GSMA Global IoT Summit

MWC: Das mobile Internet der Dinge wird global

25.02.2019
Von 


Manfred Bremmer beschäftigt sich mit (fast) allem, was in die Bereiche Mobile Computing und Communications hineinfällt. Bevorzugt nimmt er dabei mobile Lösungen, Betriebssysteme, Apps und Endgeräte unter die Lupe und überprüft sie auf ihre Business-Tauglichkeit. Bremmer interessiert sich für Gadgets aller Art und testet diese auch.
Seit einiger Zeit schießen IoT-Netze mit Technologien wie Narrowband IoT (NB IoT) und LTE Cat-M (LTE-M) weltweit wie Pilze aus dem Boden. Das einzige Problem, so die Quintessenz der Diskussionen auf dem Mobile IoT Summit im Vorfeld des MWC Barcelona (ehemals Mobile World Congress): Wie überzeuge ich die Kunden?

Wie Graham Trickey, Leiter des IoT-Programms bei der GSM Association (GSMA), bei der Eröffnung des achten Mobile IoT Summit ausführte, haben die lizensierten LPWA-Techniken (Low Power Wireless Access) NB IoT und LTE-M seit der Standardisierung im Jahr 2016 einen Raketenstart hingelegt. So seien mittlerweile weltweit 94 kommerzielle Mobile-IoT-Netze in Betrieb, es gebe 47 IoT-Labs und mehr als 100 Module und über 20 Developer-Kits auf dem Markt. Auch an Anwendungsbeispielen für die Technik mangelt es nicht. Trickey verweist auf Use Cases rund um den Globus, angefangen von 170.000 vernetzten Rauchmeldern im NB-IoT-Netz von China Unicom über Telstras Solar-Tracker in Australien bis hin zu Sensoren in Kühlschränken und anderer weißer Ware, die AT&T in den USA mit LTE-M-Verbindungen versorgt.

Going Global: Wie auf dem Mobile IoT Summit demonstriert wurde, gibt es inzwischen rund um den Globus NB-IoT- und LTE-M-Netze.
Going Global: Wie auf dem Mobile IoT Summit demonstriert wurde, gibt es inzwischen rund um den Globus NB-IoT- und LTE-M-Netze.
Foto: GSMA

Dennoch steht der große Durchbruch noch bevor. So gehen etwa die Analysten von Counterpoint Research davon aus, dass es bis 2025 weltweit mehr als fünf Milliarden mobile IoT-Verbindungen geben wird, knapp die Hälfte davon soll NB-IoT dazu beitragen. Und Veni Shone, President of Device Chipset Business bei Huawei, prophezeite in seiner Keynote auf dem Mobile IoT Summit, dass die LTE-Technik rasant M2M-Module auf 2G/3G-Basis ablösen und bereits 2020 die Basis für mobile IoT-Szenarien darstellen werde. Der chinesische Netzausrüster verkaufte Shone zufolge in 2017 zwei Millionen NB-IoT-Chipsets, im Jahr darauf waren es bereits 18 Millionen und für 2019 rechnet der TK-Ausrüster mit einem Anstieg auf 100 Millionen Stück.

Hohe Einspareffekte durch NB-IoT

Die weltweite Verbreitung von Netzen mit NB-IoT (blau) und LTE-M (rot)
Die weltweite Verbreitung von Netzen mit NB-IoT (blau) und LTE-M (rot)

Den Grund für den prognostizierten Andrang versuchte Shone anhand eines Deployment in der Millionen-Stadt Yingtan zu erklären. In der Smart-City-Modellstadt wurden (unter anderem) zwei Millionen Smart Meter für Wasserleitungen verbaut - mit dem Effekt, dass die Stadt nun durch das schnellere Aufspüren von Lecks pro Jahr zwei Millionen Tonnen Wasser spart. In einem anderen der über 50 NB-IoT-Szenarien mit Huawei-Beteiligung konnte durch den Einsatz von Trackern bei drei Millionen Elektrorollern die Diebstahlrate um 60 Prozent gesenkt werden - allein in diesem Bereich sieht Huawei ein Potenzial für über 300 Millionen Devices.

