Interview

"NCs begünstigen Unix als Server-Betriebssystem"

29.08.1997

Anlässlich der jährlich stattfindenden Entwicklerkonferenz "SCO Forum" präsentierte der kalifornische Unix-Anbieter eine Reihe von neuen Kooperationen, unter anderem mit Compaq und IBM. Sie sollen dem meistverkauften Intel-Unix den Weg von den Abteilungen in die Rechenzentren ebnen. Zusätzlich will sich SCO mit seinem Engagement bei Network Computern gegen den Hauptrivalen Microsoft behaupten. Im Mittelpunkt dieser Strategie steht die in Entwicklung befindliche Middleware "Tarantella".

CW: Alle Debatten über die Zukunft von Unix kreisen mittlerweile um die Herausforderung durch Windows NT. Wie ist momentan das Verhältnis zwischen Unix und NT?

Michels: Es handelt sich dabei ganz einfach um unterschiedliche Betriebssysteme. Sie überschneiden sich etwas bei ihren Einsatzgebieten, zielen aber sonst auf unterschiedliche Märkte ab. NT ist sehr stark im traditionellen Novell-Markt, also bei Datei- und Druckdiensten sowie bei all jenen Anwendungen, die sich unter dem Begriff Büroautomation für die Abteilungsebene zusammenfassen lassen. Unix hingegen dominiert bei transaktionsorientierten Anwendungs-Servern. Die meisten Datenbank-Applikationen und verschiedene andere Transaktionssysteme laufen nach wie vor hauptsächlich unter Unix.

CW: Sind Sie nicht besorgt, daß Microsoft durch die Einführung der Cluster-Option für NT den technologischen Abstand gegenüber den Unix-Anbietern verringert hat?

Michels: Microsoft versucht wie immer, in allen Märkten präsent zu sein. Die entscheidende Frage bei Unix versus NT ist jedoch, für welchen Zweck diese Produkte konzipiert wurden, wo ihr Designschwerpunkt liegt. Es ist einfach nicht möglich, ein System für alle Einsatzgebiete zu optimieren, wie uns dies Microsoft bei NT glauben machen möchte. Ich denke, NT ist immer noch ein Produkt für den Massenmarkt und keines für unternehmenskritische Transaktionssysteme.

CW: Als eine Schwäche von Unix wurde immer die Zersplitterung in zahlreiche Varianten gesehen. Wie weit sind die Hersteller mittlerweile auf dem Weg zu einem einheitlichen Unix?

Michels: Viele Anwender bevorzugen Unix, weil sie damit nicht von einem Hersteller abhängen. Würde tatsächlich nur mehr ein einheitliches Unix existieren, dann wären wir beim NT-Modell angelangt - auch wenn dieses Einheits-Unix allen offenen Standards entspricht.

Im übrigen läßt sich eine dramatische Konsolidierung des Unix-Markts beobachten. Die kleinen Hersteller können bei den Entwicklungskosten nicht mehr mithalten. Vor einigen Jahren hatten wir noch Hunderte von Anbietern, heute ist es gerade mal ein halbes Dutzend. In ein paar Jahren werden es wahrscheinlich nur mehr drei oder vier sein. Die maßgeblichen Player unterstützen Standardisierungsbemühungen wie Spec 1170 oder Unix 97. Damit wird die Wahl zwischen verschiedenen Unix-Versionen immer mehr zur Wahl zwischen der Hardware, auf der sie laufen.

CW: SCO engagiert sich auch bei Network Computern. Welchen Stellenwert haben diese Aktivitäten für Ihr Unternehmen?

Michels: Network Computer (NC) werden zukünftig eine enorme Verbreitung finden. Das Argument der niedrigeren Anschaffungs- und Unterhaltskosten ist einfach unschlagbar. Mit Tarantella werden wir eine Schlüsseltechnologie für NCs anbieten. Damit können wir uns von Microsoft abgrenzen, das mit Windows-Terminals eigene Pläne verfolgt. Diese haben ebenso wie der Net-PC nichts mit dem Konzept des NCs zu tun. Vor allem glauben wir, daß NCs Unix Auftrieb geben werden, weil damit der Bedarf an leistungsfähigen, skalierbaren Servern steigt.

CW: Wie wichtig ist es, Software Internet-fähig zu machen? Glauben Sie, daß damit viele Hersteller unter Druck geraten sind?

Michels: Wir glauben, daß Internet-Standards die Grundlage für die nächste Generation offener Systeme sind. Alle Produkte werden sie nutzen, um mit Produkten anderer Hersteller zu kommunizieren. Anwender sollten nur Applikationen, Datenbanken und Werkzeuge kaufen, die diese Standards unterstützen. Andernfalls kaufen sie veraltete Technologie.