Industrielle Nutzung erfordert Mut zum Experiment

Multimedia: Die Grenze des Machbaren ist eine Kostenfrage

06.03.1992

Multimedia gehört momentan zu den am häufigsten benutzten Begriffen in der elektronischen Informationsverarbeitung. Obwohl vielerorts noch Zukunftsmusik, werden im folgenden Beitrag von Paul G. Maciejewski vor allem die sich abzeichnenden praktischen Einsatzgebiete sowie die Kostenseite multimedialer Techniken beleuchtet.

Bei einer näheren Untersuchung des Themas kristallisieren sich drei signifikante Multimedia-Praxisgebiete heraus: Visuelle Animation, multimediale Präsentation und interaktive Informationssysteme. Ein wesentliches Segment der multimedialen Computertechnik ist die Animation. Man versteht darunter die Produktion von Bildern, die es ermöglicht, mit Hilfe von großen Rechnerkapazitäten bewegte Motive in zwei- beziehungsweise dreidimensionaler Illusion herzustellen. Darstellbar ist mit Hilfe dieser Technik alles, was sich mathematisch definieren und logisch verknüpfen läßt.

Experten wie Erich Kunst, Geschäftsführer der Top Production in München, unterscheiden drei verschiedene Arten der visuellen Animation. Bei der Trickfilm-Animation werden wie im "Daumenkino" viele Einzelgrafiken aneinandergereiht und schnell abgespielt. Die Metamorphosen und Loopings von Logos gehören in dieses Feld der Animation. Die Videoanimation vereinigt Computergrafiken/Zeichentrick mit Realbildern (Video, Fernsehen).

Dialoggruppen sind gezielt anzusprechen

Die vollständig integrierte Multimedia-Animation vereint alle digitalisierten Informationen, die der Computer in seinen Speicher lädt, wie etwa gescannte Vorlagen, laufende und stehende Realbilder, Audio-Signale, 2D- und 3D-Computergrafiken sowie Konstruktionsdaten wie zum Beispiel CAD-oder CIM-Daten. Die oben genannten Bestandteile werden mit Hilfe spezieller Animations-Software aufbereitet und gegebenenfalls weiterverfremdet.

Die Kommunikationswissenschaft lehrt uns, daß Dialoggruppen gezielt angesprochen werden müssen, um Streuverluste zu vermeiden und die Informationen vollständig an den den Adressaten zu bringen. Bei einer sich stetig vermehrenden Informationsfülle ist dieses Ziel allerdings nicht leicht zu erreichen. Um einer ganzheitlichen Wahrnehmung der Information bei den Zielgruppen (zum Beispiel potentielle Nachfrager nach einem bestimmten Produkt oder Besucher eines Messestandes) den Weg zu bereiten, muß man sich die Ergebnisse der psychologischen Lernforschung vor Augen halten:

Einschlägige Untersuchungen kamen zu dem Ergebnis, daß der Lernerfolg, zum Beispiel in Form eines bestimmten Produktnutzens, abhängig ist von der Anzahl der angebotenen Informationswiederholungen. Wenn diese Wiederholungen so gestaltet sind, daß sie verschiedene Sinnesorgane des Rezipienten (Empfänger) ansprechen, ist die Chance groß, daß die Botschaft aufgenommen und verstanden wird.

Die Schlußfolgerung für eine erfolgreiche Präsentation muß demnach lauten: So multimedial wie möglich agieren, da der Betrachter die Information selektiert, aufnimmt und weiterverarbeitet.

Derzeit wird dieses Know-how genutzt auf den Gebieten: - Erstellung von Messevideos

- Produkt- und Firmenpräsentationen

- Ergebnispräsentationen von Forschungsinstituten

- selbstablaufende Vortragsunterstützungen.

- interaktive Vortragsbegleitung.

Weitere Anwendungsgebiete der multimedialen Präsentation ergeben sich bei der Darstellung und Erläuterung komplexen Produkte, wie zum Beispiel technischer Anlagen und/oder schwierig nachzuvollziehender Produktionsabläufe.

