Marktführer sagt der Konkurrenz den Kampf an

Motorola kann bei den D-Netzen zu jeder Zeit auf Sendung gehen

12.07.1991

FRANKFURT (gh) - Der Geschäftsbereich Funktelefone der Motorola GmbH zeigt sich für den digitalen Mobilfunk gerüstet. Die deutsche Tochter führenden Herstellers von Funktelefonen, meldet einen Großauftrag des Mannesmann Konsortiums. Auch die Telekom soll mit Endgeräten beliefert werden. Mit einer Service-Provider-Lizenz für das Mannesmann-Netz wollen die Frankfurter darüber hinaus auch als Diensteanbieter auf den Markt kommen.

"Der 1. Juli 1991 war unserer Meinung nach als Termin für die Inbetriebnahme zu früh", beurteilt Sigmar Recklies, Leiter des Motorola-Geschäftsbereiches Funktelefone den Startschuß für das digitale, paneuropäische Funknetz. Trotzdem steht der Marktführer bei mobilen Telefonen Gewehr bei Fuß weil Motorola, so Recklies selbstbewußt, "stets der erste bei Endgeräte-Entwicklung war "

Drei Modelle gehören gegenwärtig zum Motorola-Angebot: ein Handtelefon, ein mobiles so wie ein transportables Funktelefon. Während der Startphase der beiden D-Netze werden nach Einschätzung der Frankfurter nur mobile und tragbare Geräte zum , Einsatz kommen können, die "Handies" dürften erst drei bis sechs Monate später verfügbar sein. Nach einer mehrmonatigen Testphase mit maximal 40 bis 50 Testgeräten soll nach Angaben von Recklies die Serienauslieferung noch im vierten Quartal 1991 beginnen.

Erster Großabnehmer wird die Mannesmann Mobilfunk GmbH sein. Genaue Zahlen wollte der Motorola-Verantwortliche nicht nennen- der Auftrag sei aber vom Umfang her bedeutend und zunächst bis Ende 1992 befristet. Auch mit der Telekom stehe sei Unternehmen in Verhandlungen, erste Vereinbarungen in Form eines "Letter of Intent" lägen bereits vor. Nach einem schleppenden Absatz zu Beginn dieses Jahres rechnet man bei Motorola ab Mitte 1992 mit einer deutlichen Zunahme des Absatzvolumens für D-Netz-Endgeräte. Bis dahin will die deutsche Dependance des US-Technologiekonzerns noch rund 130 000 C-Netz-Endgeräte an den Mann bringen.

Schuld an der derzeitigen Misere im Endgerätemarkt für beide D-Netze hätten nach Ansicht Recklies nicht die Hersteller, sondern die Verzögerungen, die sich aus der langwierigen Spezifikationsphase ergaben. So wäre erst vor wenigen Wochen der Anforderungskatalog, nochmals geändert worden, allein elf Spezifikationen für die Geräte der ersten Generation mußten erneut überarbeitet werden. Daß Motorola als einer der ersten Anbieter Marktpräsenz zeige, führte Recklies auf die weltweiten Ressourcen des Konzerns zurück. Zudem hätte Motorola frühzeitig Testsysteme an die europäischen Netzbetreiber geliefert. Auf der Basis der Ergebnisse aus dem Testbetrieb wurden die meisten Spezifikationen erarbeitet.

Wenn das D2-Netz - wann auch immer - in Betrieb geht, will sich Motorola aber nicht nur auf die Rolle des Endgerätelieferanten beschränken. Von Netzbetreiber Mannesmann erhielten die Frankfurter eine Lizenz als Service-Provider (Diensteanbieter) für die komplette Vermarktung und Verwaltung des D2-Funktelefondienstes. Zusammen mit anderen Diensteanbietern erhofft man sich bei Motorola einen Sekundäreffekt aus dem Servicebereich, weil nur im Endkundengeschäft Marktnähe gewährleistet sei. Mit den Worten: "Derjenige, der gegenwärtig das C-Netz verkauft, wird zunächst auch das D-Netz vertreiben", umriß Recklies die Philosophie des Marktführers bei C-Netz-Endgeräten. Ein eigens gegründeter Geschäftsbereich Funktelefondienste soll in den nächsten zwei bis drei Jahren rund 50000 Teilnehmer für das D2-Netz gewinnen und so Marktanteile zu verteidigen helfen.

Die Position als Nummer eins will sich Motorola auch im Endgerätemarkt nicht nehmen lassen. Mit dem Technologievorsprung im Rücken und der frühen Marktpräsenz sehen sich die Frankfurter in einer guten Ausgangsposition. Auch einem zu befürchtenden Preiskampf mit japanischen Anbietern wird man nicht ausweichen.

Die Preise für die ersten D-Netz-Endgeräte werden unter denen der derzeitigen C-Netz-Endgeräte liegen - also weniger als 1000 Mark kosten. Für den Fall, daß dies nicht genügt, um die ausländische Konkurrenz auf die Plätze zu verweisen, gab Recklies die Devise aus: "Wir wollen auch im D-Netz Marktführer bleiben, wenn es sein muß, auch über den Preis."