Nach monatelangem Warten auf Microsofts Buerosammlung Anwender veraergert wegen der Office-Suite 4.2 fuer Power-Macs

11.11.1994

FRAMINGHAM (IDG) - Zahlreiche Mac-Anwender und vor allem Benutzer von Power-Macintosh-Rechnern sind veraergert: Nachdem sie monatelang auf die Mac-Version von Microsofts Bueropaket "Office 4.2" warten mussten, erweisen sich die Systemanforderungen des Pakets als unzumutbar. Zudem bemaengeln User die Performance sowie die Oberflaeche.

Der Unmut bei vielen Anwendern von Power-Macintoshs ist verstaendlich. Waehrend der Applikationsmarkt fuer 486er PCs und Pentium-Rechner nahezu unerschoepflich scheint, mangelt es den Apple-Kunden immer noch an Anwendungen fuer ihre Hochleistungs- Desktops. Schon deshalb haben die Benutzer die lange Wartezeit auf die Buero-Suite "Office 4.2" von Microsoft toleriert. Doch die Geduld zahlt sich offensichtlich nicht aus.

Systemanforderungen fuer viele Anwender unzumutbar

Erste Benutzer des Applikationsbuendels kritisieren hauptsaechlich den Speicherplatzbedarf auf der Festplatte sowie die Anforderungen an den Arbeitsspeicher. Acht bis 16 MB RAM und ein Minimum von 35 MB Festplattenplatz sind fuer die meisten Benutzer nicht akzeptabel. Offensichtlich hat Microsoft diese Probleme bereits erwartet. Die Gates-Company aus Redmond liefert das Produkt deshalb mit dem "RAM-Doubler" der Connectix Corp., San Mateo, Kalifornien aus, der den Hauptspeicher der Rechner verdoppeln soll.

Trotzdem koennen die meisten Empfaenger bei einem sinnvollen Einsatz der Buero-Suite auf ein Hardware-Upgrade kaum verzichten. "Ich kaufe mir demnaechst Aktien bei Herstellern von Speicherchips", machte beispielsweise John Grabrick, Information Engineer bei der 3M Co., gegenueber der CW-Schwesterpublikation "Computerworld" seinem Unmut Luft. Das integrierte Tabellenkalkulationspaket Excel laufe auf den Power-Macs seines Unternehmens sogar langsamer als auf Rechnern mit 486er Prozessoren.

Auch mit Greg Chirichigno, Systems Analyst bei der Lockheed Corp., ist momentan nicht gut Kirschen essen: "Wir sind von dem gesamten Produkt mehr als enttaeuscht." Allein eine Minimalkonfiguration der Textverarbeitungskomponente "Word" erfordere etwa 10 MB Festplattenplatz. Das stelle die DV-Abteilung bei Lockheed vor gravierende Probleme, zumal es sich bei vielen der 200 Rechner im Unternehmen um 680x0-basierte Macintosh-Modelle mit lediglich 80 MB Festplattenkapazitaet handelt. Weil die komplette Installation des Bueropakets zirka 70 MB in Anspruch nimmt, ist mit einem Einsatz der Microsoft-Applikationen bei Lockheed vorerst nicht zu rechnen.

Doch nicht nur die Systemanforderungen bringen die Office-Kunden auf die Palme. Waehrend Microsoft einerseits viele ueberfluessige Features integriert hat, fehlen andererseits grundlegende Funktionen wie beispielsweise ein WYSIWYG-basierter Schriftenwechsel, moniert Bruce Gordon, Project Director bei Walt Disney Imagineering aus Glendale, Kalifornien. Gordon:

"Das ist ein Schritt zehn Jahre zurueck in die Vergangenheit."

Ebenso stoesst die Oberflaeche des Microsoft-Produkts bei vielen Benutzern auf Widerwillen. Rex Levie, Technical Systems Specialist bei der Kaiser Permanente Health Plan Inc., Pasadena, Kalifornien, uebt Kritik an Microsofts Entscheidung, die Benutzer-Schnittstelle der Mac-Versionen von Word und Excel denen der Windows-Versionen anzupassen. "Nachdem man gelernt hat, mit den Applikationen zu arbeiten, bekommt man ohne Vorwarnung ein Windows-Interface aufgebrummt", schimpft Levie.

Microsofts Group Product Manager Don Pickens begruendete den Oberflaechenwechsel indes damit, dass 90 Prozent aller Unternehmen sowohl Macintosh- als auch Windows-Rechner im Einsatz haetten. Eine Angleichung beider Oberflaechen sei sinnvoll gewesen, um Anwendern ein reibungsloses Arbeiten auf beiden Systemen zu gewaehrleisten.