Der Übergang zwischen den multimedialen Präsentationen und den interaktiven Informationssystemen ist fließend. Beide Anwendungen können alle Spielarten multimedialer Plattformen in sich vereinigen. Zu Informationssystemen zählt man Abfrage- und Auskunfssysteme im weiteren Sinn. Kommt der Aspekt der dialogisierten Wechselbeziehung Mensch/Computer hinzu, spricht man von interaktiven Systemen.

Ein weiteres Kriterium dieser Dialog-Systeme ist die flexible Verknüpfbarkeit von allen gespeicherten Daten. Um dies zu gewährleisten, benutzt man innovative Datenbanktechniken, die einen überaus schnellen Zugriff auf die Informationen zulassen. Hierbei handelt sich hier um eine treffende Wortschöpfung amerikanischer Journalisten. Information und Entertainment werden zu einem Begriff verschmolzen, um Botschaften komplexen Ursprungs unterhaltend und damit ansprechend darzubieten. Zu diesen Systemen zählt man:

- interaktive Lexika

- elektronische Kataloge

- Point-of-Sale-Konzepte

- Bedienungsanleitungen für Gebrauchsgüter

- elektronische Finanzberatung

- multimediale Stadtplanung

- Touristikinformationssysteme.

Das konventionelle "Papier-Lexikon" mit seinem alphabetischen Aufbau unterstützt nur in begrenztem Maße das Denkvermögen des Menschen: Die menschliche Erkenntnis entsteht durch Analogie und Proportion, assoziativ und sprunghaft. Querverweise auf artverwandte Begriffe, die dem Benutzer ein Problem ganzheitlich veranschaulichen sollen, können jedoch ein Lexikon rasch zu einem dicken Wälzer machen, weshalb man auf viele weiterführende Hinweise verzichten muß.

Emotionale Komponente erweitert Medienspektrum

Auch ist das - herkömmliche Lexikon in der Anzahl der Kommunikationskanäle beschränkt: Die Informationen können nur in Form von Text, Grafiken oder Bildern dargestellt werden. Die kommende Generation von Lexika wird dem Anwender daher ein breiteres mediales Spektrum bieten. Nämlich das gesprochene Wärt, das farbige, gegebenenfalls bewegte Bild und die passende musikalische Untermalung werden dem Lexikon-Benutzer komplexe Themengebiete näherbringen. Hierzu ein plastisches Beispiel: Interessiert uns die Person John F. Kennedys, wird uns das moderne interaktive Lexikon nicht nur seinen Lebensweg aufzeigen, sondern auch dessen Verbundenheit mit West-Berlin anhand einer Filmsequenz mit den berühmten Worten aus jenen Tagen -"Ich bin ein Berliner" vor Augen führen. Dies versetzt den Betrachter in einen emotionalen Zustand, der vom geschriebenen Wort nicht so leicht erreicht wird.

Produktionsinformationen über Multimedia-PC

Eine ähnliche Entwicklung vollzieht sich auch im Bereich der Versandhauskataloge. Die Produktpalette konnte bisher - medial betrachtet - dem Kunden nur eindimensional gezeigt werden. Eine Beziehung zum Produkt mußte also ohne gesprochenes Wort, ohne dynamischen Soundtrack und ohne filmische Bewegung hergestellt werden. Dank der optischen Speichertechnik kann das Versandhaus nun seine Angebote qualitativ besser präsentieren.

Auch Bedienungsanleitungen für Gebrauchsgüter spielen in diesem Zusammenhang eine Rolle. In diesem Bereich ist es vorstellbar, daß der Verbraucher Produkt Informationen über einen Multimedia-PC abruft. Ist die multimediale Applikation interaktiv geführt, kann der Anwender genau jene Informationen über das Gebrauchsgut auswählen, die ihn primär interessieren.

