Monitorhersteller Iiyama kommt ohne Distribution aus Eine flache Handelsstruktur eroeffnet eine Menge Vorteile

27.01.1995

Von Roland Klauber*

Als vor einigen Jahren die weltweite Rezession einsetzte, blieb zum erstenmal auch Japan nicht verschont. Die Unternehmensleitung des Monitorherstellers Iiyama Electric hat das Phaenomen nicht fassungslos betrachtet wie das sprichwoertliche Kaninchen die angreifende Schlange, sondern die Gelegenheit beim Schopf gepackt und die Vertriebsstruktur neu organisiert.

Dem Konzeptentwurf der neuen Vertriebsstruktur des Monitorherstellers Iiyama ging eine Analyse der bestehenden Handelsstruktur voraus. Die traditionelle Kette gliederte sich in: Hersteller - Distributor - Haendler (Regionalhaendler, Einzelhaendler) - Anwender.

Dabei war die Kostenteilung so strukturiert, dass der Endkunde 230 Prozent von 100 Prozent der Produktionskosten als Kaufpreis zu bezahlen hatte.

Eine Analyse der tatsaechlichen Leistungen ergab, dass aufgrund der Rezession auch die Handelspartner ihre Leistungen drastisch eingeschraenkt hatten, um dem enormen Preisdruck standhalten zu koennen. Von allen Seiten wurden die Rufe nach einem zentralen Service und koordinierter Werbung laut; stillschweigend wurde davon ausgegangen, dass die Kosten dafuer natuerlich der Hersteller zu tragen habe.

Distributoren aus der Vertriebskette genommen

Daraus ergab sich fuer Iiyama zwangslaeufig die Konsequenz, das Gesamtkonzept zu ueberdenken. Wenn der Hersteller schon die Aufgaben der Handelspartner uebernimmt, dann sollte er auch von den eingesparten Kosten profitieren - das gelingt, wenn er den Absatz durch eine attraktivere Preisgestaltung erhoehen kann. Das neue Konzept sieht jetzt so aus, dass der Distributor voellig entfaellt und der Haendler ausschliesslich die Kundenberatung uebernimmt. Alle zusaetzlichen Aufgaben wie Werbung und Service erledigt der Hersteller.

Das Ergebnis des flacheren Vertriebskanals war also eine Reduzierung des Marktpreises, bezogen auf die Herstellungskosten, von 230 Prozent auf 125 Prozent. Dieser enorme Einspareffekt wurde vor allem durch drei Aenderungen erzielt:

- die Verkuerzung der Handelskette auf nur eine Handelsebene,

- die zentrale Abwicklung von Service, Werbung und PR durch den Hersteller sowie durch

- die Festlegung des Listenpreises auf das erzielbare Strassenpreisniveau.

Diese Massnahmen brachten die Anziehungskraft fuer den Computerhandel zunaechst natuerlich nahezu zum Erliegen. Die Schrumpfung des erzielbaren Gewinns auf die Haelfte vertrieb die Haendlerschaft gruendlicher als jede andere erdenkliche Katastrophe.

Diese Entwicklung war jedoch von Anfang an zu erwarten gewesen. Deshalb galt es, die verlorene Attraktivitaet auf andere Weise wieder zurueckzugewinnen. Das gelang in relativ kurzer Zeit durch zwei Massnahmen:

- das Wecken der Nachfrage im Markt und

- durch wesentliche Verbesserungen beim Service fuer die Handelspartner.

Die Nachfrage im Markt zu erzeugen war, zumindest theoretisch, verhaeltnismaessig einfach - man musste nur allseits bekanntmachen, dass man trotz des halbierten Marktpreises die gleiche Qualitaet lieferte. Umgesetzt wurde das Konzept mittels rigoros preisbezogener Anzeigen und guten Testergebnissen in den massgeblichen Fachzeitschriften.

Dem Haendler nahm man darueber hinaus einige Hauptsorgen ab:

- Eine Lagerhaltung wurde nicht mehr vorausgesetzt.

- Preisstaffeln fielen weg - und somit auch der Zwang zur Mehrabnahme.

- Die Produkte werden innerhalb von 30 Tagen nach Kauf gegen Erstattung des vollen Kaufpreises zurueckgenommen.

- Die Ware wird auf Wunsch auch direkt zum Endverbraucher geliefert.

Die Erfolge zeigten sich sofort. In kuerzester Zeit stieg der Umsatz sprunghaft an, und dies hat

Iiyama die Tuer fuer zwei weitere Dienstleistungen geoeffnet, die fuer den Anwender und die Allgemeinheit gleichermassen attraktiv sind. Zum einen wurde der Austauschservice auf fuenf Jahre verlaengert, so dass das defekte Geraet im Stoerfall unverzueglich gegen ein Austauschmodell ersetzt wird.

Die zweite Neuerung besteht in einem Recyclingkonzept. Dabei erhaelt der Kunde beim Kauf des Geraets einen Gutschein, gegen den er sein altes (oder innerhalb eines Zeitraums von fuenf Jahren das soeben erstandene) Geraet fachgerecht entsorgen lassen kann. Derzeit laufen Verhandlungen mit Recyclingfirmen, und man hofft bei Iiyama, demnaechst einen geeigneten Partner zu finden, zumal auch Bestrebungen laufen, Wiederverwerter amtlich zertifizieren zu lassen, um Abfallmissbrauch zu verhindern.

* Roland Klauber ist Geschaeftsfuehrer der Iiyama Electric GmbH in Feldkirchen bei Muenchen.