Multiboot mit Linux einrichten - so geht's

10.02.2018
Von Stephan  Lamprecht

Linux und Windows parallel

Wer Windows nur benötigt, um einmal im Monat seine Überweisungen per Homebankingsoftware zu senden, spart sich Zeit und potenzielle Fehlerquellen, wenn er Windows unter einem Virtualisierungsprogramm installiert (siehe die Artikel zu Vmware und Virtualbox in diesem Heft, Seite 40 und 46 ff.). Geht es um häufigen Einsatz und optimale Leistung, kommt man aber um ein Multiboot-System nicht herum:

Schritt 1: Windows sollte zuerst installiert werden, da Windows bei der Installation standardmäßig die Grub-Bootumgebung von Linux überschreibt. Dies ist keine Katastrophe, zieht aber lästige Hilfsmaßnahmen mit der Super Grub Disk und der Grub-Reparatur nach sich (siehe unten).

Schritt 2: Wer nach installiertem Windows mit dem Aufspielen des ersten Linux-Systems beginnt, muss unter Windows zwei Optionen kontrollieren, die regelmäßig zu Problemen führen. Zum einen sollte der Schnellstart in den Systemeinstellungen unter den "Energieoptionen" ausgeschaltet werden. Dort gibt es einen Eintrag, der bestimmt, was beim Drücken des Netzschalters passieren soll. Wenn Sie hier mit dem Link die Einstellungen freischalten, die "momentan nicht verfügbar" sind, findet sich unter "Einstellungen für das Herunterfahren" die Option "Schnellstart". Diese Option müssen Sie deaktivieren.

Kontrollieren Sie in den "Eigenschaften" der Festplatte zusätzlich, ob sich um einen "dynamischen Datenträger" handelt. Mit dieser Art der Partitionierung kann keine Installationsroutine von Linux umgehen. Schließlich booten Sie den Rechner, unterbrechen den normalen Start (F2, F8, Esc und andere Varianten) und gehen in das Bios. Suchen Sie dort die Option "fastboot", um sie auf "disabled" zu setzen.

Die Partitionierung können Sie auch vorab erledigen.
Die Partitionierung können Sie auch vorab erledigen.

Schritt 3: Jetzt kann es mit der eigentlichen Installation des ersten Linux losgehen. Das Setup sollte das vorhandene Windows erkennen und eine friedliche Koexistenz vorschlagen. So markiert der Ubuntu-Installer im Dialog "Installationsart" dann standardmäßig die Option "Ubuntu neben Windows installieren" und bietet nach "Weiter" sogar eine per Schieberegler skalierbare Verkleinerung der Windows-Partition an, um für Linux eine neue Partition zu schaffen. Wenn Sie der Installationsroutine eines weiteren zu installierenden Linux-Systems nicht trauen, können Sie an dieser Stelle bereits weitere Partitionen anlegen. Um sich Arbeit zu ersparen, wären dies eine logische Partition mit dem Mountpoint "/", die als Rootpartition für die dritte Distribution dient, eine Partition, die als zweiter Auslagerungsspeicher genutzt wird, sowie eine dritte, die Sie unter "/home" einhängen wollen.

Exkurs: Alle wesentlichen Partitionierungsaufgaben kann ein Installer wie Ubuntus Ubiquity im Zuge des Setups erledigen. Wenn Sie Partitionen und Größen genau planen, geht das aber auch vorab mit Gparted unter Linux oder mit der Datenträgerverwaltung unter Windows (diskmgmt.msc). Unter Windows gibt es zudem das kostenlose Minitool Partition Wizard (www.minitool.com/partition-manager/partition-wizard- home.html), das besonders einfach zu handhaben ist.

Schritt 4: Notieren Sie sich die Bezeichnungen der Partitionen, damit Sie bei der Installation auch später noch wissen, welche Rolle beispielsweise "/dev/sda7" übernehmen sollte. Nach der Installation der ersten Linux-Distribution und dem Neustart des Systems sollten Sie die Wahl haben, zwischen Linux und Windows zu wechseln. Booten Sie nacheinander beide Betriebssysteme, um zu überprüfen, dass die Installation problemlos verlaufen ist. Konnten Sie Linux und Windows erfolgreich starten, starten Sie Ihren Rechner mit dem bootfähigen Startmedium eines eventuell dritten Betriebssystems. Es sollte das vorhandene Linux erkennen, aber feststellen, dass dafür kein Platz ist. Nutzen Sie jetzt entweder die bereits schon angelegten Partitionen oder verkleinern Sie die erste Partition des bereits installierten Linux.

Schritt 5: Der Wunsch, unter jedem gestarteten System auf den gleichen Bestand an Dokumenten zugreifen zu können, ist am einfachsten durch eine separate Festplatte oder Partition zu erreichen, die ausschließlich für Dokumente genutzt wird. Diese Datenpartition wird dann unter einem zweiten oder dritten System eingebunden und so konfiguriert, dass sie beim Systemstart zur Verfügung steht.

Diese Extrapartition oder Festplatte empfehlen wir auch beim Multiboot Linux-Linux, weil diese Konstruktion nach allen Erfahrungen weniger fehleranfällig ist, als systemübergreifende Home-Verzeichnisse zu benutzen. Für den unkomplizierten Austausch zwischen Windows und Linux empfiehlt sich das Dateisystem NTFS, eventuell auch rechteloses exFAT, was unter Linux nur die Nachinstallation der Pakete "exfatfuse" und "exfat-utils" erfordert.