Anwendungsbeispiel Mitarbeiterschulung: Führende Industrieunternehmen sind sich dar. Über im klaren, daß der langfristige betriebliche Erfolg in großem Umfang auch von der Qualifikation der Mitarbeiter abhängt.

Ob man Ausschußminderung und damit die Qualitätssicherung industrieller Erzeugnisse oder die Abschlußsicherheit in der Versicherungsbranche betrachtet, immer wieder determiniert der Faktor Ausbildungsstand des Personals letztlich den Erfolg Effiziente Ausbildungssysteme können somit durchaus einen Positiven Beitrag zum Unternehmensergebnis leisten.

Die Leistungsfähigkeit von Ausbildungshilfen hängt natürlich davon ab, ob der Lernende die dargebotene Information schnell und sicher aufnimmt, da auch in der Mitarbeiterschulung Zeit mit Geld gleichzusetzen ist in der europäischen Automobilbranche hat man sich daher seit geraumer Zeit mit Ausbildungssystemen beschäftigt und ist zu teilweise innovativen Lösungen gekommen. So trainiert etwa der französische Großkonzern Du Pont seine Mitarbeiter speziell im Lkw-Bereich, multimedial.

Die Franzosen machen sich hier die seit längerer Zeit in der Luftfahrt bekannten, Computersimulierten Unterrichtseinheiten zu eigen. Wie bei der Lufthansa in Bremen, werden bei Du Pont verkehrsrelevante Situationen multimedial simuliert - der Proband greift also interaktiv in die laufende Verkehrssituation ein. Seine Reaktionen werden von einem angeschlossenen Rechner online erfaßt und sofort, ohne merkbare Verzögerung, in die Simulation eingearbeitet. Bei Du Pont werden jedoch nicht Boeing-Piloten aus gebildet, sondern Lkw-Fahrer, die hochexplosive und damit hochgefährliche Stoffe transportieren müssen.

Eine weitere Anwendungsnische stellen die elektronischen Ersatzteilkataloge und Handbücher dar. Die signifikanten Vorteile eines elektronischen Handbuches springen sofort ins Auge. Einmal spart ein optisches Speichermedium ungemein Platz und Rohstoffe in Form von Papier. Zum anderen ist eine Aktualisierung etwa von Artikelstammdaten ausgesprochen einfach und zeitsparend zu bewerkstelligen, da der aufwendige Produktionsprozeß von der Redaktion zum endgültigen Druck vollständig, entfällt.

Aus den genannten Gründen sind immer mehr Branchen dazu übergegangen, komplexe Informationsmengen auf elektronische, Speichermedien zu verlagern und in Form von multimedialer Ersatzteil-Kataloge anzubieten. Die Zielgruppen solcher Informationsspeicher sind überwiegend im Filial- oder Vertragshändlerbereich des Herstellers zu finden.

An staatlichen wie privaten Bildungseinrichtungen hingegen ist die Verwendung elektronischer Ausbildungsmittel noch nicht sehr weit fortgeschritten. Dennoch gibt es auch auf diesem Gebiet erste interessante Ansätze. So arbeitet beispielsweise die Universität Zürich intensiv an der Entwicklung multimedialer Lehrformen.

Multimediale Anwendungen sind weder im semiprofessionellen noch im Busineßbereich "l'art pour l'art". Mit der Anschaffung multimediafähiger Komponenten - sowohl Hardware, als auch Software - ist immer der Einsatz von Kapital verbunden der betriebswirtschaftlich gesehen nach einer adäquaten Gegenleistung verlangt. Die Investitionen werden dabei in der Regel im professionellen Anwendungsbereich folgende Kosten beinhalten:

- Personalkosten, zur Bedienung

- Schulungskosten für die Anwender

- Umstellungskosten (zum Beispiel für Verkabelungen)

- laufende Betriebskosten

-Folgekosten (Datenpflege, Programmwartung etc.)

