Personaler kritisieren Vertriebspraktiken und Preispolitik

Monster ist vielen Kunden zu amerikanisch

07.05.2004
MÜNCHEN (iw) - Der elektronische Stellenmarkt ist in Bewegung geraten: Monster möchte mit aller Macht auch in Deutschland zur Nummer eins aufsteigen. Doch neben den Marktanteilen ist vor allem die Sympathie der Kunden nötig, um das eigene Image mit der guten Reputation von Jobpilot aufzupeppen.

In den USA ist die Stellenbörse Monster bereits die Nummer eins, wenn es um elektronische Jobvermittlung geht, hierzulande reichte es höchstens für Platz drei oder vier. Doch Firmengründer Jeff Taylor wollte sich mit einer Nebenrolle in einem wichtigen europäischen Marktsegment nicht zufrieden geben. Seit Januar letzten Jahres liefen die Verhandlungen um eine Übernahme, in der letzten Woche wurde der Vertrag unterschrieben, und Monster kaufte den Marktführer Jobpilot aus Bad Homburg für 74,5 Millionen Euro vom Schweizer Adecco-Konzern. Den Preis sehen Branchenkenner als Schnäppchen an.

Jobpilot war unter den kommerziellen Stellenbörsen die Nummer eins nach der Zahl der veröffentlichten Stellenangebote und der Besucher seiner Website, mit einem seriösen Image und zufriedenen Kunden auf Unternehmens- und Bewerberseite. Selbst nach dem Verkauf 2002 und dem späteren Ausstieg von Firmengründer Roland Metzger blieb die Stellenbörse Marktführer. Weshalb es Monster bisher nicht schaffte, den Bad Homburgern den Rang abzulaufen, hat viele Gründe. Einer war der späte Markteintritt im Juni 2000. Trotz aufwändiger und teurer Marketing-Kampagnen reichte es nie, zum Branchenprimus aufzusteigen. Über das freche Image und den Namen rümpften viele Personalverantwortliche die Nase. Unternehmensgründer Taylor amüsiert sich über solche Vorbehalte: "Der Name Monster war meine wichtigste Entscheidung. Jeder hasst den Namen, und in jedem Markt war er ein Problem, aber ich finde ihn großartig." Geht es um die Großen im Web, sieht er sich in einer Reihe mit Yahoo oder Amazon.

Wer wird Nummer eins?

Monster polarisiert, keine Frage. Doch neben Namensgebung und Design kritisieren Personaler auch die Vertriebspraktiken und eine undurchsichtige Preispolitik. Die Übernahme durch Monster überraschte und verunsicherte viele Firmenkunden. "Monster hat es nicht verstanden, in Deutschland Geschäfte zu machen. Die Amerikanisierung funktioniert hier nicht", meint etwa Hans-Christoph Kürn, der als Personal-Manager bei der Siemens AG das Recruiting verantwortet. Der Konzern veröffentlichte seine freien Stellen bisher über einen Rahmenvertrag bei Jobpilot und nutzte zusätzlich Jobware und Stepstone. Im September läuft der Vertrag mit Jobpilot aus, und ob der Siemens-Mann auch mit dem neuen Unternehmen Monster ins Geschäft kommt, ist ungewiss "Ich bezweifle, dass wir den Vertrag verlängern", so Kürn skeptisch.

