Nach 32 Jahren treuen Diensten Chefstratege und Topmanager Cannavino verlaesst IBM-Dampfer

10.03.1995

MUENCHEN (CW) - Jim Cannavino, Chefstratege der IBM Corp., der weit ueber die Haelfte seines fuenfzigjaehrigen Lebens in Diensten von Big Blue verbrachte und auch schon fuer den Posten des obersten IBM- Bosses gehandelt wurde, verlaesst das Unternehmen.

Cannavino, der als Achtzehnjaehriger den blauen Dampfer betrat, trennt sich nach eigenen Angaben in Frieden von der IBM. Er habe 1993, zitiert die "Financial Times", mit Chairman Louis Gerstner bei dessen Eintritt in das Unternehmen vereinbart, ihm beim Umbau von Big Blue zu helfen. Hierfuer haetten beide zwei Jahre veranschlagt, nach deren Ablauf Cannavino die Firma verlassen wuerde.

In einem Kurzinterview mit Michael Fitzgerald von der CW- Schwesterpublikation "Computerworld" konzedierte Cannavino allerdings, er habe sich als Nachfolger von Akers gesehen. Als dann statt seiner Gerstner den Topjob bekam, habe er diesem seine sofortige Demission vorgeschlagen. Man habe sich statt dessen auf eine zweijaehrige Uebergangsphase geeinigt.

Vor seiner Taetigkeit als Senior Vice-President for Strategy and Development zeichnete Cannavino vor allem fuer die Entwicklung der 3081- und 3090-Mainframe-Linie verantwortlich. Danach entwickelte er das Konzept fuer IBMs PC-Geschaeftsbereich, die PC Company.

Vor allem beim Aufbau des blauen PC-Geschaefts konnte Cannavino die Erfolge aus der Mainframe-Aera nicht wiederholen. Gerade erst musste Big Blue bekanntgeben, dass man mit PCs 1994 bei einem Gesamtumsatz von rund zehn Milliarden Dollar einen gigantischen Verlust von weit ueber einer Milliarde Dollar erwirtschaftet hat. Equipment fuer 600 Millionen Dollar soll sich in den Lagern stapeln.

Analysten hatten IBM vorgeworfen, Marktgegebenheiten im allgemeinen und die produktspezifische Nachfrage im besonderen falsch eingeschaetzt zu haben. Dies habe einerseits zu riesigen Produkthalden gefuehrt, andererseits kann das Unternehmen die Nachfrage nach Systemen wie etwa den "Thinkpad"-Notebooks erst mit grosser zeitlicher Verzoegerung befriedigen. IBM hat es zudem bis heute nicht verstanden, seine diversen Produktlinien sinnvoll zu ordnen und fuer den Anwender nachvollziehbar zu positionieren.

Gegenueber 1993 hatte Big Blue im vergangenen Jahr im PC-Bereich 2,9 Prozent an Marktanteil verloren. Dieser Trend hatte sich im letzten Vierteljahr von 1994 gegenueber dem Vergleichszeitraum von 1993 sogar noch beschleunigt (-4,5 Prozent). Nach IDC belegt IBM mittlerweile in den USA nurmehr den vierten Platz unter den Top- PC-Anbietern, weltweit ist das Unternehmen Zweiter hinter Compaq.