Bertelsmann kauft angeschlagene Online-Tauschbörse

Napster-Chef Hilbers bleibt

24.05.2002
MÜNCHEN (CW) - Drei Tage, nachdem Napster-Vorstandschef Konrad Hilbers und Mitgründer Shawn Fanning zurückgetreten waren, klappte die zuerst gescheiterte Übernahme durch Bertelsmann dann doch. Jetzt macht die angeschlagene Online-Tauschbörse mit Hilbers und Fanning weiter.

Dass die monatelangen Verhandlungen um den Verkauf von Napster an den deutschen Medienkonzern Früchte tragen, hatte Napster-Chef Hilbers nicht mehr geglaubt. Nachdem die Anteilseigner es in der vergangenen Woche ablehnten, ihre Anteile zu verkaufen, legte er nach zehn Monaten sein Amt nieder. Mit ihm gingen auch Technologievorstand Fanning und weitere hochrangige Führungskräfte.

Während Experten dem klammen Internet-Anbieter, dessen Tauschbörse im Juli 2001 auf richterliche Anordnung abgeschaltet werden musste, schon die Insolvenz prophezeiten, kam die Rettung durch Bertelsmann: Für acht Millionen US-Dollar übernimmt der Konzern die Napster-Vermögenswerte und stellt diese Summe den Gläubigern zur Verfügung. Schon zuvor hatte der Medienriese die Tauschbörse mit Krediten in Höhe von 85 Millionen Dollar unterstützt.

Auch die abtrünnigen Führungskräfte Hilbers und Fanning konnte Bertelsmann für sich gewinnen: "Ich habe von Anfang an daran geglaubt, dass diese Vereinbarung die beste Richtung für das Unternehmen ist", erklärte Hilbers, der auch Chairman wird. "Peer-to-peer ist eine Technologie, die viel verändern wird, und wir sind stolz darauf, dass Fanning an dieser Entwicklung weiterarbeiten wird", kommentierte Bertelsmanns US-Chef Joel Klein. Trotzdem ist die Zukunft von Napster ungewiss. Die Firma will ihren Dienst legalisieren. Dazu müssen aber anhängige Rechtsstreitigkeiten mit der zuvor geschädigten Plattenindustrie beigelegt und attraktive Inhalte akquiriert werden. Das "Wall Street Journal" berichtet, dass auch weiter eine Restrukturierung unter Gläubigerschutz gemäß Paragraf elf des US-Konkursrechts nicht ausgeschlossen sei. (am)