhaltlich) zur Verfügung zu stehen.

Die alten Werkzeuge taugten nicht mehr

Bereits seit Jahren wächst in den unterschiedlichsten Fachabteilungen der Westfalia Separator AC der Informationsbedarf überproportional an. Dies hatte zur Folge, daß die Hauptabteilung EDV und EDV-Organisation mit einer Vielzahl von neuen Anforderungen konfrontiert wurden.

Es war sehr schnell klar, daß die große Masse von unterschiedlichem Informationsbedarf aber nicht mit den gleichen Hilfsmitteln oder Werkzeugen (konventionelle Programmierung mit 3GL, hierarchische DBMS) befriedigt werden konnte wie die bisherigen Anforderungen .

Darum galt es, Werkzeuge zu integrieren, die sowohl die zentrale Datenverarbeitung als auch die Fachabteilung und damit die Endbenutzer in die Lage versetzten, Informationsanalyse durch einfachere und schnellere Informationsgewinnung aus gespeicherten Daten zu betreiben beziehungsweise die Leistungsfähigkeit von Informationssystemen zu erhöhen.

Im Herbst 1989 wurde ein Projektteam mit der Analyse, Auswahl und Einführung von geeigneten Werkzeugen zur Erreichung der oben genannten Ziele (schnelle Informationsanalyse, Aufbau betrieblicher Informationssysteme) beauftragt. Nach Abschluß der Untersuchung verschiedenster Werkzeuge und nach einer mehrwöchigen intensiven Testzeit entschloß sich Westfalia Separator im Dezember 1989 zum Kauf von Nomad, einem Softwareprodukt der sogenannten vierten Generation (4GL), das von der Must Software International, Köln, vertrieben wird.

Dabei handelt es sich um ein Paket integrierter Produkte, das auf den drei Ebenen IBM-Großrechner, IBM/DEC-Abteilungsrechner und PC/PS/2 einsetzbar ist. Ausschlaggebend für die Entscheidung waren der gegenüber Konkurrenzprodukten starke DBMS-Teil mit der Unterstützung hierarchischer, relationaler und hybrider Datenorganisation sowie die mächtigen Schema-Eigenschaften.

Pilotprojekt für Marketing-Statistik

Zusätzlich fiel die Möglichkeit, auch DB2 oder SQL/DS lesend und schreibend aus Nomad heraus zu nutzen, positiv ins Gewicht. Außerdem spielten aber auch die Möglichkeiten der kooperativen Verarbeitung zwischen PC und Host mit Hilfe der "Programm-zu-Programm-Kommunikation" eine Rolle.

Die Leistungsfähigkeit des Produktes sollte in einem Pilotprojekt "Statistikwesen Marketing" des Unternehmensbereichs Trenntechnik (UBT) unter Beweis gestellt werden, das Ende Januar 1990 gestartet wurde. Es galt, in diesem Projekt das komplette Berichtswesen des UBT mit Nomad zu überarbeiten und in einer Nomad-Benutzeroberfläche zu integrieren.

Dazu mußten zirka 400 zum Teil sehr komplexe, auch vom Inhalt und Layout aufwendige Reports über Bestelleingänge, Bestellbestände, Produktions- und Vertriebsprogramme, Umsätze, Mahnlisten, Auftragsdurchlaufzeiten etc. für die einzelnen Sparten des UBT neu erstellt werden.

Die diversen Reports, die täglich zu erstellen sind, müssen verschiedensten Mitarbeitern im gesamten UTB von der Managementebene bis zur Sachbearbeiterebene zugeordnet werden. Jeder soll dabei nur die für ihn relevanten Informationen erhalten .

Bevor man an die Realisierung ging, arbeitete man DV-intern ein Einführungskonzept aus, in dem man eine Analyse der durch den Einsatz von Nomad bedingten Voraussetzungen, der dadurch entstehenden Auswirkungen und der daraus abzuleitenden Konsequenzen vornahm. Dabei wurden die Auswirkungen auf das organisatorische Umfeld, die Einbindung der Benutzerunterstützung, die Aufgaben der Nomad-Administration beziehungsweise des Daten- und Informationsmanagements sowie Aspekte der Informationsplanung und -bereitstellung untersucht. Parallel dazu machte sich das Projektteam (zwei gestandene Organisationsprogrammierer aus dem Bereich Systemanalyse, zuständig für Vertriebssysteme, und zwei sehr erfahrene Entwickler von PC-Applikationen aus dem Bereich Vertriebscontrolling/Marketing) durch die Teilnahme an Workshops mit den Nomad-Techniken vertraut.

