MS-DOS kommt für den ST - Unix steht an: Atari greift immer mehr nach dem Profi-Markt

28.03.1986

HANNOVER (CW) - Mit einer Hardware-Erweiterung will Atari nach Angaben von Geschäftsführer Alwin Stumpf die ST-Baureihe , die durch das neue Modell 1040 F mit integrierter Floppy ergänzt wird, IBM-kompatibel machen. Der 520 ST plus wird inzwischen mit dem Betriebssystem in ROM-Chips ausgeliefert.

In die Nähe der IBM-Kompatibilität von Compaq-Rechnern, "also auf 96 bis 97 Prozent" soll ein MS-DOS-Emulator die Atari-Computer der ST-Reihe bringen. Diesen hohen Anspruch reklamiert jedenfalls Alwin Stumpf für die Hardware-Erweiterung, die ab dem Spätsommer für 500 Mark lieferbar sein soll. Das Gerät, das über den DMA-Anschluß mit dem ST verbunden wird, arbeitet mit der 8-MHz-Version das 8088; auf dem Board sind zusätzliche 512 KB RAM montiert, die alternativ unter dem TOS-Betriebssystem als RAM-Disk zur Verfügung stehen. Das Bios, so Atari, ist in ROM-Chips untergebracht.

Nicht nur mit dem Griff nach dem MS-DOS-Markt - und damit nach der Welt von Big Blue - zeigt das Atari-Management, daß es die Zukunft vor allem im Bereich professioneller Anwender sieht. Das Terminalgeschäft mit, VT-100- und VT-220-Emulationen, das derzeit zehn Prozent vom Umsatz ausmache, will Stumpf weiter ausbauen. Unix steht an, allerdings wohl nicht vor dem ersten Quartal 1987. Dann wird, so Software-Chef Sigmund Hartmann, ein entsprechendes Mehrplatzgerät auf den Markt kommen - wobei man die Atari-Prämisse berücksichtigen muß, daß alle Ankündigungen nur gelten, wenn die Preise auch so tief sinken wie geplant. (Die Lizenz von AT&T liegt schon seit Anfang des Jahres vor.)

Vor diesem Hintergrund muß man auch das Versprechen sehen, daß bald CD-ROM-Speicher und Laserdrucker mit Atari-Label auf den Markt kommen sollen. Die CD-ROMs

müssen unter 500 Dollar sinken, Laserprinter unter 1000 Dollar. Und mit letzterem rechnet Stumpf für 1986 nicht mehr. Was 1986 noch passieren könnte, ist die Vorstellung des 32-Bit-Rechners auf 68020-Basis, von dem bisher auf jeder Atari-Pressekonferenz die Rede war. Zunächst ist jedoch der 1040 ST F angesagt, ein Mega-Atari mit eingebautem Floppylaufwerk, der 3298 Mark kostet. Der 520 plus ist ab sofort auf 2698 Mark reduziert und die Zentraleinheit des "kleinen" 260 auf 998 Mark den ursprünglich vorgesehenen Preis. Alwin Stumpf: "Als wir damals den Preis planten, habe ich mich nicht getraut, von einem Dollarkurs unter 2,30 Mark auszugehen."

Allerdings sind es nicht die Profis allein, von deren Bedarf an billigen Computern Atari profitieren will. Auch das Videospiel-Geschäft bringt dem Unternehmen, das bis Ende 1985 weltweit 100 000, davon in Deutschland 36000 Stück ST verkauft haben will, guten Umsatz. International seien letztes Jahr eine Million Videospiele abgesetzt worden, sagt Firmenboß Jack Tramiel. Deshalb entwickle man in Sunnyvale derzeit ein Spielgerät mit besserer Grafik, den 7800, sowie einen Videocomputer mit 68 000er Chip. "So selbstverständlich, wie Siemens Atomkraftwerke und Bügeleisen verkauft, trauen wir uns zu, professionelle Personal Computer, Heimcomputer und Spielprogramme zu verkaufen, kommentiert der Commodore-erfahrene Alwin Stumpf.

Die Softwareübersicht, die zur Hannover-Messe herausgekommen ist, spiegelt die nicht unbeträchtliche Bedeutung wider, die die Unterhaltung nach wie vor für Atari hat. Stark auf dem Vormarsch sind Sprachen, Compiler und Tools; aber auch die kommerziellen Programme stehen längst nicht mehr so verloren da wie noch zur SYSTEMS.

Die Stimmung bei der Atari-Mannschaft ist jedenfalls spürbar optimistisch. Dazu trägt sicher auch die Aussicht bei, demnächst vielleicht in Berlin fertigen zu können. Kontakte zu Wirtschaftssenator Elmar Pieroth bestehen schon. Tramiel wird kein leichter Verhandlungspartner sein für den CDU-Politiker.