Fünf Jahre Bindungsdauer sind unzulässig

Müssen Arbeitnehmer Fortbildungskosten zurückzahlen?

18.01.2010
Von 


Renate Oettinger war Diplom-Kauffrau Dr. rer. pol. und arbeitete als freiberufliche Autorin, Lektorin und Textchefin in München. Ihre Fachbereiche waren Wirtschaft, Recht und IT. Zu ihren Kunden zählten neben den IDG-Redaktionen CIO, Computerwoche, TecChannel und ChannelPartner auch Siemens, Daimler und HypoVereinsbank sowie die Verlage Campus, Springer und Wolters Kluwer. Am 29. Januar 2021 ist Renate Oettinger verstorben.
Rückzahlungsklauseln für eine Arbeitnehmerfortbildung, die überlange Fristen der Bindung an das Arbeitsverhältnis vorsehen, sind unwirksam.

In seiner Entscheidung vom 14.01.2009 hat das Bundesarbeitsgerichts (BAG AZ.: 3 AZR 900/07) entschieden, dass Klauseln, nach denen der Arbeitnehmer zur Rückzahlung von Aus- und Fortbildungskosten verpflichtet ist, dann unwirksam sind, wenn der Arbeitnehmer hierdurch unangemessen lange an das Arbeitsverhältnis gebunden wird.

(Foto: pressmaster/Fotolia.com)
(Foto: pressmaster/Fotolia.com)
Foto: pressmaster - Fotolia.com

In dem ausgeurteilten Fall, so der Stuttgarter Fachanwalt für Arbeitsrecht Michael Henn, Präsident des VdAA - Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. mit Sitz in Stuttgart, hatte sich ein etwaiges "Prognoserisiko” nicht verwirklicht. Der Arbeitgeber hatte statt einer möglicherweise zulässigen Bindung von zwei Jahren eine unzulässige von fünf Jahren vereinbart. Hierzu hat das Gericht betont, dass bei der Bestimmung der zulässigen Bindungsdauer die Vorteile der Ausbildung mit den Nachteilen der Bindung abzuwägen sind. Ist danach eine zu lange Bindungsdauer vereinbart, so Henn, führt dies grundsätzlich zur Unwirksamkeit der Rückzahlungsklausel insgesamt. Ein Rückzahlungsanspruch des Arbeitgebers besteht in diesen Fällen nicht.

Auch eine "geltungserhaltende Reduktion" auf die zulässige Bindungsdauer findet nicht statt. Zwar"fordern die Besonderheiten des Arbeitsrechts und -lebens eine ergänzende Vertragsauslegung ausnahmsweise dann, wenn es für den Arbeitgeber objektiv schwierig war, die zulässige Bindungsdauer zu bestimmen, und sich dieses Prognoserisiko für den Arbeitgeber dann verwirklicht. Eine Bindungsdauer von fünf Jahren hielt das Gericht jedoch für deutlich zu hoch und damit unzulässig.

Henn empfiehlt daher allen Arbeitgebern, diese Rechtsprechung bei ihren Arbeitsverträgen zu beachten, während er Arbeitnehmer dazu aufruft, überlange Bindungsfristen in den Arbeitsverträgen durch ausgewiesene Spezialisten für Arbeitsrecht überprüfen zu lassen, die in der Regel an dem Zusatz "Fachanwalt/Fachanwältin für Arbeitsrecht" zu erkennen sind, und verweist dabei auch auf den VdAA Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. (www.vdaa.de).

Weitere Informationen und Kontakt:

Michael Henn, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Erbrecht, Fachanwalt für Arbeitsrecht, VdAA, Präsident, c/0 Rechtsanwälte Dr. Gaupp & Coll., Theodor-Heuss-Str. 11, 70174 Stuttgart, Tel.: 0711 305893-0, E-Mail: stuttgart@drgaupp.de, Internet: www.drgaupp.de und www.vdaa.de