Erneuter Umstellungs-Versuch angekündigt

Nach mehreren Pannen rechnet Compuserve wieder in Dollar ab

07.06.1996

Bei dem Vorhaben, in Deutschland Leistungen in Mark abzurechnen, hat sich Compuserve eine blutige Nase geholt. Abrechnungen konnten häufig nur verspätet versendet werden. Im Online-Betrieb funktionierte die Gebühren-Anzeige nicht. Und als ob das nicht schon genug wäre, weigerten sich viele Kunden, ihre Rechnungen zu bezahlen, bevor Compuserve nicht einen Einzelgebühren-Nachweis erbrachte.

Alles in allem lassen die genannten Probleme nur einen Schluß zu: "Das Projekt, ein neues Abrechnungssystem einzuführen, ist gescheitert", räumt Felix Somm, Geschäftsführer der deutschen Compuserve-Niederlassung in Unterhaching, ein. Ab sofort gelten wieder die alten Preise. Für die Grundgebühr verlangt Compuserve seinen Kunden wieder 9,95 Dollar statt 19,95 Mark ab. Die Online-Stunde wird billiger und kostet künftig wieder 2,95 Dollar statt 4,95 Mark.

Schnelle Knoten noch nicht stabil

Der Wechsel dürfte für den Betreiber schmerzhaft sein, denn Compuserve hatte sich das Geschäft mit den deutschen Anwendern besonders lukrativ zurechtschneidern wollen. Nachdem die Kunden des Online-Dienstes die Rechnungen immer auf Basis von Dollar präsentiert bekamen, führte Compuserve Ende Februar diesen Jahres eine Rechnungserstellung in Mark ein. Die Umstellung begründete Compuserve mit den Unsicherheiten der Wechselkurs-Schwankungen. Man wolle, hieß es damals, dem Kunden die Nachteile der Umrechnung zwischen Mark und Dollar ersparen. Dazu erhöhte der Betreiber die Preise um bis zu 30 Prozent. "Die Kosten der letzten Monate waren sicherlich nicht gerechtfertigt", gibt mittlerweile auch der deutsche Geschäftsführer zu.

Damals beschwichtigte Compuserve die Kunden mit dem Versprechen, schnellere Zugangsknoten mit einer Übertragungsrate von 28,8 Kbit/s einzuführen. Allerdings laufen viele der nationalen Einwählpunkte auch heute noch nicht stabil.

In Zukunft plant Compuserve weitere Kapazitätssteigerungen seines Netzes. Derzeit richtet der Dienstleister eine 34-Mbit/s-Ringleitung zwischen London, Paris und München ein, an deren Knoten jeweils ein eigener News-Server installiert wird. Das System befindet sich im Betatest, soll aber noch im Laufe des Jahres fertiggestellt werden.

Eine wesentliche Neuerung soll sich aber im Zusammenhang mit der geplanten Umstellung des Compuserve Informations Services auf einen Internet-basierten Dienst ergeben. Dann will man sich, so heißt es, an einem Internet-Protokoll-basierten Netz eines deutsche Service Providers anhängen oder einkaufen, um den Kunden Einwahlmöglichkeiten zum Ortstarif anbieten zu können.

Zudem wird mit der Umstellung auf einen Internet-Dienst ein erneuter Versuch gestartet, ein Mark-basiertes Abrechnungssystem einzuführen. Das soll allerdings von einem Fremdanbieter mit Erfahrung erworben werden, denn bei dem jetzt gescheiterten Projekt sind viele Fehler im eigenen Haus begangen worden. So versprachen die Entwickler etwa einige Funktionen, die später nicht umgesetzt werden konnten. "Viele Dinge sind von uns aber auch ungenügend unter Last getestet worden," nennt Somm einen der Gründe für die Abrechnungs-Pannen.