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Netscape oder die Kraft der zwei Herzen

01.12.2004

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Mit einem überraschenden Coup hat sich die zunehmend in Vergessenheit geratene AOL-Tochter Netscape zurückgemeldet. Sie präsentierte gestern die Preview-Version ihres neuen Browsers. Diese basiert im Wesentlichen auf dem Open-Source-Browser "Firefox" der Mozilla Foundation, greift aber gleichzeitig bei Bedarf auch auf die Rendering-Engine des "Internet Explorer" von Microsoft zurück.

Netscape trägt damit der Tatsache Rechnung, dass aufgrund des noch immer dominierenden Marktanteils des IE viele Websites speziell für den Microsoft-Browser optimiert sind und dessen Spezialtechniken wie "Active X" nutzen, statt sich an die offiziellen Web-Standards des World Wide Web Consortium (W3C) zu halten. Wenn der neue Netscape-Browser eine Seite mit der Gecko-Engine von Mozilla nicht korrekt anzeigt, genügen zwei Klicks, um sie stattdessen mit der Engine des IE zu präsentieren. Welche Engine bei künftigen Aufrufen genutzt wird, speichert Netscape individuell für jede Seite in den Voreinstellungen.

Netscape bringt bei der Installation nicht die IE-Engine mit, sondern nutzt die auf einem Rechner bereits vorhandene. Deswegen läuft der neue Browser leider auch nur unter Windows und nicht wie der Firefox auch auf Linux- und Macintosh-Rechnern.

Neben der Möglichkeit, zwei Rendering-Engines zu verwenden, bietet der kommende Netscape-Browser weitere interessante Neuerungen. Dazu gehören detaillierte Sicherheitseinstellungen, etwa das Site-spezifische Blockieren von Pop-ups und Cookies, oder Vorgaben, ob Active X (im IE-Modus), Javascript und Java ausgeführt werden dürfen. Ebenfalls integriert wurde die Anzeige von RSS-Feeds, die - anders als bei den dynamischen Lesezeichen von Firefox - rotierend in einer speziellen Task Bar erscheinen.

Derzeit ist die Vorschauversion des neuen Browsers nur für ausgewählte Tester erhältlich. Eine öffentliche Beta sowie die endgültige Version sind dem Vernehmen nach für das kommende Jahr geplant. (tc)