Wirtschaftsinformatik-Jubiläum in Furtwangen:

Multi-Disziplin als Kulturtechnik

24.10.1986

FURTWANGEN (lo) - Der Fachbereich Wirtschaftsinformatik an der Fachhochschule Furtwangen (FHF) beging sein 15jähriges Jubiläum, Zwar wurde die Idee, Wirtschaftswissenschaften und Informatik zu kombinieren. nicht in Furtwangen geboren, doch dort zum ersten Mal für die deutsche Hochschullandschaft im Wintersemester 1971/72 konsequent in die Tat umgesetzt.

Mit der Einrichtung eines selbständigen Informatik-Studienganges unternahm die FHF einen für damalige Verhältnisse ungewöhnlichen Schritt, denn bis dahin wiesen zentrale ministerielle Empfehlungen der "Betriebsinformatik" nur eine Nebenfachrolle zu.

Bereits Anfang der sechziger Jahre wurden in Furtwangen DV-Lehrinhalte in die Ausbildung aufgenommen; am Ende des Jahrzehnts stand ein Informatik-Konzept über die bis dahin rein technischen Studieninhalte hinaus zur Verfügung, dessen Schwerpunkte Allgemeine Informatik, Wirtschaftsinformatik sowie Ingenieurinformatik enthielt. Derzeit existieren die drei Ingenieurfachbereiche Feinwerktechnik, Elektronik. und Produkt-Engineering sowie die Informatikfächer.

Den Stellenwert der Wirtschaftsinformatik umriß in der FHF-Jubiläumsrede Norbert Szyperski, Vorsitzender der Geschäftsführung bei Mannesmann Kienzle GmbH: Sie sei in ihrem Anwendungsbezug nicht eine reine Produktionstechnik, sondern eine neue Kulturtechnik. Anwendungsbezug hat in Furtwangen hohe Priorität. Das Studium dauert acht Semester. Es umfaßt zwei Praxissemester, Diplomarbeiten in und für die Praxis sowie Seminare und Workshops, in denen neben Fachwissen besonders auf methodisches Denken und Arbeiten Wert gelegt wird.

Daß das Konzept der Multi-Disziplin Erfolg zeigt, macht die hohe Nachfrage nach FH-Absolventen bundesweit deutlich, wie die FHF mitteilt. Der Bedarf sei noch im Steigen. Von über eineinhalbtausend Furtwangener Studenten belegen im Wintersemester 1986 knapp 300 diesen Fachbereich,

Die FH konnte die interdisziplinäre Lehrausrichtung erst allmählich in den Studieninhalten verwirklichen. Der Innovationsprozeß in Lehre und Forschung bleibt auch künftig dabei der bestimmende Faktor. Wirtschaftsinformatik sei eben nicht nur die reine Addition von Betriebswirtschaftslehre, Mathematik, Informatik und Datenverarbeitung, so Fachbereichsleiter Rainer Bischoff, sondern deren integrationsbedingte Vereinigung in den Problemen der betrieblichen Informationsverarbeitung. Mit dieser interdisziplinären Lehraufgabe stelle sich eine besondere Anforderung an die Dozenten.