Studie ueber Computer Based Training in Unternehmen

Negative Erfahrungen bremsen den Einsatz von Lernprogrammen

22.03.1996

Dem eigenverantwortlichen Lernen mit computerunterstuetzter Lerntechnologie wird in Expertenkreisen eine Schluesselrolle in der zukuenftigen beruflichen Aus- und Weiterbildung prophezeit. CBT (Computer Based Training) erfuellt in beinahe idealer Weise die Ansprueche an moderne Weiterbildungskonzepte, da es folgende Vorteile gegenueber konventionellen Fortbildungsmassnahmen aufweist. Es

- ist bezueglich Zeit und Ort flexibel einsetzbar,

- richtet sich individuell nach dem Lerntempo des Benutzers,

- ermoeglicht eine individuelle und selbstaendige Erfolgskontrolle,

- fuehrt schneller zum Lernerfolg,

- verringert den Zeit- und Kostenaufwand betrieblicher Weiterbildungsmassnahmen und

- fuehrt zu einer hoeheren Lernmotivation beim Benutzer.

Um zu erfahren, wie weit der betriebliche Einsatz von Lernprogrammen bereits fortgeschritten ist, befragten die Autoren in der Zeit vom Mai bis Juni des vergangenen Jahres insgesamt 281 Unternehmen schriftlich zu diesem Thema. Zusaetzlich fuehrten sie etwa 20 Expertengespraeche mit Anwendern und Anbietern von Lernsoftware.

Ungefaehr 78 Prozent der befragten Unternehmen verfuegen ueber PCs, die sich zumindest zeitweise fuer Schulungsmassnahmen nutzen lassen. Beinahe jeder fuenfte Betrieb setzt CBT ein. Dabei sind die Einsatzmoeglichkeiten bei grossen Firmen am besten.

Auffaellig ist die relativ hohe Quote von CBT-Anwendern bei Betrieben mit weniger als 50 Beschaeftigten. Dies ruehrt hauptsaechlich daher, dass in dieser Gruppe viele kleine Bankfilialen und Versicherungsagenturen vertreten sind, die vor Ort nur wenige Mitarbeiter beschaeftigen, denen gleichzeitig aber die Fortbildungseinrichtungen der uebergeordneten Organisationseinheiten zur Verfuegung stehen. Ohnehin gelten die Banken und Versicherungen neben der chemischen Industrie beim Einsatz multimedialer Lernmedien als Vorreiter. Die Anwendungsgebiete von Lernsoftware liegen hauptsaechlich im kaufmaennischen und DV-bezogenen Umfeld. Viele der befragten Unternehmen sehen die besten Einsatzmoeglichkeiten von computerunterstuetzten Lerntechnologien in solchen Bereichen, in denen die Lerninhalte in Form von programmierten Fragen und Antwort-Sequenzen aufbereitet sind (zum Beispiel Pruefungsvorbereitung von Auszubildenden). Aber auch da, wo es darum geht, einer Vielzahl von Mitarbeitern Fachkenntnisse schnell und umfassend zu vermitteln, gewinnt CBT an Bedeutung.

Sobald die Themenbereiche komplexer werden, stehen die Unternehmen der CBT-Verwendung eher skeptisch gegenueber. Besonders im Verhaltenstraining vermuten die Befragten die Grenzen des Einsatzes von Lernsoftware. Hier werden konventionelle Lehrveranstaltungen bevorzugt.

Anwender und Nichtanwender von Lernsoftware beurteilen den CBT- Einsatz sehr aehnlich. Waehrend die Individualitaet und Flexibilitaet durchaus als Vorteile wahrgenommen werden, sind sich die befragten Unternehmen bezueglich der Kosten- und Zeitersparnis durch computerunterstuetztes Lernen nicht einig.

Dies ist ein Indiz fuer die ungenuegende Kostenerfassung. Da naemlich ohnehin Unklarheit ueber die genauen Aufwendungen besteht, koennen die befragten Personen auch keine eindeutigen Aussagen ueber moegliche Einsparpotentiale machen.

Selbst wenn Unternehmen ueber ihre genauen Kosten und Zeitaufwendungen fuer Fortbildungsmassnahmen informiert sind, zeigen sich Einsparungen durch den CBT-Einsatz nur dann, wenn eine gelungene Integration der verschiedenen Schulungsformen stattgefunden hat. Isoliert installierte Lernstationen, die parallel und ohne Bezug zu den uebrigen Trainingsmassnahmen angeboten werden, verursachen haeufig nur zusaetzliche Kosten, ohne einen spuerbaren Lernerfolg zu bewirken.

