NAS-Verkauf läßt auf sich warten, und Chip-Markt erlebt neue Flaute:

Natsemi macht wieder Millionenverluste

23.12.1988

SANTA CLARA (CW) - Unruhige Zeiten für die National Semiconductor (Natsemi) Corp.: Noch immer ist keine Entscheidung in Sachen NAS-Verkauf an Hitachi gefallen, aber dafür wurden die Kalifornier gerade ihre Tochter Datachecker an die STC-Tochter ICL los. Im Halbleitergeschäft mußte Natsemi erneut einen kräftigen Quartalsverlust einstecken.

Weiterhin in den Sternen steht die geschäftliche Zukunft von National Advanced Systems (NAS), der Großrechnerdivision von National Semiconductor. Zwar war in japanischen Zeitungen bereits zu lesen, daß Hitachi die NAS zum Preis von 300 Millionen Dollar noch in diesem Jahr übernehmen will, doch National Semiconductor hüllt sich dazu bislang in tiefes Schweigen.

Unkommentiert bleiben auch die Ausführungen zu den Übernahmemodalitäten. Hitachi, so schrieb die japanische Presse, strebe über die BASF AG eine Kooperation mit der Mannheimer Comparex Informationssysteme GmbH, der Großrechnerehe zwischen BASF und Siemens, an. Sie diene dazu, dem japanischen Elektrokonzern mit der Mehrheitsbeteiligung von 60 Prozent an der NAS den Zugang zum US-Markt zu verschaffen. Comparex, die in Europa Hitachi-Rechner vertreibt, werde dann die restlichen 40 Prozent übernehmen. Weder BASF noch Comparex wollen diese Spekulationen bislang bestätigen.

Dafür aber hat National Semiconductor mit der Datachecker Systems Inc. jetzt erst einmal eine andere Tochtergesellschaft abgestoßen. Für 90 Millionen Dollar geht der Spezialist für POS-Systeme in den Besitz der britischen ICL Inc., einer Tochter der STC, über. Natsemi-President Charles E. Sporck erklärte dazu: "Datacheckers Hauptgeschäft, Scanner-Systeme für Supermärkte, war für National Semiconductor nur ein Nischenmarkt. Die Verbindung mit ICL wird beiden Unternehmen jetzt das nötige Wachstum im Einzelhandelsgeschäft bescheren." Peter Bonfield, ICL-Chairmann, glaubt sogar, daß "der Erwerb von Datachecker ICL den Weg zur Vorherrschaft im 12-Milliarden-Dollar-Markt der Einzelhandels-Informationssysteme ebnen wird".

Durch die Veräußerung von Datachecker und dem angestrebten Verkauf von National Advanced Systems reduziert sich National Semiconductor immer mehr zu einem reinen Halbleiterspezialisten. Doch auch in diesem Marktspektrum sind die Kalifornier nicht gerade auf Rosen gebettet. Nach einem guten Verlauf des vergangenen Geschäftsjahres erlebt Natsemi im laufenden Fiskaljahr einen finanziellen Rückschlag nach dem anderen. Im ersten Quartal mußte der Halbleiterhersteller einen Verlust in Höhe von 30,5 Millionen Dollar aufgrund der Umstrukturierungen im Computergeschäft einstecken. Im gerade abgeschlossenen zweiten Quartal litten die Kalifornier unter einer erneuten Schwäche des amerikanischen Halbleitermarktes und schrieben rote Zahlen in Höhe von 25,2 Millionen Dollar. Im vergleichbaren Vorjahreszeitraum hatten die Kalifornier noch einen Nettogewinn von 11,6 Millionen Dollar einfahren können.

Obwohl National Semiconductor für die ersten sechs Monate des laufenden Geschäftsjahres nunmehr bereits einen Verlust von 55,7 Millionen Dollar ausweist, erwartet Natsemi-President Sporck in der zweiten Jahreshälfte einen besseren Verlauf. "Die Aufträge und Verkäufe begannen im November wieder anzusteigen." Dagegen prognostiziert Michael Gumport, Analyst bei Drexel Burnham Lampert, den Kaliforniern für das Fiskaljahr 1989 einen Gesamtverlust von rund 100 Millionen Dollar.