Hersteller üben sich in Zweckoptimismus

N+I: Der Weg zur Konvergenz der Netze ist steinig

24.09.1999
ATLANTA (IDG) - Das Verschmelzen der Sprach- und Datennetze gehörte auch auf der diesjährigen Ausgabe der Netzmesse Networld + Interop (N+I) in Atlanta zu den wichtigen Themen. Zwar ist sich die Industrie einig, daß die bislang getrennten Netze zusammenwachsen werden, es gab aber Dissens darüber, wie schnell und auf welche Weise dies geschehen soll.

In seiner Eröffnungsrede mahnte Lucent-Boß Richard McGinn Anwender, die ihre Kommunikationsinfrastruktur komplett auf das Internet Protocol (IP) umstellen wollen, zur Vorsicht. Seiner Meinung nach verfügen IP-Netze derzeit noch nicht über den Grad an Zuverlässigkeit, wie ihn Telefonnetze bieten. Es sei Aufgabe der Industrie, die Sprach-Daten-Netze der Zukunft so störungsfrei zu machen wie die jetzigen Sprachnetze.

Konkurrent Cisco hingegen ist der Ansicht, daß es bereits heute möglich ist, Sprache und Daten über eine Infrastruktur zu transportieren. Ihre Behauptung untermauerten die Netzwerker mit der Vorstellung von "Avvid" (Architecture for Voice, Video and integrated Data). Unter dieser Bezeichnung faßt der Hersteller verfügbare und neue Lösungen zusammen, die dem Anwender die Einrichtung integrierter Sprach- Video- und Datennetze ermöglichen sollen. Unternehmen sollten nach Meinung von Cisco sofort darangehen, solche Infrastrukturen aufzubauen.

Der Hersteller selbst ist gerade dabei, seine eigene Kommunikationsinfrastruktur entsprechend umzustellen. Obwohl der Netzriese intern etwa 2000 IP-Telefone nutzt, scheint er der Technologie aber auch nicht hundertprozentig zu vertrauen: Bei einer Podiumsdiskussion am Rande der N+I räumte Marthin De Beer, Marketing-Director bei Cisco, ein, daß sein Boß John Chambers zwar in seinem Home-Office selbst ein solches LAN-Telefon benutze, aber in seinem Büro in der Firmenzentrale immer noch ein normales Telefon haben könnte.

Bei 3Com sorgt das Thema Konvergenz nicht nur für Fröhlichkeit. Der Hersteller muß nach dem Platzen des Joint-ventures mit Siemens nun den Beweis erbringen, daß dies seine Pläne in puncto Konvergenz nicht gefährdet hat. Bob Roman, Director of Business Development bei 3Com, erklärte dazu, man halte nach wie vor an der Absicht fest, gemeinsam mit Siemens IP-Telefonie-Produkte zu entwickeln. Das ist auch bitter nötig: 3Coms LAN-basierte TK-Anlage "NBX" funktioniert im Zusammenspiel mit Anlagen anderer Anbieter nicht, wie Roman auf der Messe zugab.

Skeptisch gegenüber den Konvergenzversprechen der meisten Hersteller zeigte sich Romulus Pereira, Chief Operating Officer (COO) von Cabletron. Er vertrat auf der Messe die Ansicht, die reine Infrastrukturarbeit sei leicht zu erledigen, schwieriger sei es hingegen, adäquate Verwaltungs- Tools und Services bereitzustellen, um die Konvergenz gelingen zu lassen.