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Netzplan by Computer

27.06.1975

Von Dr. F. Joachim Friedrich Exklusiv für Cw

"Eine Skizze sagt mehr als tausend Worte2, das muß schon Archimedes gewußt haben. Nicht nur für den Ingenieur ist das eine Binsenweisheit. Unser Gehirn erfaßt den Sinngehalt einer Zeichnung schneller als den eines Schriftsatzes. Deshalb wird auch der Netzplan, die zeichnerische Darstellung aller Vorgänge beim Ablauf eines Projekts, als Verständigungsbasis der Projektbeteiligten nicht verschwinden. Keine noch so gute Auflistung der Vorgänge und ihrer Daten wird ihn vertreiben. Zumal dann nicht, wenn, wie es den Anschein hat, die Anzahl der angebotenen Netzplan-Zeichenprogramme weiter zunimmt. Denn das ist ein Zeichen dafür, daß die Nachfrage größer oder aber die bestehende große Nachfrage endlich erhört wird.

CPM wird bereits volljährig

Bisher werden bei den meisten Anwendern die Netzpläne noch immer sorgfältig mit der Hand gezeichnet. Das kostet zwar Zeit und Manpower, ist aber die sicherste Methode, einen gut durchdachten und übersichtlich gestaltesten Netzplan zu bekommen, der darüber hinaus auch noch durch die Qualität der Zeichnung besticht.

Vor fünf, sechs Jahren gab es noch häufiger Netzplantechnik-Anwender, die mit den Berechnungsprogrammen ihrer Computerhersteller nicht zufrieden waren. Aber die früheren Mängel sind längst behoben. In diesem Jahr wird das älteste Verfahren, die Critical Path Method (CPM) großjährig. Heute gibt es wohl kein NPT-Programm mehr, das nicht entsprechend ausgereift ist und neben den Dateneingangsprüfungen auch sämtliche Berechnungsarten durchführt, alle denkbaren Auswertungen auf Verlangen vornimmt und über ein großes Repertoire von Auflistungen und Schnelldruckerdiagrammen verfügt. Wirklich wirtschaftlich sind diese großen Programmsysteme aber erst dann, wenn man wenigstens einige ihrer vielen angebotenen Möglichkeiten auch effektiv nutzen kann. Die langwierigen manuellen Vorbereitungen für die Klärung der Struktur, der Abhängigkeiten und die Zeichnungserstellung, sowie für die Datenerfassung und Korrekturläufe sind kostspielig.

Output per Drucker

Offenbar schickt man sich nun an, eine bisher recht vernachlässigte Lücke zu schließen, der computererzeugte graphische Netzplan ist im Kommen. Er mußte immer hinter der Vervollkommnung der Berechnungsprogramme zurückstehen.

Zur Lösung bieten sich im wesentlichen drei Möglichkeiten an. Lösung liefert einen reinen Schnelldrucker-Output. Dieser reicht von den Vorgangsdaten mit stilisierten Vorgangskästchen als Etiketten bis zum Ausdruck eines vollständigen graphischen Netzplans, z. B. bei Mandas (Maschinelle Netzplan-Darstellung Auf Schnelldrucker), eine Entwicklung des Forschungsinsitituts für Rationalisierung an der Technischen Hochschule Aachen. Dabei lassen sich nicht nur alle Verbindungen mit Verzweigungen, Sammelpunkten und Kreuzungen eindeutig definieren und mit dem Schnelldrucker darstellen, das Programm ist inzwischen auch auf wahlweise Erzeugung von verdichteten Netzplänen, Meilensteinplänen und Teilnetzplänen erweitert worden.

Nur schlechte Plotter-Qualität

Lösung II umfaßt diejenigen Programme, die einen Plotter-Output erzeugen. Dazu gehören neben den seit längerem angebotenen Autonet-Programmen von Calcomp u. a. Optima von Sperry Univac und Ezpert von Systonetics Inc., ein Programm, das von der NASA im Johnson Space Genter in Houston, Texas, eingesetzt wird und ursprünglich für CDC entwickelt wurde. Und sicher sind noch andere Programme in Gebrauch, von denen man wenig weiß. Manch Anwender wird seit Jahren mit plottergezeichneten Netzplänen arbeiten, - vielleicht mit einem Programm erzeugt, das von tüchtigen Programmierern im Eigenbau erstellt oder aus einem unzureichenden Herstellerprogramm zurechtgestrickt wurde.