Die (gelegentliche) Grub-Malaise

Ist die Bootumgebung defekt, sucht und startet Super Grub Disk vorhandene Linux-Systeme.
Ist die Bootumgebung defekt, sucht und startet Super Grub Disk vorhandene Linux-Systeme.

Hat alles funktioniert, sollten Sie die Wahl zwischen mehreren Systemen haben. Soweit die Theorie. In der Praxis funktioniert das wahrscheinlich in über 90 Prozent aller Fälle. Zeigt Ihnen der Bootmanager das dritte System nicht an, dürfte in den allermeisten Fällen nur der Menüeintrag nicht angelegt worden sein. Öffnen Sie im erfolgreich installierten Linux-System ein Terminal und geben Sie dort

sudo update-grub

ein. Damit werden alle Scripts von Grub ausgeführt und auch die Systemsuche läuft durch. Starten Sie danach das System komplett neu. Hat das zu keinem Ergebnis geführt, liegt das Problem wahrscheinlich tiefer. Mit Rescatux (www.supergrubdisk.org/rescatux/) gibt es ein bootfähiges Minisystem mit einigen Scripts, mit deren Hilfe sich ein lahmender Bootmanager reparieren lässt. Es unterstützt den Anwender, das Bootmenü von Grub zu bearbeiten und manuell Systeme hinzuzufügen. Vom gleichen Entwicklerteam stammt die bootfähige Super Grub Disk (auf Heft-DVD, "Extras und Tools"). Damit den PC gebootet, wählen Sie die Option "Detect and show boot methods" und wählen danach das gewünschte System aus, das Sie starten wollen. Dort öffnen Sie ein Terminal und stellen mittles des Befehls

sudo grub-install –recheck /dev/sda sudo update-grub

die Bootumgebung wieder her.

Die Alternative refind

Rescatux ist keine Desktopschönheit, beherrscht aber umfangreiche Rettungsarbeiten.
Rescatux ist keine Desktopschönheit, beherrscht aber umfangreiche Rettungsarbeiten.

Streng genommen ist Grub aus Sicht der Rechnerarchitektur bei einem Uefi-System überflüssig. Es ist aber aus historischen Gründen und mit Rücksicht auf ältere Bios-Hardware immer noch dabei. Eine Alternative zu Grub ist das von einem unabhängigen Entwickler programmierte refind ("rEFInd"). Es steht in verschiedenen Versionen zur Verfügung und kann unter Linux, Windows und sogar auf dem Mac installiert werden.

Wenn also Windows aktuell das einzige System auf dem Rechner ist, nutzen Sie die passende Variante des Bootloaders. Nach erfolgreicher Einrichtung meldet sich stets zunächst refind, auch für den Fall, dass Sie lediglich Windows auf dem Rechner haben. Sie können danach dann mit dem Setup eines weiteren Systems beginnen, wie exemplarisch gezeigt, also Platz für das zweite System per Partitionierer schaffen. Dann legen Sie das Bootmedium des zweiten Betriebssystems ein und starten den Rechner neu.

Das Werkzeug wird Ihnen dann den Start vom eingelegten Datenträger anbieten, so dass Sie mit der Installation des zweiten Betriebssystems beginnen können.

Was macht Grub eigentlich?

Damit Sie beim Einschalten des Systems zwischen den verschiedenen Betriebssystemen wählen können, benötigen Sie einen Bootloader.

Im Falle der bekannten und aktuellen Linux-Distributionen ist das Grub 2. Sind nur Linux-Systeme installiert, lädt Grub 2 den gewünschten Kernel, der dann das Betriebssystem initialisiert. Bei einer Multiboot-Konfiguration leitet Grub bei Bedarf die Anforderung an den Windows-Bootloader weiter.

Grub 2 muss allerdings mit einer Vielzahl unterschiedlicher Konfigurationen zurechtkommen. Aktuelle PCs booten standardmäßig von einer Partition im GPT-Format und verwenden Uefi-Firmware. Ältere PCs nutzen dagegen Bios und MBR-Partitionen (Master Boot Record). Bei herkömmlichem Bios werden bei der Linux-Installation 512 Bytes des Grub-2-Bootloaders („boot.img“) in den MBR der ersten Festplatte geschrieben. Damit findet der Bootloader den ersten Sektor der Datei „/boot/grub/core.img“ und führt den enthaltenen Code aus. Er lädt die Module, die für den Zugriff auf das Dateisystem nötig sind, und zeigt sein Bootmenü an.

Ist Linux dagegen im Uefi-Modus installiert, liegt der Bootloader in der EFI-Partition, die in das Dateisystem unter „/boot/ efi“ eingebunden ist. Für jedes System gibt es ein eigenes Verzeichnis – zum Beispiel „/boot/efi/EFI/ubuntu“. Die Konfiguration von Grub 2 erfolgt automatisch über die Scripts unter „/etc/grub.d“. Das wichtigste Script sucht unter „/boot“ nach Linux-Kerneln („vmlinuz-“) und Ramdisk-Dateien („initrd.img“) und erstellt die Einträge für das Bootmenü.

(PC-Welt)