Weiterhin müßte im Rahmen einer Investitions-Analyse die Form der Finanzierung untersucht werden wo prinzipiell Kauf, Miete oder Leasing zur Debatte stehen. Dies würde bedeuten, daß die Parameter Nutzungsdauer Fremdkapitalzinsen, Dauer des Leasingvertrages, Einkommenssteuersätze etc. in die Betrachtung miteinfließen.

All diese Restriktionen mit, einzubeziehen würde allerdings den Rahmen einer modellhaften Preisanalyse des Multirnedia-Marktes sprengen.

Der Nutzen, die zu erwerbende Gegenleistung, ist so festgelegt: Gegenleistung beschreibt den Umfang der multimedialen Möglichkeiten, die eine bestimmte Komponente oder ein Komponentenpaket bietet. Innerbetriebliche Kosteneinsparungen durch den Einsatz einer Alternativlösung werden außer acht gelassen. Der Nutzen ist somit quantifizierbar durch den Umfang des angebotenen Leistungspotentials.

Endbenutzer als Glied in der Nachfragekette

Der Multimediamarkt bedient augenblicklich drei verschiedene Nachfragegruppen:

1. Ambitionierte Amateure

2. Dienstleister, die computeranimierte Präsentationen entwickeln, und

3. Finanzstarke Unternehmungen, die mit multimedialen Plattformen gehobenen Anspruchs arbeiten.

Der Endverbraucher ist dasjenige Glied in der Nachfragekette, das durch seine Kaufaktivität dem Multimedia-PC zum Durchbruch verhelfen kann. Die Frage ist jedoch, welches Preisniveau im Multimedia-Markt vom Anwender angenommen wird.

Im Bereich der professionellen Animationen sieht es schon anders aus. Hier wird mit Multimedia-Stationen nicht mehr "gespielt", sondern zielgerichtet Umsatz gemacht. Das Equipment, das zu multimedialen Animationen herangezogen wird, liegt in einem Preissegment, das die Kaufkraft eines durchschnittlichen Endkunden bei weitem übersteigen würde.

Zwischen 50 000 und 60 000 Mark kann ein professioneller

Animations-Arbeitsplatz durchaus kosten. Die Grenzen nach oben sind wie bei allen High-Tech-Produkten weit geöffnet. Zugrundegelegt wurde bei diesem Untersuchungsbeispiel folgendes Leistungspaket:

- Apple Macintosh IIfx mit erweiterter Tastatur, 4 MByte Arbeitsspeicher und 160-MByte-Festplatte, zirka 21 000 Mark

- Apple 24-Bit-Grafikkarte, zirka 2000 Mark

- 19-Zoll-Monitor in der 16-Millionen-Farben-Ausführung von Miro (Modell Mirco-Chroma-II), zirka 16 000 Mark

- Diaquest-Board (Grafikkarte mit Videokanälen) von Techex als seriell/parallel Desktop zirka 10 300 Mark

- Verkabelung zum Videorecorder zirka 400 Mark

- Audio-Media-Karte, zirka 3000 Mark

- Flachbettscanner, HP Scan Jet Plus von Hewlett-Packard, zirka 4200 Mark

- Software: Macromind Director 2.0, zirka 2300 Mark.

Technischer Aufwand steigt mit den Ansprüchen

Hier wird deutlich, daß der technische Aufwand nicht gering ist und mit den Ansprüchen an die Qualität der Animation steigt. Die Kosten müssen daher naturgemäß in die Kalkulation eines Animations-Dienstleisters einfließen.

Im Bereich der Industriellen Multimedia-Systeme, speziell solcher, die von größeren Unternehmen genutzt werden, gehen die Kosten sehr rasch in die Hunderttausende. Konzeptionelle Entwicklungsleistung auf einem Software-Neuland und hochtechnisches Equipment haben ihren Preis. Sich festzulegen auf ein bestimmtes Preisniveau fällt in diesem Multimedia-Segment erfahrungsgemäß schwer.

