München und Wien auf Linux-Kurs

27.07.2005
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Wolfgang Herrmann war Editorial Manager CIO Magazin bei IDG Business Media. Zuvor war er unter anderem Deputy Editorial Director der IDG-Publikationen COMPUTERWOCHE und CIO und Chefredakteur der Schwesterpublikation TecChannel.

"Ein Pflichtumstieg auf Linux ist nicht wirtschaftlich", begründet Gillich seine Strategie. Das habe eine 2004 erstellte Studie zum Open-Source-Einsatz in der Stadtverwaltung gezeigt. Die meisten Kosten fielen für die Nutzerschulungen an. "Das geht nicht unter Zwang." Wechselten die Mitarbeiter hingegen aus eigenem Antrieb auf Open Source, seien Schulungen in vielen Fällen kaum noch nötig. Für eine Migration ziehe Wien ohnehin nur solche PCs in Betracht, die relativ leicht umzustellen sind. Von den rund 16 000 in der Studie untersuchten Rechnern könnten 7500 ohne Schwierigkeiten mit Open Office statt dem Microsoft-Paket arbeiten, lautet ein Ergebnis. Davon wiederum ließen sich 4800 PCs auf ein Open-Source-Betriebssystem migrieren.

Ein Knackpunkt im Münchner Linux-Projekt sind die zahlreichen Fachverfahren, auf die die Mitarbeiter über ihre PCs zugreifen. In den Referaten der Stadt laufen etwa 170 verschiedene Fachanwendungen; hinzu kommen einige große Applikationen auf dem zentralen BS2000-Mainframe. Für die Umstellung gibt es grundsätzlich zwei Möglichkeiten: Entweder werden die Server-Programme auf Linux portiert oder über plattformunabhängige Frontends wie SAPs Java Client mit den neuen PCs verbunden.

Für die BS2000-Verfahren könne man die Linux-Emulation nutzen, die das Fujitsu-Siemens-Betriebssystem biete, erläutert Hoegner. Schwieriger gestalte sich die Anbindung der dezentralen Anwendungen. Sie stammten von rund 120 verschiedenen Softwarehäusern, darunter auch sehr kleine, die sich eine Linux-Migration oft gar nicht leisten könnten. "Die Firmen müssen mitziehen", sagt der IT-Verantwortliche. "Das ist ein kritischer Erfolgsfaktor für das ganze Projekt."

Doch es sind nicht nur die kleinen Softwareschmieden, die Hoegner das Leben schwer machen. So muss beispielsweise SAP auf den Partner Microsoft Rücksicht nehmen und unterstützt deshalb Linux-Clients nur zögerlich. In Sachen Open Source sei das Walldorfer Unternehmen in zwei Lager gespalten, so Hoegner. Derzeit verhandele man mit dem Hersteller über die Anbindung der ERP-Software an Open Office.