IBM-Position unklar

Neon-Mainframe-Tool verstößt nicht gegen Lizenzrecht

20.10.2009
Von 
Jan-Bernd Meyer betreute als leitender Redakteur Sonderpublikationen und -projekte der COMPUTERWOCHE. Auch für die im Auftrag der Deutschen Messe AG publizierten "CeBIT News" war Meyer zuständig. Inhaltlich betreute er darüber hinaus Hardware- und Green-IT- bzw. Nachhaltigkeitsthemen sowie alles was mit politischen Hintergründen in der ITK-Szene zu tun hat.

Nur bestimmte Anwendungen sind erlaubt

Deshalb liegt es nahe, dass Anwender versuchen, möglichst große Teile der Rechnerlast auf die zIIP- und zAAP-Engines zu übertragen. Die Nutzung der Specialty Engines ist aber nach den Vorstellungen der IBM beschränkt auf gewisse Anwendungen. Beim zII-Prozessor sind dies etwa Arbeitslasten aus dem BI-, dem ERP- und dem CRM-Umfeld. Auch bestimmte Netzwerk-Encryption-Aufgaben dürfen auf die zIIP-Specialty-Engine verlagert werden.

Die zAAP-Specialty Engine kann in IBMs System-z10-, System-z9-, den älteren eServer-zSeries-990 (z990) und den eServer-zSeries-890 (z890) eingesetzt werden. zAAP ist für "neue Web-basierte Applikationen und SOA-basierte Techniken" gedacht, schreibt Big Blue auf seinen Internet-Seiten.

Neon trickst Lizenzbestimmungen aus

Neons z-Prime-Software erleichtert nun aber die Nutzung vielfältigster Legacy-Anwendungen auf den Specialty Engines. Die Neon-Software ermöglicht die Verlagerung von Standard-Workloads wie CICS, IMS, DB2, TSO und Batch von Zentralprozessoren auf die Specialty Engines der System-z-Mainframes.

Für Anwender ist diese Option interessant, weil sie so Lizenzgebühren sparen. Verständlicherweise kann dies IBM nicht recht sein.

Mark Anzani, IBMs Vice President and Chief Technology Officer und in dieser Funktion für die gesamte System-z-Plattform verantwortlich, hat denn auch in einem Brief an IBM-Kunden die Sicht von Big Blue zu der zPrime-Software dargestellt. Bezeichnenderweise äußerte sich der IBM-Manager darin allerdings eher vage zu Neons zPrime-Software und verbreitete eher allgemeine juristische Formeln.

Erhebliche Einsparungen

Rund 400 Personen hatten sich für ein Webinar angemeldet, das Neon Software am 23. September 2009 veranstaltet hatte und bei dem die Nutzung von zPrime unter wirtschaftlichen und vor allem juristischen Aspekten thematisiert wurde. Die Teilnehmer entstammten fast 200 Unternehmen und Organisationen. Anwender, die an diesem Webinar teilnahmen und zPrime bereits nutzen, sagten aus, ihre individuellen Verträge mit IBM würden durch zPrime nicht verletzt. Da sich aber der Preis von Software auf Mainframes danach richtet, in welchem Maße die System-z-Zentralprozessoren genutzt werden, kann eine Verlagerung der CPU-Nutzung auf die zIIP- und zAAP-Prozessoren, die nicht auf einer lastabhängigen Preisgestaltung basieren, zu Einsparungen führen, die laut Neon-Chef Edwards bei mehreren Millionen Euro liegen können. Edwards: "zPrime gibt unseren Kunden die Möglichkeit, ihren Mainframe im Vergleich zu anderen Systemarchitekturen zu konkurrenzfähigen Kosten zu betreiben." So könnten Unternehmen "erhebliche finanzielle und wettbewerbsrechtliche Vorteile" erzielen.

Anzani schreibt: Bevor Anwender Arbeitslasten von Applikationen, die nicht explizit für die Nutzung auf den Specialty Engines deklariert sind, auf die zAAP- und zIIP-CPUs übertragen, sollten sie vorher prüfen, ob sie nicht gegen IBMs Customer Agreement oder gegen Big Blues "Licensed Internal Code" (LIC) verstoßen.

Anzani betont in dem Anschreiben an IBM-Kunden, dass nur solche Software, die von IBM ausdrücklich als zIIP- und zAAP-konforme Applikationen ausgewiesen ist, auf diesen Specialty Engines eingesetzt werden darf. Kunden, die sich nicht an IBMs Program License Charges halten, müssten unter Umständen sogar damit rechnen, dass die Lizenzgebühren nicht nur nicht sinken, sondern sogar steigen könnten.

Heute gab IBM gegenüber der COMPUTERWOCHE noch folgende aus den USA kommende Stellungnahme ab, die hier im Wortlaut des üblichen juristischen Sprechs als Übersetzung widergegeben wird:
"Jede Aktion, die in den normalen und vorgesehenen Betrieb des z/OS-Betriebssystems und in IBMs LIC eingreift, um so Specialty Engines/Processors zu befähigen, Workloads zu verarbeiten, die über diejenigen Workloads hinausgehen, die von der IBM authorisiert wurden, stellt einen Bruch der zutreffenden/anwendbaren Vereinbarungen dar, die IBM mit seinen Kunden abgeschlossen hat."