Josef Grünewald KG, GrävenwiesbachTaunus:

NC-Steuerung per MDT,

12.03.1976

Die NC-Steuerung von Werkzeugmaschinen setzt sich immer mehr durch. Experten rechnen damit, daß langfristig jede vierte in der Bundesrepublik eingesetzte Werkzeugmaschine numerisch gesteuert sein wird. Denn dieses Verfahren bringt eine Reihe von Rationalisierungs-Vorteilen wie einfachere Maschinenbedienung, Produktivitätssteigerung und bessere Kapazitätsauslastung.

Die programm-technische Erfassung des zu bearbeitenden Werkstückes, die Umsetzung in Steuerbefehle, die Erstellung des Lochstreifens für die NC-Steuerung sind komplexe Aufgaben, die bisher vorwiegend mit Großrechnern bewältigt wurden. Für Klein- und Mittelbetriebe blieb eigentlich nur die Möglichkeit, eine Timesharing-Lösung zu wählen. Dabei kann für diese Aufgabenstellung durchaus auch eine Anlage der Mittleren Datentechnik eingesetzt werden.

GRÄVENWIESBACH / TAUNUS - "Ich verstehe eigentlich nicht so recht, warum bisher nur wenige kleinere und mittlere Industriebetriebe ihren eigenen Kleincomputer für die NC-Steuerung einsetzen", wundert sich Werner Grünewald, Mitinhaber der Josef Grünewald KG (Grävenwiesbach/Taunus) .

Für den mittelständischen Familienbetrieb (300 Mitarbeiter) ist die Erstellung von Lochstreifen für die rund 20 eigenen NC-gesteuerten Werkzeugmaschinen auf dem eigenen MAI Basic / four-System längst nichts Ungewöhnliches mehr.

NC als Nebenprodukt

" Wenn man die Maschine schon mal hat, dann ist die NC-Berechnung auch für nur wenige Maschinen durchaus wirtschaftlich " erklärt Grünewald. Im wesentlichen werde die Anlage schließlich für kaufmännische Anwendungen wie Buchhaltung. Lohn- und Gehaltsabrechnung oder Terminverfolgung eingesetzt.

Die Grünewald-Konfiguration besteht aus der Zentraleinheit mit 32 KB Hauptspeicher, 3 Plattenlaufwerken (je 9,8 Mio. Bytes), 3 Bildschirmgeräten, Drucker sowie Lochstreifenleser/ -stanzer. Kaufpreis: 270000 Mark.

Grünewald hat die erforderlichen NC-Programme selbst geschrieben - in der Programmiersprache Basic: "Besondere EDV-Kenntnisse waren nicht erforderlich, ehe Kenntnisse der Werkzeugmaschinen", behauptet der Firmenchef .

Interaktives Programmieren

Die Steuer-Lochstreifen im Time-sharing-Service berechnen und erstellen zu lassen, hält er für nicht optimal, "weil dabei Abweichungen von der Norm nicht möglich sind".

So betrachtet Grünewald als den größten Vorteil der in seinem Hause praktizierten Lösung, daß die Programme auf jede Werkzeugmaschine individuell abgestimmt werden können: "Wir sind dadurch flexibel in der Werkzeugauswahl", freut sich Grünewald. Wenn etwa eine andere Art der Bearbeitung eines Werkstückes erforderlich werde, könne sehr leicht eingegriffen und geändert werden - durch interaktives Programmieren am Bildschirm des MAI-Systems.

Die Steuer-Lochstreifen für alle Grünewald-Maschinen werden heute in weniger als vier Stunden erstellt - bei der früheren manuellen Arbeitsweise dauerte das immerhin eine Woche.

Da spiele es - so Grünewald - letztlich keine Rolle, ob ein Programm nun fünf oder zehn Minuten laufe.

Honeywell Bull - ein MDT-Hersteller?

Wer erinnert sich nicht, welchen "Aufruhr" IBM's Ankündigung des System 32 vor gut einem Jahr unter den arrivierten MDT-Herstellern verursachte. Heute würde es wohl niemanden überraschen, wenn auch die letzten der "Mohikaner" die bisher Kleincomputer-Abstinenz gezeigt haben - nämlich Siemens und Univac - , "MDT-verdächtige Anlagen ankündigen würden.

Die Marktentwicklung hat nämlich gezeigt, daß eben nicht mehr von " einem " EDV-Markt gesprochen, sondern eine Differenzierung nach Computer-Größenklassen vorgenommen werden muß. Während der Großrechner-Absatz zur Zeit stagniert , kommt der MDT- Bereich bekanntlich noch auf beachtliche Zuwachsraten von 30 Prozent und mehr : Die "großen" Hersteller müssen sich geradezu herausgefordert fühlen, in diesen Markt einzusteigen.

Honeywell Bull wurde dazu animiert - wie wäre die Ankündigung des Modells 61\40 im Dezember 1975 (siehe CW-Nr. 50 vom 12.12.1975) anders zu verstehen ? Das nunmehr kleinste System der Serie 60 ist ab einer Monatsmiete von 2700 Mark zu haben und dürfte damit durchaus interessant für Klein- und Mittelbetriebe sein. Bleibt zu fragen , ob die HB-Verkäufer sich auf den in diesen Markt erforderlichen Akquisitionsstil umstellen können - eine eigenständige "61\40-Neukunden-Mannschaft" vergleichbar IBM-s " Basisdatenverarbeitungs-Truppe" soll es nicht geben.