Viel Arbeit in das Schema-Design gesteckt

Danach begann man mit der Erstellung der für die Anwendung erforderlichen Nomad-Schemata (Datenbank- beziehungsweise Tabellenbeschreibungen). Es war sehr schnell klar, daß man mit gut durchdachten und designten Schemata bei der Realisierung der Reports viel an Entwicklungsarbeit einsparen konnte. So wurde sehr viel Arbeit gerade in die Design Phase der Schema-Erstellung gesteckt und viele der Nomad-Schemafunktionen angewendet.

Aufgrund der Tatsache, daß man sich im wesentlichen an einer in der Vergangenheit für das Statistikwesen entwickelten PC-Anwendung orientieren konnte und viel Fleißarbeit in die Nomad-Schemata investiert hatte, vollzog sich die Realisierung der 400 Reports durch die vier Mitarbeiter des Projektteams und die zeitweise Unterstützung des Anbieters in der Zeit von nur vier Monaten.

Zweites Projekt für Vertriebsinformationen

Eine weitere Aufgabe, mit der sich das Projektteam parallel auseinandersetzen mußte, war die Entwicklung eines leistungsfähigen Vertriebs-Infomationssystems mit allen aktuellen und erledigten Aufträgen des UBT. Die Benutzeroberfläche des Systems sollte sich an den von IBM geprägten und in der Zukunft sicherlich immer stärker etablierten Standard CUA (einheitlich Benutzerunterstützung) anlehnen.

Da in Nomad eine Reihe von Funktionen zur Unterstützung dieses Standards angeboten werden, wurde die Benutzeroberfläche somit von den Komponenten Borders, Title Bar, Action Bar, Function Key Area (mit Scroll-Funktionen), Panel Body Area, Pop-Up Windows, Pull-Down Windows und kontextbezogener Hilfe bestimmt.

Bei der Realisierung dieser Projektaufgabe bildeten wiederum die Schemata, die bereits zu Beginn des Projektes erstellt wurden, eine hervorragende Ausgangsbasis. Außerdem wurden die Nomad-Windowfunktionen zum entscheidenden Kriterium, was die Gestaltung der Benutzeroberflächen sowie schnelle und effiziente Entwicklungszeiten angeht. Mit diesen Funktionen und dem Codieren von wenigen Statements war es möglich, CUA-angelehnte Layouts zu schaffen.

Mit dem Prototyp des Vertriebs-Informationssystems ist man nun seit Anfang Oktober 1990 in Produktion. Bei den 3270-Bildschirmnutzern, die bisher nur Screen-orientierte Applikationen in dieser Umgebung kannten, stieß die Arbeit mit der Oberfläche und den neuen Funktionen des Informationssystems auf positive Resonanz. Viele Anwender finden jetzt erstmals Benutzeroberflächen vor, die man bisher nur von PCs kannte.

Unternehmensprofil

Die Westfalia Separator AG, im Jahre l893 in Oelde, einer westfälischen Kleinstadt, gegründet, ist mit mehr als 4000 Mitarbeitern einer der führenden Hersteller von Separatoren und landtechnischen Maschinen.

Zu den Abnehmern des Bereichs Trenntechnik, der Separatoren mit einer Leistung bis zu 300 000 Litern pro Stunde liefert, gehören weltweit die unterschiedlichsten Industriezweige. Der Trenntechnikbereich beliefert unter anderen Unternehmen der milchverarbeitenden Industrie, Brauereien, Weinkellereien und -keltereien, Nahrungs- und Futtermittelunternehmen, mineralölverarbeitende Betriebe, Unternehmen der chemischen und pharmazeutischen Industrie sowie der Stärke- und Entsorgungstechnik.

Der Unternehmensbereich Landtechnik ist durch Lieferung von Melk, Fütterungs- und Milchkühlanlagen mit Abnehmern aus der Landwirtschaft verbunden. Tochtergesellschaften und Vertretungen sorgen für Beratung und Service in der ganzen Welt.

*Hubert Dörner ist stellvertretender Abteilungsleiter Systemanalyse der Hauptabteilung EDV-Organization und Datenverarbeitung bei der Westfalia Separator AG in Oelde; als Projektleiter ist er mit der Auswahl und Einführung von 4GL und relationalem DBMS beschäftigt.