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Napster-Schadensersatzklage: Bertelsmann erhält weiter Schonfrist

14.07.2004

Bertelsmann muss sich vorerst nicht wegen seines finanziellen Engagements bei der ehemaligen Musiktauschplattform Napster vor einem US-Gericht verantworten. Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe entschied nach einem Eilantrag des Gütersloher Unternehmens, dass die von mehreren US-Musikkonzernen eingereichte Schadensersatzklage bis Anfang 2005 nicht zugestellt werden darf. Das höchste deutsche Gericht wies damit eine Zustellungsanordnung des Oberlandesgerichts Düsseldorf erneut ab.

Die Kläger beschuldigen den norddeutschen Medienriesen, er habe bei seinen Investitionen in die Musiktauschbörse die Verletzung von Urheberrechten billigend in Kauf genommen und die Lebensdauer von Napster verlängert. Als Schadensersatz für die durch die illegalen Tauschaktionen der Napster-Nutzer entstandenen Umsatzverluste fordern sie von Bertelsmann 17 Milliarden Dollar.

Das Bundesverfassungsgericht hatte bereits im Juli 2003 ein Zustellungsverbot der Bertelsmann-Klage für ein Jahr angeordnet. Als Begründung hieß es damals, dem Gütersloher Unternehmen drohe bei dem US-Verfahren möglicherweise eine Verurteilung, die den Maßstäben des deutschen Grundgesetzes nicht Stand hielte. Selbst wenn das Urteil später hierzulande nicht anerkannt oder für nicht vollstreckbar erklärt werde, könnte das in den USA vorhandene Vermögen von Bertelsmann gepfändet werden. Außerdem nehme bei Zustellung der Klage möglicherweise der Ruf des Unternehmens Schaden. Die Zustellung der Klageschrift ist einerseits Prozessvoraussetzung im US-Recht, andererseits ist sie nach deutscher Gesetzgebung Voraussetzung für die spätere Anerkennung des ausländischen Urteils.

Bertelsmann hatte im Jahr 2000 insgesamt rund 85 Millionen Dollar in die Tauschplattform investiert, um einen legalen, Web-gestützten Musik-Abonnementdienst unter dem weitbekannten Napster-Label zu errichten. Letztendlich ging der Plan jedoch nicht auf. Als der Medienkonzern das insolvente Unternehmen aufkaufen wollte, wurde dies von den Napster-Gläubigern verhindert. Stattdessen übernahm die US-amerikanische Digital-Media-Company Roxio das gesamte geistige Eigentum der Marke und betreibt unter dem Namen Napster inzwischen eine kommerzielle Musik-Download-Plattform. (mb)