Amazon UK

Nach sechs Tagen Krankheit auf der Abschussliste

22.12.2008
Von pte pte
Andere Länder, andere Sitten: Amazon kann Mitarbeiter in Großbritannien feuern, wenn sie sechs Tage krank sind.

Das Internet-Versandhandelsunternehmen Amazon kann die eigenen Angestellten in Großbritannien bereits nach sechs Tagen Krankheit kündigen. Auch wenn die Mitarbeiter im Krankheitsfall ein ärztliches Attest vorlegen können, ist es von Gesetz wegen für den Konzern legal möglich, seine Arbeitnehmer freizusetzen. "Ein solches Vorgehen wäre in Deutschland arbeitsrechtlich absolut undenkbar und darüber hinaus nicht mit der hier gültigen Rechtsauffassung in Einklang zu bringen", erklärt Rechtsanwalt Martin W. Huff auf Nachfrage von pressetext. Ein Sprecher einer britischen Amazon-Niederlassung hat diese Art der Personalführung in einem Bericht des "Focus" bestätigt - deutsche Juristen sind empört.

Das brisante Detail der gehandhabten Unternehmenspraxis liegt darin, dass jeder Mitarbeiter pro Tag, an dem er fehlt, einen Strafpunkt erhält. Summieren sich diese auf die Anzahl sechs, droht eine Unterredung mit dem direkt vorgesetzten Personalchef, der wiederum über eine Kündigung entscheidet. Damit können die Beschäftigten bereits entlassen werden, wenn sie eine Grippe ans Bett fesselt und sie bedingt dadurch kurzfristig arbeitsunfähig sind. "Bei einer Praxis wie dieser sträuben sich mir die Haare. In der Bundesrepublik hat sich der Gesetzgeber zum Schutz der Arbeitnehmer vor Willkür das Lohnfortzahlungsgesetz geschaffen, das eine krankheitsbedingte Kündigung ausschließt und eine Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber bis zu sechs Wochen garantiert", unterstreicht der Jurist im pressetext-Interview.

Die rigorose Personalpolitik des Online-Händlers passt zur restlichen Argumentation mit Blick auf das von der Belegschaft zu erfüllende Arbeitspensum. Verfehlt auch nur ein Angestellter die Arbeitsvorgaben des Managements, erwartet das gesamte Team eine Kollektivstrafe. Das bedeutet, dass Amazon den Bonus streicht. Das Unternehmen rechtfertigt seine umstrittenen Methoden damit, dass dies "in der Branche nichts Ungewöhnliches ist". "Die Kündigung von Angestellten ist krankheitsbedingt in Deutschland dann möglich, wenn der Arbeitgeber eine sogenannte Zukunftsbetrachtung vornimmt. Das heißt, dass ein gravierender Nachteil aus der Erkrankung für den Arbeitgeber abzusehen sein muss", so Huff. Die Kündigung ist also dann gerechtfertigt, wenn der Mitarbeiter aufgrund nachhaltiger Schäden seine bisherige Funktion nicht mehr im Unternehmen ausüben kann und für den Arbeitgeber einen Verlust darstellt. (pte)