Bestimmt der Chip-Champion die Marktanteile seiner Kunden?

Monopolvorwürfe: US-Behörde ermittelt jetzt auch gegen Intel

05.07.1991

MÜNCHEN (CW) - Drei Monate nach Microsoft ist jetzt Intel ins Visier der US-Kartellbehörde FTC gekommen. Auslöser der Untersuchungen war vermutlich der Streit des PC-Prozessor-Monopolisten mit seinem ehemaligen Partner Advanced Micro Devices (AMD), in dessen Verlauf einige unschöne Intel-Tricks ans Licht gekommen waren.

Überraschend an dem Schritt der Federal Trade Commission finden Intel-Kritiker einzig die Tatsache, daß er erst jetzt erfolgt. Schon seit längerem hatten manche Kunden und Konkurrenten geklagt, der Hersteller der 80xxx-Prozessoren (sie sind das "Gehirn" aller Personal Computer nach dem IBM-Standard) mißbrauche seine nahezu monopolistische Stellung. Die Intel Corp" so die Kritiker, verteile die raren Chips ungerecht und dränge die Konkurrenz mit unfairen Mitteln aus dem Markt.

Die Angeklagte indessen ist sich keiner Schuld bewußt. Thomas Dunlap, Hausjurist der Kalifornier, verweist auf "strenge Richtlinien", mit denen das Unternehmen sicherstelle, daß ihm keine Kartellrechts-Verletzungen unterliefen.

Noch handelt es sich bei der FTC-Aktion nur um eine Voruntersuchung, bei der offenbar die Intel-AMD-Auseinandersetzung im Mittelpunkt steht. Ein als Schlichter eingesetzter pensionierter Richter hatte im Oktober 1990 Intels Verhalten gegenüber seinem Entwicklungs- und Produktionspartner AMD öffentlich als ein "klassisches Beispiel für einen Bruch der Gesetze von -Treu und Glauben und fairem Umgang" bezeichnet und Intel "bewußten, gezielten und ungerechtfertigten Vertragsbruch" vorgeworfen (CW Nr. 43/90, Seite 1)

In einem Brief vom 27. Juni, in dem die Trade Commission jetzt die Intel-Manager über die laufende, nicht-öffentliche Untersuchung informierte, forderte sie Hunderte von Dokumenten dieses Falls zur Einsicht an.

Beobachter vermuten, daß dies nur der erste Schritt zu einer großangelegten Untersuchung ist, die generell das Geschäftsgebaren des Chip-Champions unter die Lupe nehmen wird.

Sie werten die Forderung nach den AMD-Unterlagen als ein Indiz dafür, daß vermutlich auch die Klagepraxis von Intel überprüft werden soll.

Dieser Fall scheint bei der FTC den Verdacht geweckt zu haben, daß das Unternehmen möglicherweise versucht, Kritiker, Konkurrenten und unbotmäßige Kunden mit Prozessen fertig zu machen. Einer der Hauptpunkte der Untersuchung wird die Frage sein, ob Intel tatsächlich die Macht besitzt und auch benutzt, über die Marktchancen seiner Kunden zu entscheiden. Dem Prozessorhersteller wird vorgeworfen, primär seine großen Kunden wie Compaq zu beliefern und kleine Newcomer kalt abfahren zu lassen. Damit würde er faktisch bestimmen, welchen Marktanteil ein PC-Hersteller Oberhaupt erringen könne.

Diese unumschränkte Macht besitzt Intel noch nicht lange: Erst mit dem 80386-Prozessor fühlte sich das Unternehmen stark genug, auf die Unterstützung anderer Firmen zu verzichten, die den Prozessor ebenfalls produzieren, und so den Abnehmern die Sicherheit geben, ihre Chips im Notfall auch von einem anderen Lieferanten beziehen zu können. Seit dem 80386 vergibt Intel keine Lizenzen mehr an andere Hersteller (die einzige Ausnahme ist IBM, die jedoch nur für den eigenen Bedarf produziert).