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Add-on für den Zune

Musiktausch 2.5: Jook verbindet MP3-Player zur Community

18.02.2008
Von Handelsblatt 
Kopfhörer tauschen ist out. Bei Jook kann jeder mithören. Das amerikanische Start-up setzt auf die Kommunikationsfreude der Jugendlichen und macht mit einer kleinen Zusatztechnik Musikspieler zu kleinen Radiostationen. Alle Songs können im Umkreis von zehn Metern empfangen werden.

SUNNYVALE. Min-Liang Tan hat sich viel vorgenommen. Er will nicht weniger als das Social Networking aus dem Internet befreien und auf die Straße und in die U-Bahn bringen. Jook heißt das neue Start-up aus dem kalifornischen Carlsbad. Das tönende Facebook will das heißeste Phänomen des Internets mit der ewigen Nummer eins der Jugend weltweit verbinden: Musik. Jook ist die Blaupause eines Web 2.5, in dem das Internet den digitalen Raum verlässt und unsichtbarer Teil der normalen Lebensrealität der Menschen wird. Jook wird auch im März auf der Computermesse Cebit vertreten sein.

Jook besteht aus einem kleinen Sender im 2,4 GHz-Bereich, einem Übertragungsprotokoll und einer Internetseite. Zusammen sollen sie das gemeinsame Hören von Musik ermöglichen und später die Musikfreunde im Internet zusammenführen, die gegenseitig dann ihre Musiksammlungen bewerten, diskutieren oder sich kennen lernen können.

Die Hardware besteht aus ein paar Chips und wird nach den Vorstellungen von Tan bald in jedem gängigen MP3-Player oder Musikhandy integriert sein oder als Adapter an iPod und Co angestöpselt werden. Dazu kommt eine farbige Anzeige, die als Teil des Kopfhörerkabels vor der Brust hängt oder später als Leuchtdiode im Ohrhörer integriert sein könnte. Die Technik dürfte nicht mehr als zehn Dollar kosten.

Ein Schalter erlaubt es dem Musikfan, zwischen drei Modi zu wählen: "Me", "Us" und "U". Im "Me"-Modus findet keine Radiosendung statt und die Leuchtanzeige ist aus. Niemand kann mithören. Im "Us"-Modus sendet der Nutzer wie eine Mini-Radiostation an andere mit Jook-Geräten im Umkreis von zehn Metern. Die Anzeige glüht rot, so wie eine typische "Achtung, auf Sendung"-Warnung in Funkhäusern. Damit ist klar, dass sich andere in dieses Programm einwählen können. Wer mithört, zeigt dies dadurch an, dass seine Leuchtanzeige grün glimmt, er ist im "U"-Modus.

Die Lieder werden aber nicht in den Speicher des anderen Geräts übertragen, sondern nur gespielt, eben wie Radio. Ein Zuhörer hat aber die Möglichkeit, sich einzelne Lieder digital zu markieren. Dann werden Angaben wie Titel, Interpret und Musiklabel festgehalten. Außerdem wird - wenn aktiviert - ein kleiner Datensatz über den Musikbesitzer mitgesendet. Der Sender kann sehen, wer gerade bei ihm mithört.

Zurück zu Hause (oder etwa theoretisch per Mobiltelefon schon unterwegs) linkt sich der "Jooker" ins Internet und synchronisiert die Daten mit www.joke.us. Er kann die auf dem Weg eingefangenen Songs anhand der gespeicherten Angaben in einem Onlineshop kaufen oder mit dem Jook-Sender über dessen Profilseite Kontakt aufnehmen. Auf diese Weise sollen die Jugendlichen zusammenfinden.

Um möglichst schnell bekannt zu werden, wird Jook ein Facebook-Widget erstellen und der Google-Plattform Opensocial beitreten. Damit sollen Jugendliche die Chance haben, Jook in ihrer bevorzugten Plattform zu nutzen. Werden Lieder gut oder schlecht bewertet, werden diese Angaben dann auch an den Broadcaster übermittelt. Hier sieht Tan eine Möglichkeit, für Musikfirmen oder Bands ihre Musik zu bewerben - etwa indem sich Gruppen von Promotoren oder die Bandmitglieder im "Us"-Modus an viel frequentierten Plätzen aufhalten.

Die von Tan angestrebte Sendung in kleinem Umkreis ist gesetzlich kein Problem - zumindest in den USA, sagt Tan in Las Vegas im Gespräch mit dem Handelsblatt. "Das ist gedeckt durch eine Ausnahme im Copyright Millenium Act, der das im Rahmen des sogenannten ´fair use´ zulässt." Die Technologie erlaubt keine Weiterleitung in der Art, dass etwa ein Hörer gleichzeitig wieder Sender ist und somit die zehn Meter-Grenze überschritten wird. So wird vermieden, dass sich Partys oder Sportarenen mit Musik beschallen lassen.

Wie es Deutschland wäre, ist sich der frühere Anwalt nicht sicher, der jetzt nur noch für sein Start-up arbeitet. "Es müsste wahrscheinlich Gespräche zumindest mit der Gema geben", glaubt Tan. Aber an Deutschland denkt er noch nicht wirklich - noch ist der USA-Start das große Ziel.

Seine Hoffnungen setzt Tan auf Microsoft. Nicht nur, weil sie direkt als Partner in Frage kämen. Mit seinem Möchtegern-iPod-Konkurrenten "Zune" hat der Softwareriese einen ähnlichen Weg eingeschlagen. Im Microsoft-Modell lässt sich die Musik - kopiergeschützt - sogar von einem Zune zum anderen übertragen. Nach mehrmaligem Anhören wird die Datei unbrauchbar, oder der Besitzer kauft den Freischaltcode für die Musik. Und Jook ist einfach Zune konsequent zu Ende gedacht, meint Tan, und außerdem für alle offen. Zwei "große Kunden" hätten schon unterschrieben, die den Service in ihre Geräte integrieren wollten. Mehr will er nicht sagen. Pünktlich zu Weihnachten soll es losgehen.