Negativ-Image der Informatiker

10.03.1995

Dieter Eckbauer

Diese Kolumne handelt von Arthur-Andersen-Consultern, dem IBM- Nachlass sowie von SAP und dem Wettbewerb, so noch vorhanden - auf einen kurzen Nenner gebracht: von der DV-Krise. Es geht um die Rolle der Informatiker in der Geschaeftswelt. Wir wissen, dass das kein neues Thema ist. Doch gibt es Anzeichen, die auf eine Verbesserung hindeuten? Komme uns keiner mit dem Wunder von Walldorf. Es gehoert zu den Hinterlassenschaften der IBM-Aera, dass jetzt der Augiasstall DV in mittleren und grossen Unternehmen ausgemistet wird. "Augiasstall ausmisten" haben nicht wir zuerst gesagt, aber wie lassen sich die Safety-first- und Kosten-runter- Aktionen vieler Topmanager in Sachen DV anders beschreiben?

Zu beklagen ist der erbaermliche Zustand der hiesigen Informatik, der sich unter anderem in einem Imageverlust der DV beim Management und bei den Fachbereichen dokumentiert. Bereits gefluegelt ist der Spruch vom Outsourcing als der Kapitulation des Managements vor der Komplexitaet der Datenverarbeitung. Durch den Einsatz von SAP-Standardprogrammen wird eben gewissermassen die Software-Entwicklung ausgelagert - alles andere als ein Vertrauensbeweis fuer die bislang dafuer zustaendige DV/Org.- Abteilung. Was aus der Sicht der Informatikspezialisten noch bedenklicher ist: Der Anstoss fuer eine Flurbereinigung der Anwendungslandschaft geht meist von DV-Fremden aus - von Controllern und Consultern.

An dieser Stelle ist eine Erklaerung angebracht, wo die CW steht und fuer wen sie schreiben will. Mit der Ausgrenzung ("DV-Fremde") von Controllern und Management-Consultern haben wir uns bereits zu einer Position als Fachblatt fuer DV-Profis bekannt - klar, dass wir mit Unternehmensberatern etwa von Andersen Consulting nicht in einem Boot sitzen. Will sagen: Deren Empfehlungen fuer SAP koennen wir nur dann nachvollziehen, wenn sie sich auf softwaretechnische und leistungsorientierte Kriterien beziehen. Sollte dies der Fall sein, haetten wir den Beratern Abbitte zu leisten. Die Gefahr ist allerdings aeusserst gering. Wie Entscheidungen fuer SAP zustande kommen, muesste dagegen die Wirtschafts- und Manager-Magazine interessieren.

Industriepolitische Belehrungen (siehe Leserbriefe, Seite 8) haben wir so lange nicht noetig, wie wettbewerbs- und technologiepolitische Aspekte bei der Diskussion aussen vor bleiben. Mehr Wettbewerb ist immer besser. Wenn die Taetigkeit der Informatiker hierzulande nicht in hohem Ansehen steht, dann stimmt etwas nicht. Es kann nicht angehen, dass Informatiker in Unternehmen dafuer benutzt und bezahlt werden, die Geschaefte der SAP zu besorgen - auf Anweisung von Leuten, die von der Sache technisch nichts verstehen, die auch die Auswirkungen ihrer Entschluesse auf das Geschaeft nicht abschaetzen koennen.

Dieser Punkt ist Peter Friedrich, Informatikchef bei der Deutschen Babcock AG, einen Hinweis wert (Seite 1 unten und Thema der Woche, Seite 7). Friedrich mag in einem Berufsstand, dem noch die Glashaus-Aura anhaftet, bislang die Ausnahme sein. Sein Beispiel nehmen wir als Hoffnungszeichen.