Neon ärgert IBM mit Mainframe-Tool

13.10.2009
Das texanische Softwareunternehmen löst mit seiner zPrime-Anwendung für IBMs System-z-Großrechner lizenzrechtliche Debatten aus.

ZPrime macht es möglich, Applikationslast von den Hauptprozessoren der Großrechner auf die für besondere Aufgaben entwickelten so genannten Specialty Engines herunterzuladen und dort verarbeiten zu lassen. Für Anwender ist diese Option interessant, weil sie so Lizenzgebühren sparen – was wiederum der IBM nicht recht sein kann.

Es geht um die Lizenzgebühren

Was unspektakulär klingt, ist es beileibe nicht. Denn mit der Nutzung von zPrime werden möglicherweise Lizenzvereinbarungen berührt, die Big Blue mit seinen Großrechnerkunden geschlossen hat. Das Lizenzierungsmodell für IBMs Großrechner funktioniert dabei so: Die System-z9- und die neueren System-z10-Großrechner werden von Haus aus mit mehr Hauptprozessoren geliefert, als der Anwender in aller Regel benötigt. Der User zahlt an Big Blue aber lediglich gemäß der Zahl der tatsächlich benutzten Prozessoren Lizenzgebühren.

Dieses Verfahren gibt dem Anwender die Möglichkeit, nach Bedarf mehr oder weniger Prozessoren zu nutzen. Er kann so je nach Auslastung der Systeme, die im Alltagsgeschäft sehr schwanken kann, seine Kosten variabel halten. Prinzipiell gilt für die Nutzung der Großrechner-Hauptprozessoren im Vergleich zu den Specialty Engines, dass die Lizenzgebühren für die Hauptprozessoren höher sind als für die spezialisierten zIIP- und zAAP-CPUs (= z Integrated Information Processor, z Application Assist Processor).

Die Nutzung der Specialty Engines ist nach den Vorstellungen der IBM beschränkt auf gewisse Anwendungen. Beim zII-Prozessor sind dies etwa Arbeitslasten aus dem BI-, dem ERP- und dem CRM-Umfeld. Auch bestimmte Netzwerk-Encryption-Aufgaben dürfen auf die zIIP-Specialty-Engine verlagert werden. Die zAAP-Specialty-Engine ist für "neue Web-basierende Applikationen und SOA-basierende Techniken" gedacht, schreibt Big Blue auf seinen Internet-Seiten.

Neons z-Prime-Software erleichtert nun aber die Nutzung vielfältigster Legacy-Anwendungen auf den Specialty Engines. Die Neon-Software ermöglicht die Verlagerung von Standard-Workloads wie Cics, IMS, DB2, TSO und Batch von Zentralprozessoren auf die Specialty Engines der System-z-Mainframes.

IBM-Kunden bekommen einen mahnenden Brief

Mark Anzani, IBMs Vice President und Chief Technology Officer und in dieser Funktion für die gesamte System-z-Plattform verantwortlich, hat denn auch in einem Brief an IBM-Kunden die Position des Unternehmens zu der zPrime-Software dargestellt. Anzani schreibt: Bevor Anwender Arbeitslasten von Applikationen, die nicht explizit für die Nutzung auf den Specialty Engines zugelassen sind, auf die zAAP- und zIIP-CPUs übertragen, sollten sie prüfen, ob sie nicht gegen IBMs Customer Agreement oder den "Licensed Internal Code" (LIC) verstoßen. Nur solche Software, die von IBM ausdrücklich als zIIP- und zAAP-konform ausgewiesen ist, dürfe auf diesen Specialty Engines eingesetzt werden. Kunden, die sich nicht an IBMs Program License Charges hielten, müssten unter Umständen damit rechnen, dass die Lizenzgebühren nicht nur nicht sinken, sondern sogar steigen könnten.

Neon veranstaltet Webinar zur Rechtslage

Stand der Dinge ist: Es gibt bislang keine explizite Behauptung, dass Anwender, die zPrime nutzen, damit gegen Lizenzvereinbarungen verstießen. Trotzdem scheinen Anwender so verunsichert zu sein, dass der CEO von Neon, Lacy Edwards, am 23. September 2009 ein Webinar abhielt, um anstehende Rechtsfragen zu klären. Ihm zur Seite standen der Software-Forensikexperte Stephen Heffner, Chairman von Pennington Systems, und Wayne Webb, seines Zeichens Anwalt für Patenrecht und geistiges Eigentum bei der Kanzlei Bracewell & Giuliani, LLP. Das Podcast des Webinars kann auf der Unternehmens-Website von Neon abgehört werden.

Neon-CEO Edwards betonte, die übliche Lizenzvereinbarung von Neon schütze alle Kunden gegen Ansprüche, die auf der Verletzung von Rechten Dritter basierten. Voraussetzung: zPrime darf nur in unveränderter Form und in Übereinstimmung mit den Produktspezifikationen genutzt werden.