Weitgehend positive Abschlüsse bewirken keine Trendwende

Nasdaq in Katerstimmung - nur eine Momentaufnahme?

21.04.2000
MÜNCHEN (CW/IDG) - Mitte März befand sich der Technologieindex Nasdaq noch auf einem Rekordhoch. Einen Monat später ist er um knapp 30 Prozent gefallen, und alle Welt spricht nur noch von der geplatzten Spekulationsblase Internet. Auch die jüngsten Quartalsergebnisse bekannter IT-Firmen sorgten nicht für einen Börsenumschwung.

Selbst wenn die jüngsten Geschäftsergebnisse unterschiedlich ausfielen, den nötigen Kick, um die Börse wieder in eine Aufwärtsphase zu bringen, brachten sie nicht. Experten gehen eher davon aus, dass, wenn nicht die Talfahrt, doch zumindest ein Seitwärtstrend auch in den nächsten Wochen noch anhalten wird. Rückbesinnung auf die "Old Economy" ohne digitale Phantasie beschrieben Analysten an der Wall Street das Anlegerverhalten der letzten Wochen. Bezeichnend für diesen Trend war das Comeback des Blue-Chip-Klassikers General Electric als Unternehmen mit der weltweit höchsten Marktkapitalisierung. Erst vor vier Wochen hatte Cisco Systems für Schlagzeilen gesorgt, als die Netzwerker Microsoft kurzfristig als Nummer eins überrundet hatten.

Microsoft machte es dem Konkurrenten dabei leicht: Das Unternehmen hatte zwar noch keinen Zahlen bekannt gegeben, doch nachdem das Investmenthaus Goldman Sachs die Gewinnprognose für den Softwareriesen nach unten korrigiert hatte, verlor die Aktie nach dem negativen Gerichtsurteil noch einmal deutlich und zog andere Technologietitel mit sich. Zum Redaktionsschluss lag die Aktie mit 79,4 Dollar nur wenig über dem Vorjahreswert von 75,5 Dollar. Seit Dezember hat Micosoft bereits ein Drittel seines Marktwertes eingebüßt. Gerüchte um schlechte PC-Verkaufszahlen taten zur Talfahrt des Papiers ihr übriges.

Doch allein die Redmonder für die Flaute an der Nasdaq verantwortlich zu machen, greift zu kurz. So mußte auch der Technologiekonzern Motorola seine Prognosen revidieren und eine Gewinnwarnung aussprechen. Die angekündigten Margen im Geschäft mit Mobilfunktelefonen werde man nicht erzielen können. Die Börse reagierte unmittelbar und stufte das Unternehmen um fast 18 Prozent zurück - eine Vernichtung von fast 20 Milliarden Dollar Börsenkapitaliserung innerhalb eines halben Tages. Dass der Elektronikkonzern letztlich seinen Umsatz im ersten Quartal 2000 gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 13 Prozent auf 8,8 Milliarden Dollar steigern konnte, interessierte die Anleger kaum. Auch der Gewinnanstieg um immerhin 144 Prozent auf 449 Millionen Dollar wurde nicht belohnt.

Das Problem, das Motorola hat, sind die sinkenden Margen im Geschäft mit Mobiltelefonen, Pagern und Funkgeräten. In diesem Segment konnte der Umsatz zwar um 24 Prozent gesteigert werden, doch der Gewinn brach um mehr als 40 Prozent ein. Die wachsende Nachfrage nach Billiggeräten verdränge den Verkauf hochwertiger Produkte, für die Motorola höhere Margen einstreichen kann, hieß es. Einen Durchbruch sieht man dagegen im Geschäft mit Halbleitern. In diesem Bereich konnte der Gewinn um mehr als das Elffache auf 123 Millionen Dollar gesteigert werden, bei einem Umsatzanstieg von 24 Prozent auf 1,9 Milliarden Dollar.

Auf die ungewöhnlich gute Entwicklung im Halbleitermarkt deuten auch die Ergebnisse des Chipspezialisten Advanced Micro Devices (AMD) hin. Die Kalifornier verzeichneten eine starke Nachfrage nach ihrem neuen Prozessor "Athlon" und konnten außerdem Kosten reduzieren. Entsprechend verkündete die Company einen Umsatzanstieg im ersten Quartal um auf 1,09 Milliarden Dollar; im Vergleichszeitraum des Vorjahres beliefen sich die Einnahmen noch auf 631,6 Millionen Dollar. Insgesamt 6,5 Millionen verkaufte PC-Chips brachten dem Intel-Konkurrenten einen respektablen Profit. Der Quartalsgewinn stieg auf 189,3 Millionen Dollar, im ersten Quartal 1999 hatte AMD noch Verluste in Höhe von 128,4 Millioen Mark geschrieben. Zu verdanken hat das Unternehmen dieses Ergebnis vor allem dem Verkauf hochwertiger und damit margenträchtiger Chips.

Von solchen Zahlen kann die Seagate Technology Inc. nur träumen. Die ständig sinkenden PC-Preise ziehen auch den Hersteller von Speichermedien in Mitleidenschaft. Das dritte Finanzquartal schloß die Company mit einem Umsatz von 1,57 Milliarden Dollar ab - ein Einbruch von knapp 13 Prozent gegenüber den ersten drei Monaten des Vorjahres. Im gleichen Zeitraum stürzte der operative Gewinn von 82 Millionen nur noch 46 Millionen Dollar ab. Auch hier wirkte sich vor allem die Nachfrage nach Billigprodukten negativ auf die Bilanz aus.

Sun Microsystems hingegen braucht sich hinter seinen Quartalszahlen nicht zu verstecken. Von einer Aufbruchstimmung wie Mitte der 80er Jahre spricht das Unternehmen und verkündete einen Umsatz in Höhe von vier Milliarden Dollar. Im Vorjahresquartal lagen die Einnahmen noch bei 2,9 Milliarden Dollar. In einem ähnlichen Verhältnis kletterte auch der Gewinn, nämlich von 291 Millionen auf 436 Millionen Dollar. Ausschlaggebend, so die Company, sei eine gute Aufstellung des Internet-Geschäfts gewesen. Sun versucht, mit Betriebsystemem, Servern und Speichertechnik die gesamte technische Infrastruktur für das Web-Business abzudecken.

Ebenfalls vom Motor Internet angetrieben wurde der "Market-Maker" Ariba. Neben Commerce One ist das Unternehmen zur Zeit einer der wichtigsten Anbieter von Softwareprodukten zum Aufbau virtueller Marktplätze. Die Silicon-Valley-Company musste zwar für das zweite Quartal im Fiskaljahr 1999/2000 erneut Verluste bekannt geben, doch diese blieben mit einem Minus von 11,5 Millionen Dollar unter den Erwartungen der Analysten. Zählt man die Kosten für Akquistionen hinzu weist der E-Commerce-Spezialist allerdings ein Minus von sage und schreibe 125,9 Millionen Dollar aus. Und das bei einem Umsatz von 40 Millionen Dollar.

Abb.: Alles im grünen Bereich? Trotz tadelloser Quartalsbilanzen von Nasdaq-"Schwergewichten" wie Advanced Micro Devices (AMD), Motorola und Sun Microsystems konnten sich die Anleger zuletzt für IT-Werte kaum begeistern. Quelle: Unternehmensangaben