Preisabsprachen über Roaming-Gebühren?

Monti nimmt Telcos ins Visier

08.03.2002
MÜNCHEN (CW) - Mario Monti hat angekündigt, die Praktiken der europäischen Telekommunikationsunternehmen genauer unter die Lupe zu nehmen. Im Visier des EU-Kommissars für Wettbewerbsangelegenheiten stehen dabei insbesondere die Roaming-Gebühren deutscher und britischer Mobilfunkanbieter sowie die bereits seit langem angemahnte Entbündelung der letzten Meile im Festnetz.

EU-Wettbewerbshüter Monti hat anlässlich einer Rede zum Europäischen Wettbewerbstag am 26. Februar dieses Jahres in Madrid die Praktiken einiger europäischer Telekommunikationsunternehmen scharf angeprangert. Obwohl durch die Öffnung der Märkte die Verbraucherpreise in den letzten Jahren um bis zu 40 Prozent sanken, gebe es immer noch etliche Probleme zu lösen.

So hätten Untersuchungen gezeigt, dass europäische Mobilfunkanbieter überhöhte Roaming-Gebühren verlangen. Bereits im November 2000 hatte die Kommission den Verdacht geäußert, dass hinter den hohen Kosten für Mobilfunkgespräche im Ausland ein Kartell der Carrier stecken könnte. Besonders Anbieter in Deutschland und Großbritannien fielen durch hohe Roaming-Preise auf.

Im Juli letzten Jahres ließ die EU-Kommission die Firmenzentralen verschiedener deutscher und britischer Telcos durchsuchen, darunter auch Büros von T-Mobil, D2 Vodafone, E-Plus und Viag Interkom. Man suche nach Beweisen für kollektive Preisabsprachen, hieß es damals aus Kreisen der EU-Kommission. Ein förmliches Kartellverfahren, das entsprechende Bußgelder nach sich ziehen könnte, wurde damals jedoch noch nicht eingeleitet.

Das könnte sich jetzt ändern. Monti kündigte an, dass sich die Untersuchungen nun auf bestimmte Mitgliedsstaaten konzentrierten, in denen die Situation "sehr ernst" sei. Es sei ferner zu erwarten, dass noch in diesem Jahr konkrete Maßnahmen eingeleitet würden. Sollte die Kommission den betroffenen Unternehmen Preisabsprachen nachweisen können, drohen hohe Bußgelder.

Die Carrier sehen einer möglichen Untersuchung allerdings noch gelassen entgegen. Bislang habe man nichts aus den Büros der europäischen Wettbewerbshüter gehört, heißt es bei D2/Vodafone. Insofern habe sich an der Situation seit den Durchsuchungen im letzten Sommer nichts geändert. Philipp Schindera, Sprecher von T-Mobil, möchte derzeit die Vorwürfe nicht kommentieren. Das Verfahren laufe noch, so seine Begründung.

Neben den hohen Roaming-Gebühren kritisiert Monti undurchsichtige Praktiken bei den Call-Termination-Gebühren. Diese müssen Festnetzbetreiber an die Mobilfunk-Carrier zahlen, um ein Gespräch abzuschließen. In den Rechnungen für die Verbraucher tauchten diese Beträge jedoch nicht auf, schimpft der Wettbewerbshüter. Es sei zu befürchten, dass überhöhte Kosten in anderen Beträgen versteckt würden. Monti hoffe, auch in dieser Sache noch vor dem Sommer konkrete Schritte ankündigen zu können.

Auch im Festnetz will der aus dem italienischen Varese stammende Politiker schärfer gegen Wettbewerbsverstöße vorgehen. Vor allem bei der Entbündelung der letzten Meile müsse sich noch einiges tun. Zwar habe die EU-Kommission seit dem Jahr 2000 immer wieder die Öffnung angemahnt, in vielen Fällen habe sich jedoch nur wenig getan. Laut einer von der EU-Kommission in Auftrag gegebenen Studie komme dieser Prozess, der auch für die Entwicklung von Breitbandzugängen von großer Bedeutung ist, nur unzureichend voran.

So würden frühere Monopolisten neuen Konkurrenten nach wie vor Steine in den Weg legen. Die Zeche zahlten die Verbraucher, denen einfachere und billigere Internet-Zugänge sowie eine breitere Auswahl verwehrt würden. Die Kommission gehe konkreten Fällen von Preismissbrauch nach. Diese Untersuchungen befänden sich in einem fortgeschrittenen Stadium, so Monti. "Endgültige Entscheidungen können noch in diesem Jahr erwartet werden." (ba)