Neuausrichtung der DV mit gewandelten Denkweisen Client-Server bei Mak in Kiel ohne Wenn und Aber

11.11.1994

MUENCHEN (ua) - Die Restriktionen der Konzernmutter Krupp sind hart: Mindestens 20 Prozent Rendite muss die Krupp Mak Maschinenbau GmbH, Kiel, erwirtschaften, sonst droht der Verkauf. Um die Wettbewerbsfaehigkeit zu steigern, strukturiert das Tochterunternehmen saemtliche Unternehmensbereiche sowie sein Produktangebot neu. Die Verwirklichung eines Client-Server- Konzepts soll helfen, die Geschaeftsprozesse effektiver zu gestalten und die DV-Kosten zu senken.

"Gegenueber dem Grossrechnerbetrieb erkennt man nicht nur eine Aenderung der Technologie", konstatiert Hans-Hermann Kresse, Hauptabteilungsleiter der Mak Data Systems, des DV-Profit-Centers der Maschinenbaufirma. "Es zeigt sich eine Neuausrichtung mit gewandelten Denkweisen, so dass der Begriff

,neue Generation' absolut gerechtfertigt ist." Client-Server versteht Kresse als "eine dezentral orientierte DV-Struktur unter Einsatz von Standardsoftware auf mittleren, Unix-basierten Rechnersystemen, Netzwerkorientierung mit kooperativer Verarbeitung, verteilte Datenhaltung, bedienungs- und wartungsarme Systemtechnik, grafische Oberflaechen beim Endanwender und Integration von PC-Technik".

Soll das DV-Konzept sinnvoll sein, muss eine organisatorische Neustrukturierung vorausgehen. Was sich trivial anhoert, bedeutete fuer das Traditionsunternehmen Mak einen radikalen Einschnitt. Im Vordergrund aller Ueberlegungen stand die Konzentration auf das Kerngeschaeft: Mak produziert Dieselmotoren in der Leistungskategorie von 800 bis 10 000 Kilowatt.

Jaehrlich werden 200 bis 300 Motoren ausgeliefert, woraus sich ein Umsatz von 450 Millionen Mark bei rund 1500 Beschaeftigten (ehemals 3000) ergibt.

Als die "wichtigste Veraenderung" bezeichnet Kresse die Neukonstruktion der Motoren; eine Dieselmotorbaureihe wird kuenftig aus 1700 Teilen bestehen, 40 Prozent weniger als zuvor. Daraus resultiert eine erhebliche Vereinfachung der Unternehmensablaeufe. Zugleich wurden auch neue Konzepte fuer den Produktionsprozess entwickelt. Zukuenftig ist er nicht mehr unter fertigungstechnologischen Gesichtspunkten organisiert. Statt dessen werden fuer alle Hauptbaugruppen eines Motors dezentral organisierte Fertigungszellen eingerichtet.

Kresse spricht in diesem Zusammenhang von der "fraktalen Fabrik", in der die Mitarbeiter kreativer arbeiten koennen, als das mit einer zentralistischen und tayloristischen Arbeitsweise moeglich war. "Wurden Effizienzverbesserungen im Unternehmen frueher durch immer staerkeren Einsatz von Datentechnik realisiert, so steht die DV der Krupp Mak heute erstmalig vor der Situation, nicht nur fuer die Umsetzung des Business-Re-Engineering-Prozesses zu sorgen, sondern gleichzeitig auch fuer nennenswerte Kosteneinsparungen im eigenen Bereich."

Allerdings bedeutet diese Massgabe auch Verzicht auf Integra-

tion, auf Computer Integrated Manufacturing (CIM). An ihre Stelle tritt die "Entkoppelung". Kresse versteht darunter "einfache statt komplizierter Ablaeufe". Einwaenden begegnet er mit dem Hinweis: "Frueher funktionierte zwar die DV-Technik, doch fand die Integration ihre Grenzen bei den Abteilungsfuersten."

Als Voraussetzung fuer ein erfolgreiches Downsizing und schnelle Kostenreduktion nennt Kresse das Outsourcing des Rechenzentrums (siehe Computerwoche Nr. 35 vom 27. August 1993, Seite 1). Heute wird das Terminalnetz von Mak ueber zwei oder drei Standleitungen (64 KB) vom Krupp-Hoesch-Rechenzentrum in Dortmund versorgt. Ziel ist es jedoch, so Kresse, die Client-Server-Installation so weit fortzufuehren, dass eine Anbindung an das Rechenzentrum ueberfluessig wird.

Die Gesamtkosten fuer die neue DV-Landschaft schaetzt Kresse auf mehr als fuenf Millionen Mark. Etwa 800 000 Mark entfallen auf die Betriebssysteme und 1,32 Millionen auf Applikationen. Die Ausgaben fuer Ausbildung und Umstellung veranschlagt der DV-Experte mit 3,45 Millionen Mark. Bei einem jaehrlichen Aufwand von 860 000 Mark fuer Abschreibungen, 690 000 Mark fuer Umstellungen und Ausbildung und 1,47 Millionen Mark fuer die Systembetreuung sei mit einer Amortisierungszeit von rund zwei Jahren zu rechnen.

Investitionen in die Vernetzung lohnen sich

"In weiser Voraussicht", so Kresse, hat Mak in der Vergangenheit staerker in die Vernetzung des Unternehmens investiert als in die Ausstattung des zentralen Rechenzentrums. Heute verfuegt Krupp Mak ueber eine Vielzahl verschiedener LANs und ein Lichtwellenleiter- Backbone. An das Netz angeschlossen sind vier Applikations-Server. Nutzer an den Clients, PCs und Workstations, haben gleichzeitig Zugriff auf die Server und auf den Dortmunder Zentralrechner sowie auf lokale Workstation-Funktionen. Der Datenabgleich erfolgt asynchron.

Laut Kresse wird zur Zeit noch getestet, inwieweit die SAP- Standardsoftware R/3 fuer das Rechnungs- und Personalwesen in Frage kommt. Scheitern koennte der Einsatz daran, dass zu viele Schnittstellen zu den Individualprogrammen, die mit der 4GL Natural von der Software AG geschrieben sind, sowie zu den anderen Systemen geschaffen werden muessten. Die Individualsoftware fuer das Vertriebssystem hat Mak erfolgreich vom Mainframe portiert und getestet. Laut Kresse konnte die Migration zu 95 Prozent automatisch durchgefuehrt werden. In einem zweiten Schritt sollen die Programme nun "GUI-fiziert" werden.