Interview

".NET und UDDI sind Peer-to-Peer-Computing"

22.12.2000
Mit James Utzschneider, Director Web Services in Microsofts Business Applications Division, sprach CW-Redakteur Wolfgang Miedl

CW: "Universal Description, Discovery and Integration" (UDDI) ist als neuer B-to-B-Standard in aller Munde. Können Sie die Zusammenarbeit von Microsoft mit IBM und Ariba etwas erläutern?

Utzschneider: Bis vor einem Jahr hatten alle drei Unternehmen auf verschiedenen Feldern - beispielsweise XML oder Biztalk - miteinander gearbeitet. Wir haben einige gemeinsame Interessen erkannt und festgestellt, dass es bis dato keinen vernünftigen B-to-B-Standard gab, auf den sich die Industrie einigen hätte können. Deshalb haben wir uns entschlossen, gemeinsam eine Ebene von B-to-B-Standards zu definieren, auf deren Basis wir die Probleme zu lösen vermögen, die die Akzeptanz von Marktplätzen bisher minderten.

Entscheidend war für uns aber, dass wir keine umfangreichen Spezifikationen schreiben wollten, um dann zu sehen, ob die Entwickler damit zurechtkommen. Stattdessen wollten wir auch gleich eine darauf basierende Software schreiben. Und das haben wir mit UDDI gemacht.

CW: Glauben Sie, dass sich die heutigen Marktplätze behaupten können, wenn Firmen mit UDDI direkt kommunizieren werden?

Utzschneider: Die Marktplätze werden sich stark verändern, mit oder ohne den neuen Standard. UDDI wird den Prozess nur beschleunigen. Dennoch werden Marktplätze weiterhin ihre Berechtigung haben - allerdings nicht mehr als reine Vermittlungsplattform, sondern als Instanz, die beispielsweise die Bonität eines Anbieters garantiert.

CW: Für die gezielte Suche nach Informationen im Web sind sowohl der Domain Name Service (DNS) als auch Suchmaschinen nur eingeschränkt hilfreich. Könnte UDDI diese Dienste in Zukunft ersetzen?

Utzschneider: Der DNS und Suchmaschinen sind heute tatsächlich schwache Navigationshilfen. Wenn Sie mit einer Suchmaschine beispielsweise ein ungarisches Restaurant in München suchen, das Online-Reservierungen ermöglicht, werden Sie durch viele nichtssagende Seiten blättern und nur mit Mühe brauchbare Informationen erhalten. Sobald UDDI-basierte Anwendungen im Web zur Verfügung stehen, wird Ihnen eine Suchmaschine zum Beispiel fünf ungarische Restaurants anbieten. Sie können dann gleich einen Tisch für vier Personen um 21 Uhr reservieren und vielleicht auch noch mit dem gleichen Vorgang das Essen in Ihrem Terminkalender eintragen lassen. UDDI setzt aber auf den DNS auf und wird von Suchmaschinen genutzt werden.

CW: Wird der Browser in diesem zukünftigen Szenario noch das Standard-Interface sein, oder entwickelt Microsoft bereits neue Benutzer-Schnittstellen?

Utzschneider: Zunächst dürften Frontends auf Basis des HTML-3.2-Standards weiterhin dominieren, wobei XML-Rendering an Bedeutung gewinnen wird. Doch neben der heute vorherrschenden Kommunikationsform zwischen Applikation und Anwender wird mit UDDI die Kommunikation von Anwendung zu Anwendung an Bedeutung gewinnen. Es wird Mechanismen geben, die meinen Terminplaner mit dem Reservierungssystem im Web kommunizieren lassen.

CW: Ihre .NET-Strategie hat ein großes Medienecho erzeugt. Einige Kritiker meinen, dass Microsoft damit seinen traditionellen Fokus auf den PC und den Endanwender verloren hat.

Utzschneider: Im Gegenteil, mit .NET verstärken wir den Fokus auf den PC und werden den Anwendern neue Möglichkeiten der Interaktion über das Internet geben. Bisher bestand das Web ja vor allem aus dem Darstellen von Seiten, die von Servern vorgehalten werden. In diesem Zusammenhang spielt natürlich Peer-to-Peer-Computing eine wichtige Rolle. Es ist aus unserer Sicht geradezu eine Ironie, dass derzeit Peer-to-Peer-Computing ein neuer Modetrend ist. Das ist PC-basiertes Computing, wie wir es verstehen, mit dezentralen Anwendungen, die miteinander kommunizieren. Wir arbeiten schon seit längerem an Protokollen, die den direkten Austausch von Endgeräten untereinander ermöglichen, und eine der Schlüsseltechnologien dabei ist XML.

CW: Plant Microsoft derzeit spezielle Anwendungen, die die Möglichkeiten von Peer-to-Peer-Computing stärker nutzen?

Utzschneider: .NET ist Peer-to-Peer-Computing, und auch UDDI basiert auf genau diesem Prinzip.