Die Problematik des plottergezeichneten Netzplans liegt zu allererst in der Qualität der Zeichnung. Sie hängt sowohl von der Details, Vorgangssymbole, Beschriftung, Verbindungwege und Verknüpfungszeichen ab als auch von der strukturellen Gesamtgestaltung des Plans, schlicht von der Anordnung der Vorgänge im Netzplan. Die Detaildarstellung kann ein Plotter in hervorragender Weise liefern, wenn das zugrunde gelegte Zeichenkonzept dies unterstützt. Bemerkenswert wenig wurde auf diesern Gebiet bisher getan. Von der Detailqualität her ist das Vorgangsetikett bei Mandas den Plotter-Äquivalenten von Autonet, Optima und auch Ezpert weit voraus.

Ihnen allen gemein ist, daß das Programm aus der Kenntnis der Anordnungsbeziehungen bereits den Netzplan zeichnet. Es sucht qewissermaßen denjenigen freien Platz für einen Vorgang, der ein Minimum von Linienüberschneidungen zuläßt. Der Nachteil ist, daß es dies bei jedem Berechnungsgang erneut tut. Wenn also eine strukurelle Korrektur vorgenommen wurde, so kann es vorkommen, daß Vorgänge von ihrem früheren Ort verschwinden und ganz wo anders wieder auftauchen. Etwas anderes wäre es, wenn jeder Vorgang einem Koordinatensystem festgelegten Ort hat, der sich nur dann ändert, wenn dies der Netzplantechniker ausdrücklich anordnet. Dann wirken Strukturveränderungen nur soweit zeichnungsveränderungen nur soweit zeichnungsverändernd, als dies die unverändert bleibenden Vorgänge zulassen.

Ein solches System namens Granet wurde von einem Arbeitsteam der Osram GmbH, München, im Herbst 1974 auf der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Operations Research in Warzburg vorgestellt. Nachteil bei diesem Programm: der Netzplantechniker muß für jeden Vorgang den zugehörigen Koordinatenpunkt von vornherein festlegen. Die ist eine vermeidbare manuelle Tätigkeit. Argument der Autoren: der Netzplanersteller benutzt ohnehin graphische Entwürfe bei der Aufnahme des Projekts, warum soll man dann also nicht gleich ein vorgefertigtes Entwurfsraster zur Verfügung stellen, von dem bei der Datenerfassung die Koordinaten abgelesen werden. Daneben beeindruckte dieses Programm durch die bestechende Qualität der graphischen Darstellung im Detail und im System der Verbindungswege.

Das System Granet erlaubt es, etwa 90 Prozent der manuellen Arbeit zur Erstellung einer Netzplanzeichnung einer elektronisch gesteuerten Zeichenmaschine zu übertragen, wobei in den restlichen zehn Prozent der Netzplanentwurf und die Datenerlassung enthalten sind. Ein auf der Basis von Granet entwickeltes EDV-Zeichenprogramm, das 500 Vorgänge und 1000 Anordnungsbeziehungen verarbeitet und auf 3x3-DIN A 1-Flächen zeichnet, benötigt ohne Segmentierung zirka 160 K Bytes Arbeitsspeicherkapazität.

Online hat Zukunft

Es deutet vieles darauf hin, daß auch auf diesem Gebiet die Zukunft letzten Endes den Online-Systemen gehört, - Abtragesystemen mit Datenstationen, bei denen auch die Netzplangraphik am Bildschirm erzeugt, abgefragt und korrigiert werden kann. Diesen Lösungsweg ist MBB - Unternehmensbereich Apparate-Kybernetik gegangen. Das im eigenen Hause erprobte und eingesetzte System Grappa ist eie abgeschlossene Entwicklung, die sich bei Luft- und Raumfahrtprojekten des Unternehmens bewährt hat. Siemens entwickelte für seine 4004/151 im BS 2000 das Sinet-System, das auch graphische Netzpläne am Bildschirm unterstützen wird.

Im Augenblick sind diese Systeme nur für Anwender wirtschaftlich tragbar, die im größeren Stil Netzplantechnik einsetzen. Für den EDV-Normalverbraucher liegt dieser Komfort noch in der Ferne.

Dr. F. Joachim Friedrich war langjährig im Rechen- und Informationszentrum der Firma Osram GmbH, München, tätig.