Im Bereich der DV-gestützten Kommunikation wird seit geraumer Zeit von einer Akzeptanzproblematik gesprochen. Man versteht darunter die vorhandene oder nicht vorhandene Bereitschaft relevanter Gruppen, innovative Techniken zu nutzen. Grund: Die Computerisierung des Tätigkeitsfeldes kann einerseits erhebliche Auswirkungen auf bisher bestehende Arbeitsabläufe, Arbeitsmittel- und Arbeitsinhalte haben und andererseits das mediale Konsumverhalten breiter Bevölkerungsschichten verändern.

Der letzte Satz macht deutlich, daß die zu betrachtenden Personenkreise nicht homogen sein können. Aus diesem Grund empfiehlt sich eine Aufspaltung der Zielgruppe in:

- Entwickler multimedialer Plattformen

- Anwender multimedialer Systeme

- allgemeine Öffentlichkeit.

Der Entwickler oder Programmierer multimedialer Systeme sieht sich einer komplexen Herausforderung gegenüber. Durch die technische Verschmelzung unterschiedlicher Medien ist ein ganzheitliches Entwicklungskonzept gefordert, das die Charakteristik der einzelnen audio-visuellen Komponenten berücksichtigt. Die Akzeptanz, solche Verfahren marktreif zu entwickeln, ist sicherlich vorhanden. Aus dieser Bereitschaft, sich mit multimedialen Problemstellungen zu befassen, kann jedoch sehr schnell eine Überforderung des Entwicklers erwachsen.

Multimediale Plattformen zielen darauf ab, dem Anwender unter anderem eine optimale Ausschöpfung seines kreativen Potentials zu ermöglichen. Um dieses Ziel zu erreichen, muß sich der multimediale Entwickler gedanklich auf ein hohes Kreativitätsniveau begeben sollte daher im Idealfall technischer Analytiker und Medienkünstler zugleich sein.

Auch im fertigungstechnischen Bereich, der immer mehr auf Multimedia setzt, steigt für den Entwickler der Umfang seines Arbeitsinhaltes. Wo früher noch Zahlenkolonnen auf relativ einfachen Masken erschienen, sollen heute bereits Fertigungsabläufe auf Touch-Screens zu sehen und zu beeinflussen sein.

Kenntnisse über Farbwirkung, ergonomisch optimales Gestalten, Lernkurven bei Schulungssystemen, typografische und bildgestalterische Gesetze werden vom Programmierer zunehmend verlangt.

Auf die Frage, wer multimediale Systeme letztlich nutzt, ist eine Antwort nur differenziert zu geben.

Die Werbewirtschaft, Werbungstreibende sowie der ambitionierte Amateur erscheinen in diesem Sektor zunächst als die relevanten Gruppen.

Vor allem Werbeagenturen und ähnliche Dienstleister müssen sich nach der "DTP-Revolution" auf eine multimediale Innovationswelle einstellen.

Die Werbungtreibenden als Auftraggeber der Agenturen verlangen vor allen Dingen im TV-Spot-Bereich computeranimiertes Know-how und Do-how. Animationen vor einem festen Hintergrund ablaufen zu lassen und gleichzeitig einen Sound als Tonspur hinzuzufügen, kann in den nächsten zehn Jahren zum Standard fahrender Multimedia-Agenturen werden. Die Grenzen des technisch Machbaren liegen in erster Linie auf der Kostenseite. Animation wird aber bezahlbar wenn man sie nicht ausschließlich als eigenständiges Stilmittel versteht, sondern partiell als kreatives, attraktivierendes oder didaktisches Element intelligent in Realszenen einbindet.

