Interview

"Network Computer hießen früher 3270-Terminals"

23.05.1997

CW: Als Anbieter im System-Management-Markt dürfte Ihnen die Diskussion um die Senkung der IT-Betriebskosten entgegenkommen. Wie stehen Sie zum Thema Total Costs of Ownership?

Watson: Wir haben nur Geschäftskunden, die ihre Systeme täglich rund um die Uhr benötigen. Früher konnten sie das System in den frühen Morgenstunden zur Wartung und Pflege herunterfahren. Aufgrund der Globalisierung der Märkte geht das nun nicht mehr, denn der Zugriff muß permanent gewährleistet sein. Wir helfen, etwa anfallende Wartungsaufgaben innerhalb kürzester Zeit zu erledigen.

CW: Der Punkt ist aber, daß Anwender für ihre IT weniger Geld ausgeben wollen.

Watson: Ja, natürlich wollen sie das. Es gibt aber auch einen anderen Blickwinkel. Wenn ein Bankkunde beispielsweise mitten in der Nacht eine Transaktion starten möchte und er kann sie nicht durchführen, weil der Bankenrechner gerade heruntergefahren ist, dann sucht er sich ein anderes Finanzhaus. Kunden zu verlieren ist sehr teuer. Mit einer funktionierenden IT verdient man Geld, weil das Geschäft weiterläuft.

CW: Da kehren Sie die aktuelle TCO-Debatte um, die Kostensenkungen durch Einsatz des Network Computers fordert...

Watson: Sehen Sie, das ist doch alles ein Spiel, das wir aus der Vergangenheit kennen. Damals nannte man es Mainframe und 3270-Terminals. Das habe ich auch Scott McNealy vor einigen Monaten gesagt: "Nimm es mir nicht übel, aber was ihr vorhabt, gleicht exakt der Großrechner- und Terminal-Welt."

CW: Der Unterschied sind aber doch die offenen Standards?

Watson: Na gut, man kann jetzt darüber diskutieren, ob die früheren IBM-Standards offen waren oder nicht. Es hat viele Unternehmen gegeben, die dafür entwickelt haben, und für die war der Markt sehr offen. Heute geht man wieder zurück zur zentralisierten Kontrolle und Speicherung.

CW: Es gibt aber durchaus Berechnungen, die Kostensenkungen pro Arbeitsplatz versprechen.

Watson: Ich habe mit einem der ersten Kunden gesprochen, der die Java-Station implementiert hat. Er sagte auf einer Präsentation: "Wir haben die Kosten pro Desktop gesenkt." Worauf ich fragte: "Aber sind die IT-Kosten wirklich zurückgegangen?" Er antwortete: "Ja, an den Schreibtischen schon. Im Hintergrund laufen nun aber Ultrasparc-Stations."

CW: Sie glauben demnach, daß die Kosten nur anders verteilt werden?

Watson: Wissen Sie, vor einigen Jahren hat IBM Unmengen an Geld verdient. Dann kam Microsoft und wollte seinen Anteil von diesem riesigen Berg. Mit dem PC und Windows haben sie es geschafft, viel Geld von Armonk nach Redmond umzuleiten. Nun hat Microsoft einen großen Haufen Geld angesammelt und Sun will sich daran bedienen, um es nach Kalifornien fließen zu lassen. Im Grunde zahlt der Kunden den gleichen Betrag, egal was er tut. Die Frage ist nur, an welchen Hersteller.

CW: Aber was ist nun Ihre Rolle in diesem Spiel?

Watson: Nichts würde uns glücklicher machen, als riesengroße Server mit sehr großen Datenbanken, die Informationen oder Applets durch das Netz pumpen. In diesem Geschäft liegen unsere Wurzeln. Leider entspricht das nicht der Realität. In den Unternehmen gibt es gemischte Umgebungen aus Mainframes, Unix, Windows NT und Java-Stations.

CW: Und das ist ein Problem?

Watson: Das ist eine Herausforderung! Es ist eine Problem für den Kunden und eine Herausforderung für uns. Je komplexer es wird, desto lieber ist es uns. Es ist schwer, diese diversen Systeme zu verwalten.

CW: Ist das System-Management nicht ein Spiel, das Sie niemals gewinnen werden. Die Entwicklung der Technik läuft Ihnen davon, und Sie müssen sie mit Ihren Lösungen wieder einfangen?

Watson: Das ist richtig. Die Erwartungen der Kundschaft steigen permanent. Vor zwanzig Jahre wurden Server in 36 Stunden reorganisiert. Im Durchschnitt brauchen sie heute nur noch einige Sekunden.

CW: Dabei können Sie auf Erfahrungen bauen. Es gibt aber auch Techniken, die wie Java urplötzlich erscheinen. Was machen Sie, wenn Ihnen dann das Know-how fehlt?

Watson: Es gibt zwei Arten von erforderlichem Wissen in unserem Geschäft. Zum einen gibt es das technische Know-how und Verfahren - das ist erlernbar. Wichtiger ist der umfassende Blick auf die IT-Installationen. Das Wissen um das Was und Wie ist übertragbar auf unterschiedliche Technologien.