Europäischer Geschäftsbereich bleibt unberührt

NEC läßt Firmentochter Packard Bell sterben

12.11.1999
MÜNCHEN (CW) - Der japanische Elektrokonzern NEC zieht bei seiner hochverschuldeten US-amerikanischen Tochterfirma Packard Bell die Notbremse. Nach Angaben der Unternehmensführung soll die Produktion in den USA eingestellt und ein Großteil der Beschäftigten entlassen werden. Der europäische Geschäftsbereich sei von diesen Maßnahmen nicht betroffen.

Nach dem Willen des japanischen Mutterkonzerns NEC soll die Marke Packard Bell (PB) aus den Regalen der US-Anbieter verschwinden. Die Zahl der Mitarbeiter werde um etwa 80 Prozent auf ungefähr 300 bis 400 Angestellte reduziert. Das bedeutet, daß sich mehr als 1500 Menschen aus der kalifornischen Firmenzentrale einen neuen Job suchen müssen. Das Schicksal der 600 Mitarbeiter aus dem Call-Center in Magna (Utah) ist noch ungewiß. Angeblich laufen zur Zeit Verhandlungen über einen Verkauf. Auch die Führungsriege wird fast geschlossen ihren Hut nehmen. Das gilt auch für den erst in diesem Jahr von Bull zu Packard Bell gewechselten CEO Alain Couder.

Verluste überschreiten Schmerzgrenze der Japaner

Die Japaner planen, Rechner der Marke NEC für den US-Markt zukünftig in Lizenz fertigen zu lassen. Welcher Hersteller den Auftrag bekommt, steht noch nicht fest. Außerdem wollen sich die Japaner verstärkt auf den professionellen Markt konzentrieren, der höhere Margen verspricht. Details, wie das künftige Unternehmen aussehen soll, werden in wenigen Wochen erwartet.

NEC hält zur Zeit 88 Prozent der Anteile an Packard Bell. Die restlichen zwölf Prozent befinden sich in der Hand der französischen Bull-Gruppe. Beide Unternehmen haben seit dem Beginn ihres Engagements 1996 etwa zwei Milliarden Dollar in den angeschlagenen PC-Hersteller investiert. Trotz dieser Finanzspritze konnte der Niedergang des einst florierenden Computerfabrikanten nicht verhindert werden. In diesem Jahr werde die in Sacramento ansässige Firma einen Verlust von etwa 150 Millionen Dollar hinnehmen müssen, gestand Unternehmenssprecher Ron Fuchs. Das Minus fällt zwar deutlich geringer aus als in den Jahren 1997 und 1998, in denen über eine Milliarde Dollar abgeschrieben werden mußte. Allerdings überschreitet das Defizit die von Tokio gesetzte Akzeptanzgrenze von 100 Millionen Dollar.

In Europa liegt die Situation anders. Hier soll der Vertrieb der Packard-Bell-Rechner unverändert weiterlaufen. Im europäischen Markt arbeite das Unternehmen profitabel, erklärt auch NEC-Boß Koji Nishigaki. So hält der Hersteller beispielsweise in Großbritannien, Frankreich oder den Benelux-Staaten respektable Marktanteile. Auch in Skandinavien kann sich PB nach eigenen Angaben behaupten.

Für den in Europa besseren Geschäftsgang gibt es mehrere Gründe: Branchenkenner bescheinigen der Marke Packard Bell hier einen besseren Ruf als in den USA. Außerdem erweist sich rückblickend die im Februar erfolgte Trennung zwischen den amerikanischen und europäischen Geschäftsbereichen von Packard Bell als Segen für die Unternehmensfilialen auf dem alten Kontinent. Ohne diese Abgrenzung hätte der Untergang des amerikanischen Geschäfts die Europäer wahrscheinlich mitgerissen.