Bei den Multimedia-Präsentationen ergibt sich ein ähnliches Bild wie bei den Werbungstreibenden. Gegen eine ansprechende Darstellung der Produktpalette oder des letzten Geschäftsberichtes hat kaum eine Geschäftsleitung etwas einzuwenden. Selbst der kleinere Gewerbebetrieb bedient sich der Möglichkeiten, die ihm ein PC im Zusammenwirken mit mehr oder minder speziellen Grafikprogrammen bietet. Im Segment professioneller Anwender von interaktiven Informations-Systemen beobachtet man bei aufgeschlossenen Firmen oder Freiberuflern eine wachsende Bereitwilligkeit, multimedialen Medien zu nutzen.

Probleme tauchen eher im finanziellen Bereich auf, denn die Einführung komplexer Informationssysteme, wie zum Beispiel in der Stadtplanung, erfordern eine starke Kapitaldecke. Für kurzfristig planende Unternehmen stellt die Einführung DV-gestützter Informationstechniken keine Alternative dar, da die Amortisierung eines Systems meist längerfristig ausgelegt ist. Auch sind qualitative Parameter einer "DV-Rendite" für oben genannte Unternehmen schwer zu fassen. Der Mittelstand und die Großindustrie bauen jedoch in erfreulichem Maße Berührungsängste ab, was auch die Zahl der bisher realisierten multimedialen Anwendungen beweist.

Eine Zurückhaltung der breiten Masse der Anwender in bezug auf innovative Techniken ist eine völlig normale Reaktion und wiederholt sich bei den unterschiedlichsten Produktgruppen - angefangen bei der Einführung der Eisenbahn über die Dampfmaschine bis hin zur ersten Computergeneration. Die Bereitschaft, sich an die DV und an multimediale Systeme heranzuwagen, wird jedoch von Jahr zu Jahr zunehmen. Experten sagen der Multimedia-Entwicklung eine ähnliche Zukunft vor aus wie seinerzeit dem DTP. Hinzu kommt, daß eine Kostensenkung beim technischen Equipment die Entwicklung noch beschleunigen wird.

Entwicklungen zu prognostizieren fällt jedoch gerade im Bereich der DV schwer, da die Innovationsgeschwindigkeiten in diesem Sektor hoch und damit oftmals unvorhersehbar sind. Diese Feststellung gilt insbesondere für das Feld der multimedialen Systeme und deren Anwendungsgebiete. Eine stattliche Anzahl kleinerer Softwarehäuser entwickelt laufend in Konkurrenz zur etablierten Industrie Nischenlösungen, die den Multimedia-Markt in Bewegung halten. Deshalb muß die folgende These auch vor diesem Hintergrund gesehen werden.

Durch innovative Techniken werden die konventionellen Kommunikationsstrukturen aufbrechen und sich in eine Richtung entwickeln, die die Individuen als ganzheitliches Informationswesen sehen und ihm damit auch ein größeres Maß an kommunikativer Aktivität abverlangen. Bis zum Ende des Jahrzehnts wird die Versorgung der privaten Haushalte mit multimediafähigen Systemen weit fortgeschritten sein - vorausgesetzt, das ISDN flächendeckend verfügbar ist - so daß eine Akzeptanz seitens der Nutzer in Aussicht gestellt werden kann. Zusätzliche Fortschritte im Bereich der Speichermedien werden mit dazu beitragen, daß die professionelle Animation in die filmische und werbliche Kommunikation Einzug hält.

Entwicklungen in der industriellen Nutzung von Multimedia-Systemen sind letztlich jedoch immer abhängig von der Experimentierfreudigkeit der Entscheidungsträger und vom mittelfristigen F&E-Budget. Dennoch kann guten Gewissens davon ausgegangen werden, daß der Anteil multimedialer Stationen im industriellen Umfeld steigen wird. Gerade im Bereich großangelegter Mitarbeiterschulungen können durch den Einsatz Multimedialer Lehrsysteme die Kosten minimiert werden was betriebswirtschaftlich gesehen immer ein starkes Argument für die Einführung einer noch neuen Technik ist.

*Dipl.-Kfm. Paul G. Maciejewski ist Professor an der Fachhochschule für Wirtschaft in Pforzheim.