Münchner RZ-Arbeitsgemeinschaft verlangt Änderungen im Steuerberatungsgesetz:\AGB kritisiert Monopolstellung der Datev

04.09.1981

MÜNCHEN (ha) - Massive Kritik an der Datev, Datenverarbeitungsorganisation steuerberatender Berufe in der Bundesrepublik Deutschland eG, Nürnberg, übt in einer Presseerklärung die Arbeitsgemeinschaft Buchhalter und Datenverarbeiter (AGB) in München. Um die Privilegien der Datev abzubauen und die Rechte der Datenverarbeiter und Buchhalter abzusichern, verlangt die AGB Änderungen im Steuerberatungsgesetz.

Der Vorstoß der Münchner Arbeitsgemeinschaft wird damit begründet, daß die in der Datev zusammengeschlossenen Steuerberater zäh und verbissen um ihre Privilegien kämpften, obwohl das Bundesverfassungsgericht mit seiner Entscheidung vom 18. 6. 1980 das "Buchführungsprivileg" aufgehoben habe. In zahllosen Prozessen werde Rechenzentren sowie Buchhaltern derzeit die Werbung für Buchführungstätigkeiten untersagt. Diese Werbung sei jedoch unerläßlich, um der neuen, höchstrichterlich herbeigeführten Situation Rechnung zu tragen und die Buchführungspflichtigen darüber zu informieren. Selbst öffentlich-rechtliche Körperschaften würden, so die AGB, dazu mißbraucht, gewerbliche Konkurrenten "vom Kuchen der Steuerberater" fernzuhalten.

Nach Ansicht der Münchner widerspricht die oft praktizierte Funktionshäufigkeit von Steuerberatung, konzentrierender, buchender, abschließender, bilanzierender, kontrollierender und erklärender Tätigkeit in einer Person den Grundsätzen der "lnkompatibilität". Nur diesem, weder "sachgerechten noch zeitgemäßen Privileg" verdanke die Datev ihren explosionsartigen Aufschwung und ihre heutige, in der Welt nahezu einmalige Monopolstellung. Die AGB schneidet in diesem Zusammenhang auch die Frage an, welche Gefahren die Datenkonzentration im Falle Datev sonst noch berge. Es sei längst überfällig, so AGB-Vorsitzender Andreas Mayer, daß Verfassungsschützer und Sicherheitsexperten die Datev unter Datenschutz-Aspekten überprüfen müßten.

Als einen Angriff gegen die Aktivitäten der Datev wertet Mayer auch die Eingaben zur laufenden Verfassungsbeschwerde der Inge Dörfler, die im Auftrage des Verbandes deutscher Rechenzentren (VDRZ) von Dr. Joachim Hägele verfaßt wurde. Dem Vernehmen nach ist Hägele der Hausanwalt des Datev-Konkurrenten Taylorix.

Die Verfassungsklage Dörfler gilt als Präzedenzfall für die Frage der Befugnis der Ausübung von Lohnbuchführung und Datenerfassung durch Nichtangehörige des steuerberatenden Berufsstandes sowie der Befugnis zur Werbung für diese Tätigkeit. So heißt es zum Beispiel in der VDRZ-Eingabe: Die Chancengleichheit im Markt der freien Rechenzentren werde seit einigen Jahren sehr erheblich dadurch beeinträchtigt, daß der steuerberatende Berufsstand, vertreten durch seine Kammern und die Datev, erreicht habe, immer weitere Bereiche der Buchführung in die Hilfeleistung für Steuersachen einzubeziehen (Finanzbuchführung, Lohn- und Gehaltsabrechnung, Mahnwesen, offene Postenbuchhaltung).

Anzeichen für einen "Bruderkrieg" im VDRZ sehen nunmehr auch Branchenbeobachter in dem Bestreben einiger Verbandsangehöriger, die Datev als neben der IBM größtes VDRZ-Mitglied aus dem Verband auszuschließen. In jüngster Vergangenheit seien zwei diesbezügliche Anträge jedoch abgelehnt worden. Dazu VDRZ-Geschäftsführer Peter Lange-Hellwig: "Die Datev ist insofern bei uns ein Hecht im Karpfenteich, als sie allen anderen Mitgliedern allein schon aus Konkurrenzgründen ein Dorn im Auge ist."