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Nazi-Propaganda-Buch kommt unter den Hammer

29.02.2008
Von pte pte
Adolf Hitlers Hass auf den britischen Schauspieler, Regisseur und Produzenten Charlie Chaplin ist in einem Propaganda-Buch der Nazis dokumentiert. Am 6. März, soll das antisemitische Schriftstück bei Mullocks Auctioneers im englischen Shropshire versteigert werden. Das Schriftstück trägt den Titel "Juden sehen Dich an" und beinhaltet auf 95 Seiten Namen und Fotografien von jüdischen Aktivisten, Bankiers, Ökonomen, Journalisten, Akademikern und Entertainern. In dieser Liste finden sich unter anderen Charlie Chaplin, obwohl dieser kein Jude war, oder Albert Einstein wieder, wie aus einem Bericht des Londoner Telegraph hervorgeht. Das Buch wurde vom antisemitischen Propagandisten Johann von Leers verfasst und 1930 in Berlin veröffentlicht.

"Ob die Versteigerung eines solchen Propaganda-Werks bedenklich ist oder nicht, hängt davon ab, welches Publikum an der Auktion teilnimmt", meint Rainer Gries, Propagandaexperte und Gastprofessor am Institut für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft an der Universität Wien, im Gespräch mit pressetext. "Wir sind über die Zeit hinaus, in der solche Werke in einem Gift-Schrank eingesperrt wurden. Das Wegsperren von Propaganda-Werken bewirkt absolut nichts", fährt der Professor fort. Über gewisse Kanäle und Umwege seien Propaganda-Werke wie zum Beispiel Raubdrucke von Hitlers "Mein Kampf" ohnehin erhältlich. "Das Problem ist nicht die Versteigerung selbst, sondern die erfolgreiche Kennzeichnung von gefährlichen Inhalten. Innerhalb des Mediums ist die Kennzeichnung nicht möglich und muss daher in anderen Medien, beispielsweise im Jugendmedium Internet geschehen", sagt Gries gegenüber pressetext.

Die Versteigerung von "Juden sehen Dich an" wird vom Historiker und Auktionator Richard Westwood-Brookes durchgeführt, der in der Aufnahme von Charlie Chaplin in die Liste einen bizarren Aspekt sieht. "Chaplin muss um sein Leben gefürchtet haben, als er das Buch sah, weil die Mehrheit der Menschen in diesem Buch von den Nazis ausgerottet wurde", so Westwood-Brookes. Dem Filmhistoriker Kevin Brownlow zufolge wurde das Schriftstück einst an Chaplin gesandt. "Die Nazis haben fälschlicherweise angenommen, Chaplin sei Jude, weil er dies nie bestritten hatte", so Brownlow. Den 1940 entstandenen Film "Der große Diktator" habe Chaplin als Reaktion auf das Buch gedreht. (pte)