Besser spät als nie?

Motorola Moto X im Praxistest

10.03.2014
Von 


Manfred Bremmer beschäftigt sich mit (fast) allem, was in die Bereiche Mobile Computing und Communications hineinfällt. Bevorzugt nimmt er dabei mobile Lösungen, Betriebssysteme, Apps und Endgeräte unter die Lupe und überprüft sie auf ihre Business-Tauglichkeit. Bremmer interessiert sich für Gadgets aller Art und testet diese auch.
Eine halbe Ewigkeit ist vergangen, bis das unter Google-Regie entstandene Motorola Moto X nun seinen Weg nach Europa gefunden hat. Wir haben nachgeprüft, ob das schicke Flaggschiff-Gerät mit Plain Android noch auf der Höhe der Zeit ist.

Nach dem Moto G hat Motorola nun auch das etwas besser ausgestattete Flaggschiff-Device Moto X nach Europa gebracht – nachdem das Gerät schon seit Sommer 2013 in den USA verfügbar war und Motorola-Fans entsprechend den Mund wässrig machte, hatten viele Interessenten bereits die Hoffnung darauf verloren.

Zum Deutschland-Start gibt es eine gute und eine schlechte Nachricht. Die schlechte: Die Möglichkeit, sich über die Plattform MotoMaker individuelle Rückseiten, Gravuren und Farben zusammenzustellen, gibt es in Westeuropa erst im Sommer (Q2). Bis dahin müssen sich Moto-X-Käufer noch mit den Farben Schwarz und Weiß abfinden.

Positiv zu bewerten ist dagegen, dass beim Europa-Launch der unverhältnismäßig hohe Preis nicht übernommen wurde. In den USA hatte Motorola das Gerät im August 2013 für 579 Dollar auf den Markt gebracht - und dafür reichlich Kritik geerntet. Hierzulande beträgt der UVP für das immerhin schon sechs Monate alte Gerät nur knappe 350 Euro (16 GB Speicher, 400 Euro für die 32-GB-Version). Allerdings ist der Preis für das Gerät inzwischen auch jenseits des großen Teichs deutlich gesunken. Außerdem verzichtete Motorola auf das wohl nur in den USA schlagkräftige Verkaufsargument „Assembled in the U.S.A.“ in – die hier erhältlichen Moto X werden wie inzwischen allgemein üblich in China und nicht den Vereinigten Staaten zusammengebaut.

Mittelmäßige Hardware-Ausstattung

Für das Geld bekommt der Käufer ein relativ kompaktes, gut verarbeitetes und mit 130 Gramm auch ziemlich leichtes Smartphone, das mit seiner gewölbten, gummibeschichteten Rückseite auch gut in der Hand liegt. Auf der Vorderseite hat es Motorola geschafft, trotz Abmessungen von nur 65 mal 130 Millimetern ein 4,7 Zoll großes Amoled-Display unterzubringen. Der Touchscreen liefert - fast schon zu - leuchtende Farben und löst mit annehmbaren 720p (1280 mal 720 Pixel) auf, was 326 ppi entspricht. Für Pixelzähler: Die Konkurrenz bietet hier teilweise schon höhere Werte, ob diese Sinn machen ist jedoch eine andere Sache. Oder wie Motorola es ausdrückt: Beim Moto X „wird keine Leistung für Pixel verschwendet, die das menschliche Auge meist gar nicht wahrnehmen kann“.

Auf einen Home-Button oder andere physische Tasten auf der Vorderseite hat der Hersteller dem allgemeinen Trend entsprechend verzichtet. Ein/Aus-Schalter und eine Lautstärken-Wippe befinden sich auf der rechten Seite. Links befindet sich noch der Schacht für die Nano-SIM-Karte samt Einschub – das war’s. Eine Speichererweiterung via Micro-SD-Karte ist nicht möglich und wegen des fest verbauten Akkus ist auch der Rückdeckel nicht abnehmbar.

Die Bewertung "Great" im AnTuTu-Benchmark ist leicht übertrieben.
Die Bewertung "Great" im AnTuTu-Benchmark ist leicht übertrieben.

Auch zur technischen Ausstattung muss man nicht viele Worte verlieren. Im Inneren des Smartphones werkelt ein Qualcomm Snapdragon S4Pro-Chipsatz von Qualcomm mit zwei 1,7-Gigahertz-CPUs und einer Adreno-320-Grafikeinheit. Die Motorisierung erwies sich im Test für die meisten Anwendungen als ausreichend, zumal Motorola nicht beim Arbeitsspeicher knauserte und 2GB RAM bereitstellte. Es dürfte jedoch klar sein, dass der Dual-Core-Prozessor bei Benchmarks nicht gerade in der obersten Liga mitspielt – anders als etwa der Snapdragon-800-Quadcore beim kürzlich getesteten Sony Xperia Z1 Compact.

Allerdings wurde der Chipsatz um je ein Prozessor für natürliche Sprache und kontextuelles Computing erweitert – dies wirkt sich zwar nicht auf die Leistung aus, ermöglicht jedoch zusätzliche Funktionen wie Touchless Control (Sprachsteuerung), Active Display (Aktiv-Anzeige) und Quick-Capture-Kamera, die das Nutzerlebnis verbessern sollen. Aber mehr dazu später.

Speichererweiterung über Google Drive

Als ausreichend kann man auch den 16 GB großen internen Speicher bezeichnen, allerdings stehen davon nur 12 GB zur freien Verfügung bereit, der Rest wird von Betriebssystem und vorinstallierten Apps in Beschlag genommen. Ein schwacher Trost: Motorola stellt kostenlos zwei Jahre lang 50 GB Speicherplatz in der Google-Cloud (Google Drive) bereit. Auch der fest eingebaute 2200-mAh-Akku ist gerade mal Durchschnitt und verlangte im Praxistest bereits am späten Abend nach dem Ladekabel.

Zur Vollständigkeit noch die restliche Hardwareausstattung: In punkto Konnektivität lässt das Moto X kaum Wünsche offen und unterstützt Bluetooth 4.0, USB OTG, WLAN 802.11 a/b/g/n/ac, sowie die Mobilfunktechniken GSM/GPRS/EDGE/UMTS/HSPA+ (mit bis zu 42 Mbps) und 4G-LTE. Lediglich die Möglichkeit, das Gerät via MHL und HDMI-Kabel mit einem anderen Gerät zu verbinden, ist nicht gegeben. Für eine kabellose Verbindung werden Miracast und DLNA unterstützt.

Außerdem besitzt das Moto X eine 10-Megapixel-Kamera mit LED-Blitz auf der Rückseite, die ganz passable Fotos und Videos in Full-HD schießt. Wie bei vielen anderen Smartphones auch, hat das Objektiv allerdings seine Probleme mit schlechten Lichtverhältnissen. Die Frontkamera zeichnet Bilder mit bis zu 2 Megapixeln Auflösung sowie Full-HD-Videos (1080p) auf. Die Kamera wird aber sicher nicht als Hauptargument für den Kauf des Moto X dienen, eher schon die gebotenen Software-Features.