Fischzug in fremden Gewässern

Network Associates übernimmt Cybermedia

14.08.1998

Mit den Worten "Angriff ist die beste Verteidigung" kommentierte NA-Chef Bill Larson den Deal am Dienstag letzter Woche. Rund 130 Millionen Dollar investiert Network Associates, das erst im vergangenen Jahr aus der Fusion von Network General und McAfee hervorgegangen war. Angesichts der mit rund 650 Millionen Dollar prall gefüllten Kriegskasse von NA ein moderater Preis, wie Larson bemerkte. Die Übernahme soll im dritten Quartal 1998 abgeschlossen sein, erste Produkte unter dem McAfee-Namen gegen Ende des Jahres auf den Markt kommen.

Cybermedia hatte in erster Linie den Endanwender im Visier und bot PC-Tools wie "Uninstaller", "First Aid" oder "Oil Change" an. Ohne nennenswerte Überschneidungen in beiden Sortimenten zielt NA offenbar auf eine breitere Marktpräsenz und steigendes Markenbewußtsein beim Nutzer.

Für Cybermedia bedeutet die Übernahme die Rettung in letzter Minute: Jüngst veröffentlichte Ergebnisse für das zweite Quartal 1998 (Ende: 30. Juni) waren aus Sicht des Managements besorgniserregend. Der Umsatz lag bei 5,9 Millionen Dollar, im vergleichbaren Zeitraum des vergangenen Jahres hatten noch 20,4 Millionen Dollar bilanziert werden können. Der Verlust belief sich auf 11,9 Millionen Dollar.

Der künftige Kurs von NA liegt jedoch angesichts der jüngsten Verstärkungen mehr denn je im Nebel. Das Unternehmen gleicht einem Gemischtwarenladen, bietet es doch eine Vielzahl von Produkten für Netzwerksicherheit, System-Management und Desktop-Probleme an. Und rund 50 Prozent des Umsatzes generiert NA noch mit den Virenschutzlösungen von McAfee sowie Dr Solomon's.

Neben taktischen Erwägungen dürfte die Cybermedia-Übernahme deshalb auch eine strategische Bedeutung haben. Zusammen mit den etablierten Markennamen wechselt eine wenig bekannte Produktlinie namens "Repair Engine" den Besitzer. Dabei handelt es sich um ein Client-Server-Werkzeug für den User-Support im Unternehmenseinsatz. Mittelfristig bietet sich hier für NA ein Ansatzpunkt, um den Business-Bereich anzugreifen.

Fraglich bleibt dennoch, ob das Unternehmen die Manpower rekrutieren kann, um die vorhandenen Marken und Produkte mit Leben zu füllen. Antivirensoftware läßt sich einfach und ohne Consulting-Aufwand an den Endkunden bringen. Tools für das Netzwerk-Management und Sicherungssysteme im Unternehmen hingegen verlangen Beratung und anschließende Betreuung.