Die Chinesen sind im IoT-Bereich aber nicht nur mit ihren "Boudica"-NB-IoT-Chipsets involviert, sondern bieten mit Ocean Connect eine cloudbasierte IoT-Plattform an, die insbesondere Mobilfunkbetreibern den Einstieg in das IoT-Business erleichtern, sondern auch beschleunigen soll. Laut Shone können Carrier damit nicht nur IoT-Anwendungen in Stunden statt Wochen online bringen, das intelligente Management der Plattform soll außerdem den Energieverbrauch von Smart Metern bei diversen Security-Funktionen halbieren und so die Batterielaufzeit von vier auf zehn Jahre steigern. Außerdem versprechen die Chinesen, dass ein in OceanConnect integriertes intelligentes Connection Management die Auslastung der Netze reduzieren kann.

Das Hohelied auf die neue Technik sang auch Cameron Coursey, Vice President IoT bei AT&T: Der US-Carrier hatte bereits 2017 mit dem Rollout von LTE-M in seinem Netzwerk begonnen und fährt nun die Ernte ein. Coursey zufolge kamen in den letzten Monaten gut eine Million neuer Connections pro Monat hinzu. In diesem Frühjahr will AT&T auch mit NB IoT starten - die beiden Techniken seien komplimentär, dank neuer Multi-Mode-Devices zusammen global nutzbar und deckten gemeinsam breite Anwendungsgebiete ab, erklärte Coursey. Außerdem würden mit NB IoT und LTE-M mindestens drei der vier Probleme (Security, Interoperabilität und Rollout-Kosten) beseitigt, die in Anwenderstudien als Hinderungsgründe für die Nutzung von IoT genannt würden. Dank Standardisierung und simpler Technik könnte auch das vierte Problem - die fehlenden Skillsets, sprich das fehlende Fachwissen der Mitarbeiter - gelöst werden.

Podiumsdiskussion mit Vertretern von BeWhere, Ericsson, Nokia und T-Systems
Podiumsdiskussion mit Vertretern von BeWhere, Ericsson, Nokia und T-Systems

Trotz aller Fortschritte sahen es die Vertreter von Ausrüstern und Carriern in einer Podiumsdiskussion als die große Herausforderung, Kunden vom Einsatz von NB-IoT oder LTE-M zu überzeugen. Wichtig sei das Aufzeigen der mit IoT möglichen neuen Business-Modelle, erklärte Felix Wunderer, VP IoT Products & Services bei T-Systems International. Er verwies als Beispiel auf eine mit Sensoren ausgestattete Kaffeemaschine: Anstatt die Maschine zu verkaufen, könnte der Hersteller Kaffee als Service anbieten und über Predictive Maintenance ein vereinbartes Service Level garantieren.

Kunden haben Beratungsbedarf

Ein solcher Dienst komme den Kunden womöglich günstiger, so Wunderer, dafür halte der Hersteller aber über die gesamte Lebensdauer seines Produkts den Kontakt aufrecht und Erkenntnisse aus der Wartung könnten in die weitere Produktentwicklung einfließen. Um diese Erkenntnis zu vermitteln, reiche ein Produktportfolio allein nicht aus, räumte Wunderer ein, man müsse Beratungsleistungen erbringen. Seine Company führt dazu eine Datenbank mit erfolgreichen IoT-Use-Cases, erklärte Ankur Bhan, weltweiter Leiter von Nokias "Worldwide IoT Network Grid" (WING). Und Marie Hogan, Head of Broadband & IoT beim Wettbewerber Ericsson, berichtete, ihr Unternehmen habe zu diesem Zweck eine neue Abteilung geschaffen, die sich auf Enterprise-Bereich spezialisiert habe. Schließlich seien die Ergebnisse von Use Cases nicht immer übertragbar, bei Smart Agriculture mache es etwa einen großen Unterschied, ob man Dattelpalmen oder Blaubeeren bewirtschaftet.

Auch was den Return on Invest (ROI) von NB-IoT und LTE-M angeht, sei es nicht immer einfach, fügte Owen Moore vom kanadischen IoT-Spezialisten BeWhere hinzu. Asset Tracking etwa gebe es bereits seit Anfang der 2000er Jahre, erklärte er. Wenn ein Unternehmen es bisher nicht genutzt habe, sei die Überzeugungsarbeit groß. In anderen IoT-Szenarien hingegen sei die ROI-Berechnung dagegen einfacher - etwa, wenn man den Preis für eine Smart-Meter-Lösung mit den Kosten eines Lecks in einer Pipeline gegenrechnen könne.