Schnäppchenjagd in der Flaute

Network Associates kauft weiter ein

11.04.2003
MÜNCHEN (CW) - Der kalifornische IT-Sicherheitsanbieter Network Associates (NAI) setzt seine Einkaufstour fort. In der vergangenen Woche wurden gleich zwei Firmen für insgesamt 220 Millionen Dollar in bar geschluckt.

Mit der Übernahme von Intruvert für 100 Millionen Dollar und Entercept Security Technologies (120 Millionen Dollar) hat NAI in der vergangenen Woche seine Wachstumsstrategie fortgesetzt. Beide Companies sind im Bereich Intrusion Prevention Systems (IPS) tätig, von dem sich Anbieter wie Analysten für die Zukunft viel versprechen. Im Gegensatz zu den etablierten Intrusion Detection Systems (IDS) sollen IPS-Lösungen dabei nicht nur Angriffe erkennen und melden, sondern diese gegebenenfalls auch selbständig bekämpfen. NAIs Wettbewerber Symantec hatte vergangenes Jahr vorgelegt und die Firma Recourse Technologies für 135 Millionen Dollar übernommen; Cisco schluckte Anfang 2003 Okena für rund 150 Millionen Dollar.

Noch sind allerdings nicht alle technischen Kinderkrankheiten der IPS-Lösungen kuriert. Das größte Problem einer kombinierten und automatisierten Sicherheitslösung bildet gegenwärtig die hohe Fehlerrate bei der Erkennung von tatsächlichen Angriffen, die sich nur mittels menschlicher Kontrolle reduzieren lässt: Wenn permanent rechtmäßige Zugriffe vom System unterbunden werden, schadet das dem Unternehmen mehr, als die Abwehr von Eindringlingen ihm nützt.

Nach Angaben von NAI sollen die Unternehmen in unterschiedliche Divisionen eingegliedert werden. Das rund 80 Mitarbeiter zählende Intruvert mit Sitz im kalifornischen San Jose entwickelt die netzbasierenden Lösungen der "Intrushield"-Familie. Sie wer-den voraussichtlich der "Sniffer"-Division zugeschlagen. Die Programme von Entercept hingegen, die auf Web- oder Applikations-Servern laufen, kommen in der McAfee-Antiviren-Unit unter.

Bislang hatte der IT-Sicherheitskonzern die Einbruchserkennung über eine im vergangenen Mai geschlossene Partnerschaft mit der Firma Internet Security Systems (ISS) abgedeckt - zumindest auf dem Papier. Denn eigentlich sollte eine integrierte Lösung bereits im ersten Quartal des Jahres auf den Markt gebracht werden. Da dies jedoch nicht geschehen ist, tendierten die finanziellen Auswirkungen gegen null, sagte ISS-Technikvorstand Chris Klaus gegenüber dem britischen Branchendienst "Computerwire". Größtenteils soll es sich um eine "Marketing-Partnerschaft" gehandelt haben.

Generell decken sich die Übernahmen von Intruvert und Entercept mit dem Trend im Security-Markt, wonach den integrierten Gesamtpaketen die beste Zukunft prognostiziert wird. Da die Bedrohungen immer komplexer werden, hätten Anwender kaum noch Interesse daran, sich um die Feinabstimmung von Einzelprodukten zu kümmern, berichten Analysten. Dieser Entwicklung versuchen die Sicherheitskonzerne Rechnung zu tragen, indem sie aus jedem Bereich einen oder mehrere Spezialanbieter dazukaufen und die Lösungen anwenderseitig in einer zentralen Management-Konsole bündeln.

Gerade bei NAI kann man in den letzten Jahren von einer regelrechten Einkaufstour sprechen. Diese sei indes noch nicht vorbei, kündigte ein Unternehmenssprecher gegenüber US-Medien an. Konkrete Angaben wollte er jedoch nicht machen. Im Januar hatte NAI den Anti-Spam-Spezialisten Deersoft gekauft, zuvor waren der südamerikanische Reseller Bysupport und im vergangenen Sommer das Startup Traxess übernommen worden. Berichten zufolge soll sich der Konzern seit Mitte der 90er Jahre rund 60, zumeist kleinere, Firmen mit innovativer Technologie einverleibt haben. Zum Ende des vergangenen Quartals verfügte NAI eigenen Angaben zufolge über eine Milliarde Dollar in bar. Nach den Transaktionen dürften noch rund 800 Millionen Dollar davon übrig sein. (ajf)