Lukrative Marktanteile sichern

Die Rahmenverträge großer Unternehmen mit Jobpilot dürften für Monster besonders interessant sein, denn das Verzeichnis der Firmenkunden der Bad Homburger liest sich wie das "Who is who" der deutschen Wirtschaft. Monster hat dagegen für Deutschland nur wenige Rahmenverträge abgeschlossen. Während Jobpilot im April rund 28000 Stelleninserate auf seiner Website veröffentlichte, kommt Monster für den gleichen Zeitraum auf lediglich 5000 bis 6000 Stellenausschreibungen. Taylor glaubt, dass gerade Konzerne jetzt nicht mehr an Monster vorbeikommen, denn die Großen ziehe es mit ihren offenen Positionen auch zur größten Jobbörse, so sein Kalkül. Doch diese Einschätzung teilen längst nicht alle Personalchefs. "Masse ist kein Argument für uns, wir suchen gute Leute", meint etwa Marcus Fischer, bei Audi in Ingolstadt für das Personal-Marketing in den neuen Medien zuständig. SAP, bisher mit Jobpilot sehr zufrieden, hat dagegen vor einigen Wochen einen kleineren Vertrag mit Monster abgeschlossen, um die Plattform zu testen. Für die Walldorfer passt die weltweite Präsenz von Monster zur eigenen Recruiting-Strategie.

Neben den Marktanteilen und Kunden in Deutschland waren die Präsenzen von Jobpilot in Osteuropa ein weiteres Kaufargument, denn die neuen EU-Mitglieder Ungarn, Polen und Tschechien gelten als Wachstumsmärkte, und Jobpilot ist dort bereits eine eingeführte Marke, Monster dagegen kaum vertreten.

Als größten Konkurrenten sieht Taylor die klassischen Zeitungsverlage. Die Stellenmärkte wandern nach Taylors Prognose noch stärker ins Internet ab, und in acht Jahren, so seine Annahme, inserieren 50 Prozent der Firmen ihre offenen Stellen über die elektronischen Jobbörsen.

Allerdings sehen nicht alle Marktbeobachter Monster automatisch zur Nummer eins aufsteigen. Gerade der amerikanische Stil des Unternehmens stört viele, und deshalb fragen sich die Kunden: Wird Jobpilot amerikanisiert, wenn der Name verschwindet? "Jobpilot hat die Kundenwünsche bisher stärker berücksichtigt", meint Wolfgang Jäger, Professor am Lehrstuhl für Medienwirtschaft der Fachhochschule Wiesbaden. Dass Firmen jetzt in Scharen zur Konkurrenz überlaufen, bezweifelt der Marktbeobachter, denn viele sind vertraglich gebunden. Die Konkurrenten reagieren auf die neue Situation. Stepstone möchte sich als Alternative positionieren, und sieht sich schon als Gewinner im Wettlauf um die Kundengunst. Doch ohne strategischen Partner gilt Stepstone selbst als Übernahmekandidat. Auch Stellenanzeigen.de hofft auf neue Kunden.

Taylor denkt schon über neue Serviceangebote nach. In den USA startete Monster im Februar ein Karriere-Netzwerk, das dort bereits erfolgreich läuft. Jobsuchende und Interessierte zahlen eine Art Eintrittsgebühr, um sich in einem Forum mit Gleichgesinnten auszutauschen, nach Studienkollegen zu suchen oder sich mit den anderen Forumsteilnehmern über Karrierefragen auszutauschen. In den drei Monaten haben sich bereits vier Millionen Kommunikationswillige registriert, Tendenz steigend. Auch in Europa hofft Taylor, mit diesem Serviceangebot viele Euros zu verdienen.

Die Umsätze der Jobbörsen

Jobpilot / 80 % / Jobinserate und Bewerberdatenbank

/ 20 % / Services (zum Beispiel Unterlagen-Check für Bewerber)

Monster / 50% / Jobinserate

/ 30 % / Lebensläufe

/ 20 % / Lösungen für elektronisches Bewerber-Management

Stepstone / 80 - 90 % / Jobinserate

/ 10 - 20 % / Lebenslaufdatenbank und elektronische Personalvermittlung

Stellenanzeigen.de / 80 % / Jobinserate

/ 20 % / Bewerberdatenbank und Banner

Abb: Online-Stellenangebote

Jobpilot hatte bisher unangefochten die meisten Jobs im Netz zu bieten. Quelle: Zahlen nach Angaben der Unternehmen