NCPAT&T zum Erfolg verurteilt

17.05.1991

NCR-Chairman Charles Exley und AT&T-Chef Robert Allen haben in den letzten fünf Monaten wahrlich nichts ausgelassen, um sich einen der heißesten Übernahmekämpfe der DV-Geschichte zu liefern. Wochenlang folgte ein Scharmützel dem anderen, ließ keiner den anderen auch nur einen Zentimeter Boden gewinnen, warf man sich unschöne Worte zuhauf an den Kopf - Angriff und Abwehr kosteten die beiden Kontrahenten zu ein viele Millionen Dollar.

Gänzlich unspektakulär kam jetzt das vorläufige Happy-End: Exley und Allen trafen sich in der Mitte von Angebot und Forderung und rauchten plötzlich die Friedenspfeife. Zufrieden die Hände reiben dürfen sich alle Beteiligten: Exley, weil er die Eigenständigkeit seiner Company so teuer wie möglich verkaufte, Allen, weil er Ma Bell endlich die heißbegehrte - und noch dazu vielversprechende - Rechnerbraut bescheren kann, und nicht zuletzt die NCR-Aktionäre, die nun immerhin eins zu drei tauschen können. Selbst die Kunden des Rechnerherstellers dürften den Fusionsentscheid mit Wohlwollen zur Kenntnis nehmen, können sie doch nun sicher sein, daß ihrem Lieferanten bei der Umsetzung der mutigen Open-Systems-Strategie finanziell nicht die Puste ausgeht.

Vorsicht ist aber dennoch geboten. Stehen auch die Sterne für die Frischvermählten momentan günstig, so sollten sie sich doch immer vor Augen halten, daß bislang noch keine Computerehe den gewünschten Erfolg brachte. Im Gegenteil: Die Liste der Gescheiterten wird immer länger. Auch ist AT&T bis heute den Beweis schuldig geblieben, wenn schon nicht alleine, dann wenigstens mit Partnern im DV-Geschäft voranzukommen - Olivetti und Philips lassen grüßen. Wie erfolgreich AT&T/NCR deshalb künftig im DV-Business mitmischen, wird nicht nur davon abhängen, wie geschickt der Telefonriese NCRs Integration bewerkstelligt. Vielmehr kommt es darauf an, ob die New Yorker ihre selbst auferlegte Zurückhaltung in Sachen NCR-Business tatsächlich einhalten. Pfuschen die New Yorker den Mannen aus Ohio zu sehr ins Handwerk, könnte dies fatale Folgen haben. Fürs Träumen vom Computerkrösus bleibt deshalb keine Zeit. Synergiepotentiale nämlich, so merkt NCR-Deutschland-Chef Rainer Liebich richtig an, lassen sich nur erarbeiten, nicht erträumen. Und Luftschlösser wurden in der Vergangenheit in dieser Branche genug gebaut. Zur Erinnerung: Vor nicht allzulanger Zeit träumte Burroughs-Chef Michael Blumenthal von einem 20-Milliarden-Dollar-Unternehmen, das den Computerriesen IBM das Fürchten lehren sollte. Schon sehr bald aber wurde der Traum zum Alptraum - und aus dem stolzen Adler Unisys ein flügellahmer Vogel, dessen Name Strauß sein könnte. Exley und Allen sollten die Köpfe nicht in den Sand stecken.