Einige wenige befragte Teilnehmer gaben zu bedenken, dass bei Schulungen das Gemeinschaftserlebnis der Kursteilnehmer eine wichtige Rolle spielt, durch die verstaerkte Fortbildung per Computer aber diese sozialen Kontakte fehlen wuerden. Die Befragten glaubten aber nicht, dass durch die haeufig sehr fachspezifischen Themenstellungen von CBT-Programmen die Mitarbeiter den Blick fuer inhaltliche Zusammenhaenge verlieren.

<H4>Veraltete DV-Technik bremst CBT oft aus</H4>

Besonders im Bereich der Standardlernsoftware ergeben sich fuer die CBT-Entwickler haeufig Probleme bei der Bestimmung der Systemvoraussetzungen. Die Hersteller werden bei der Gestaltung der CBT-Programme weniger von ihren technischen Moeglichkeiten eingeschraenkt als vielmehr dadurch, dass die DV-Ausstattung der potentiellen Kunden ihre Entfaltungsmoeglichkeiten auf einen wesentlich niedrigeren Level begrenzt. Auch die Qualitaetsansprueche der Unternehmen werden stark von ihrer PC-Ausstattung bestimmt.

Etwa 13 Prozent der mit PCs ausgestatteten Betriebe gaben an, dass ihre Computer mit Soundkarten ausgeruestet sind. Der Anteil der Befragten, fuer den die Sound-Eigenschaft von CBT-Programmen zumindest wichtig ist, liegt mit rund 15 Prozent in einer vergleichbaren Groessenordnung. Aehnlich verhaelt es sich bei der Frage nach der Bedeutung der Windows-Kompatibilitaet der Lernsoftware. Etwa 84 Prozent der Unternehmen setzen Windows ein. Immerhin 76 Prozent erachten es als wich-tig oder sehr wichtig, dass CBT-Programme ueber eine Windows-Oeberflaeche verfuegen. Die Bedienerfreundlichkeit spielt bei der Beurteilung von CBT- Programmen eine entscheidende Rolle, denn fast jedes der befragten Unternehmen hielt die einfache Bedienung fuer zumindest wichtig.

Aufgrund der Zielsetzung der Untersuchung wurde bewusst darauf verzichtet, die Kundenanforderungen an den paedagogischen und didaktischen Aufbau der Programme zu erfragen. Aus verschiedenen Expertengespraechen ging jedoch hervor, dass besonders in diesen Bereichen die Schwaechen vieler CBT-Programme liegen. Fuer die Unternehmen sind die Unzulaenglichkeiten solcher Produkte nur selten auf den ersten Blick zu erkennen. Erst der ausbleibende Lernerfolg oder die eintretende Unzufriedenheit der Anwender bringen in solchen Faellen Klarheit ueber die minderwertige Produktqualitaet.

Die Ergebnisse der schriftlichen und persoenlichen Befragungen von Anbietern und CBT-Anwendern haben gezeigt, dass ein Grossteil der Unternehmen dem Einsatz neuer Lernmedien positiv gegenuebersteht. Die Faktoren, die die Einstellung der Befragten zum computerunterstuetzten Lernen bestimmen, sind einerseits positive beziehungsweise negative Erfahrungen mit Lernsoftware und andererseits der Informationsstand bezueglich der neuen Lernmethoden. Eine besonders skeptische Grundhaltung gegenueber CBT haben vor allem die Betriebe, die schlechte Erfahrungen mit Lernsoftware gemacht haben, oder solche, die nur unzureichend ueber die Moeglichkeiten des Computereinsatzes in der Aus- und Weiterbildung informiert sind.

Dies zeigt, dass es in erster Linie an den CBT-Anbietern selbst liegt, die Marktentwicklung positiv zu beeinflussen. Um den Anwenderkreis der neuen Lernmedien zu erweitern und das Marktvolumen zu erhoehen, ist ein erhebliches Mass an Informations- und Ueberzeugungsarbeit notwendig. Die besten Argumente stellen qualitativ hochwertige Produkte und Dienstleistungen dar, die dem Kunden einen spuerbar hoeheren Nutzen bringen als die gaengigen Weiterbildungsmassnahmen, die ohne CBT auskommen.

*Weitere Informationen zur Diplomarbeit sind bei Heiner Junker, Moorweg 40, 49090 Osnabrueck, Telefon 054 07/17 46, erhaeltlich.