Umsatzentwicklung deutlich über Plan

Nach der Einkaufstour muss Systematics die Beteiligungen jetzt integrieren

07.04.2000
FRANKFURT/M. (CW) - Als sich die Hamburger Systematics AG im vergangenen September an den Neuen Markt in Frankfurt wagte, galt der Zeitpunkt als denkbar ungünstig für Technologie-Unternehmen. Doch nach einem kurzen Seitwärtstrend bewegt sich der Kurs des IT-Dienstleisters derzeit rund 300 Prozent über dem Ausgabepreis von 16 Euro bei einem Kurs von rund 80 Euro pro Anteilschein.

"Wenn wir Anfang des Jahres gewusst hätten, wie schwierig es ist, an den Neuen Markt zu kommen, ich weiß nicht, ob wir an dem Börsengang festgehalten hätten", räumte Finanzvorstand Peter Stein auf der Presse- und Analystenkonferenz in Frankfurt ein. Der entscheidende Sprung - zumindest für die Aktie - erfolgte Mitte Dezember, als Systematics erste Übernahmen verkündete. Gekauft wurden unter anderem das Kölner Systemhaus Plan Org AG und die auf die Logistik- und Automobilbranche spezialisierte Softwareschmiede BOG GmbH, Koblenz. Danach ging es Schlag auf Schlag. Insgesamt sieben Firmen akquirierten die Hamburger innerhalb von drei Monaten und erweiterten damit sowohl ihre Beraterkompetenz, etwa durch den Kauf des Data-Warehouse-Spezialisten Info Ware AG, als auch ihr Branchenwissen, beispielsweise in Richtung Medien mit Erwerb der Unternehmen Match und Janus. Auch den Weg ins Ausland konnte Systematics durch den Kauf des Schweizer Systemhauses Soft Solutions weiter ausbauen. Außerdem sicherte sich die Company mit einer 15-prozentigen Beteiligung am Intershop-Konkurrenten "Beans" die Option auf eine Mehrheitsbeteiligung an einem E-Business-Spezialisten. Sollte dieser noch im laufenden Jahr an die Börse gehen - laut Vorstandsmitglied Werner Preuschhoff spricht die bisherige Entwicklung dafür -, will Systematics von der Möglichkeit, auf bis zu 51 Prozent aufzustocken, Gebrauch machen.

Der Konzern, der sich als herstellerunabhängiger IT-Business-Integrator bezeichnet, muss nun aber seine Fähigkeiten im eigenen Hause unter Beweis stellen. "Die Integration der bisher akquirierten Unternehmen muss erstmal geschafft werden", gab Preuschhoff zu. Er zeigte sich diesbezüglich aber optimistisch: "In ein bis zwei Monaten sehen wir da sicher schon weiter." Wie sein Vorstandskollege Stein erläuterte, befindet sich der europäische IT-Markt in einer Konsolidierungsphase, in der zunehmend nichteuropäische Wettbewerber auf den Markt drängen. Um eine konkurrenzfähige Größe zu erhalten, "wollen wir auf jeden Fall doppelt so stark wachsen wie der Markt", so Stein.

Die Vorschusslorbeeren, die Systematics bei seiner Einkaufstour von den Investoren erhielt, werden weitgehend auch von den Geschäftszahlen gestützt. Im Vergleich zum Vorjahr konnte 1999 der Umsatz um 78 Prozent von 318 Millionen auf 566 Millionen Mark erhöht werden und übertraf damit deutlich die Planzahlen. Das Ergebnis vor Steuern und Abschreibungen stieg um über 130 Prozent von 22 Millionen Mark im Fiskaljahr 1998 auf 51,5 Millionen Mark. Den stärksten Anstieg jedoch verzeichnet Systematics im Bereich der Mitarbeiter. Die Zahl der Beschäftigten schoss innerhalb des vergangenen Jahres von 382 auf 1165. Obwohl er die Green-Card-Initiative der Bundesregierung für "grundsätzlich angemessen" hält, sieht Preuschhoff für sein eigenes Unternehmen keinen Bedarf an ausländischen Fachkräften. "Wir haben nie ein Problem gehabt, qualifiziertes Personal zu finden", sagte der 50-jährige Betriebswirtschaftler. Außerdem sei die Beraterbranche, die vom Kundenkontakt lebe, weniger geeignet für den Einsatz ausländischer Mitarbeiter.

Für das laufende Geschäftsjahr will Systematics vor allem seine Strategie zum Anbieter ganzheitlicher Projekte ausbauen. Unter dem Stichwort "One-Stop-Partnership" sollen Infrastruktur, Lösungen und Beratung gebündelt werden. Im Vordergrund wird das Thema E-Business stehen, aber auch die Entwicklung zum Application-Service-Provider (ASP). Obwohl Systematics ein weites Spektrum im Bereich Systemintegration anbieten wird, setzt man weiterhin auf IT-Outsourcing als "Brot- und Buttergeschäft".

Abb.: Das Rekordergebnis im Geschäftsjahr 1999 verdankt Systematics nicht zuletzt den Akquisitionen. Quelle: Systematics