SAP liefert 280 vordefinierte Geschäftsprozesse

Mysap CRM 4.0 - Branchen statt Features

15.08.2003
MÜNCHEN (fn) - SAP trägt mit "Mysap CRM 4.0" dem geänderten Kundenverhalten Rechnung: Statt mit zahlreichen Detailfunktionen wartet der Hersteller mit einer Fülle an vorgefertigten Geschäftsprozessen für unterschiedliche Branchen auf. Dies soll die Implementierung beschleunigen und eine schrittweise Einführung begünstigen.

Nicht mehr durch Features, sondern durch die Unterstützung durchgängiger Geschäftsprozesse will sich SAP von der CRM-Konkurrenz abheben. Aus diesem Grund liefert der Konzern das neue Release "Mysap CRM 4.0" mit 280 branchenspezifischen Prozessen für 23 Industrien aus. Dabei sind laut Hersteller Erfahrungen und Forderungen aus Kundenprojekten eingeflossen.

Eine Anforderung des Kunden Audi war zum Beispiel ein Fahrzeug-Management-System, mit dem Call-Center-Mitarbeiter Kundenanfragen beantworten können. Die dementsprechend überarbeitete CRM-Komponente "Interaction Center" gestattet es dem Anwender, via Web-Browser eine Beschwerde eines Autobesitzers aufzunehmen. Die Maske zeigt dem Telefonagenten automatisch die Fahrzeugdaten nebst Reparaturhistorie an. Eine Lösungsdatenbank liefert Vorschläge zum Beheben des geschilderten Problems. Bei Bedarf vermittelt der Kundenbetreuer einen Werkstatttermin bei einem Vertragshändler. Das Interaction Center verfügt zudem über ein verbessertes Trouble-Ticketing, mit dem sich mehrere einzelne Kundenbeschwerden ("Cases") in einer Kundenakte zusammenfassen lassen. Analysemechanismen erlauben Rückschlüsse auf die Häufigkeit von Störungen.

Web-Dynpros im Call-Center

Das Interaction Center basiert auf "Web-Dynpros". Diese Technik verbindet die traditionellen SAP-Masken (Dynpros) mit dem Web. Nachteile von reinen Web-Interfaces, bei denen zur Datenaktualisierung ein Neuladen der HTML-Seiten erforderlich ist, werden nach Angaben von SAP vermieden.

Ausgebaut haben die Walldorfer die Vertriebsfunktionen für Dienstleistungen in der CRM-Komponente "Service". Beratungshäuser beispielsweise sind jetzt in der Lage, ihre Services besser zu vermarkten. Dabei helfen ihnen Optimierungsfunktionen, die den Beratereinsatz gemäß Verfügbarkeit, Auslastung, Stundensätzen und Fähigkeiten planen.

Das neue Servicemodul liefert zudem Mechanismen für die Ersatzteillogistik. Über ein Wartungs- und Serviceportal können Kunden des CRM-Anwenders Ersatzteile ordern beziehungsweise deren Verfügbarkeit nachfragen. Das Fulfillment-System greift hierzu auf vorhandene Supply-Chain- sowie Product-Lifecycle-Management-(PLM-)Systeme zu.

Überarbeitet hat das Softwarehaus das Kampagnen-Management in der Komponente "Marketing". Es erhielt eine benutzerfreundlichere Bedienoberfläche, die nach Angaben des Herstellers dem grafischen Modellierungswerkzeug "Visio" von Microsoft ähnelt. Mit dem Kampagnenwerkzeug können Rabattaktionen geplant und angestoßen werden. Beispielsweise erhalten so Vertriebsmitarbeiter, Partner oder auch Endkunden Hinweise auf reduzierte Artikel.

Neu gestaltet haben die Walldorfer darüber hinaus die Komponente "Partner Management". Mit ihr können Firmen CRM-Funktionen im Bereich Vertriebssteuerung, Online-Verkauf, Vermarktung von Dienstleistungen und Marketing nun auch für den indirekten Kanal nutzen.

Zu den branchenspezifischen Neuheiten zählt das "Trade Promotion Management" der CRM-Lösung für die Konsumgüterindustrie, das während eines Projekts bei Nestlé entstand. Dieses Feature gibt dem Lebensmittelkonzern Funktionen an die Hand, um ein Produkt wie beispielsweise Schokoriegel im Markt einzuführen. Speziell für diese Branche wurde ferner das Marketing-Modul mit den Demand-Planning-Prozessen eines SCM-Systems verknüpft.

Für die Hightech-Branche wurden die Funktionen zum Händler-Management erweitert. Die entsprechenden Prozessdefinitionen adaptierten die Entwickler aus einem CRM-Projekt beim Chiphersteller Infineon. Dieser versorgt seine Vertriebspartner mit tagesaktuellen Chippreisen sowie Kunden-Leads. Umgekehrt will der Halbleiterhersteller in Erfahrung bringen, bei welchen Ausschreibungen seine Partner mitbieten und zu welchem Preis sie Infineon-Produkte anbieten.

Vertriebspartner eingebunden

Die insgesamt 280 vordefinierten Geschäftsprozesse sollen Firmen den Einstieg in eine CRM-Lösung erleichtern. Dieser Ansatz kommt nach Überzeugung der Walldorfer solchen Unternehmen entgegen, die nicht mehr wie früher umfangreiche CRM-Projekte in Angriff nehmen wollen. Der Produktansatz der SAP gestatte es ihnen, zunächst nur eine Vertriebsunterstützung für den Außendienst zu realisieren, um dann Stück für Stück weitere kundenrelevante Bereiche im Unternehmen anzugehen.

SAP ist jedoch nicht der einzige Anbieter, der diesen Weg beschreitet: Hauptkonkurrent Siebel hat sich ebenfalls auf die Fahnen geschrieben, CRM-Funktionen über vorgefertigte Geschäftsprozesse anzubieten, die sich in bestehende ERP- und SCM-Umgebungen einbinden lassen.