Eine kleine Druckerlehre

Möglichkeiten und Grenzen bei Ausgabe von DTP-Erzeugnissen

17.11.1989

Um es vorwegzunehmen: DTP ist heute schon eine hervorragend effiziente Technik. Die Entwicklung geht eindeutig dahin, daß sie ständig und verhältnismäßig schnell perfektioniert wird und daß in absehbarer Zeit das Drucken und Setzen, das Entwerfen von Layouts und die Erstellung von Reinzeichnungen fast ausschließlich in dieser Technik stattfinden wird.

Im großen Maßstab mag sich das Ganze dann ebenso gut Electronic Publishing oder CAP (Computer Aided Publishing) nennen: Letztendlich kommt alles auf das gleiche hinaus, Abgrenzungen dieser Begriffe sind mehr oder minder Wortklauberei.

Wo liegt also das Problem? Eben darin, daß hier Leute am Werk sind, die in ihrem Bereich höchst komplexe Anwendungs- und Entwicklungsstrukturen aufgebaut haben, aber vom Geschäft des anderen zunächst so gut wie nichts verstehen. So passiert es, daß die DTP-Anbieter den Anwendern lange weismachen wollten, der Laserdrucker ersetze die Druckmaschine. Nur deshalb gibt es Enttäuschungen auf seiten der Grafiker, weil die neue Technik keineswegs fast von alleine funktioniert, sondern ziemlich viel Übung erfordert, oder weil großartig angepriesene Spezialprogramme in der Praxis nur sehr begrenzt brauchbar sind.

Ein geradezu hilfloses Opfer gibt der "gewöhnliche" Benutzer ab, der Satz und Grafik nicht gelernt hat, aber den Anbietern glaubt, daß er mit Hilfe des Computers und seines DTP-Programms perfekte Drucksachen produzieren kann, und das ganz allein.

Wichtig ist, daß man zwischen Drucksachen unterscheiden sollte: Da gibt es zum einen diejenigen, die nicht allein informieren, sondern vor allem auch werben sollen. Zum anderen aber auch solche, bei denen es auf das äußere Gewand nicht ankommt. Beide kann man mit Hilfe von DTP rationeller erstellen als vorher, aber die Methoden sind unterschiedlich.

Für einen Werbeprospekt ist der Laserdrucker nicht geeignet. Dafür muß man den Umweg über einen sogenannten Belichter, auch Imagesetter genannt, gehen. Der produziert Druckfolien, die in einer herkömmlichen Offsetmaschine weiterverarbeitet werden. Eine solche Maschine stellt man sich wegen des hohen Preises allerdings nicht neben den Schreibtisch. Abgesehen vom Preis erfordert sie auch fotochemisches Entwickeln und eben den eigentlichen Druck auf der Offsetmaschine, deren Bedienung gelernt sein will, und an der man sich auch öfters die Finger schmutzig macht.

Regel Nummer 1: Für solche Drucksachen bedient man sich üblicherweise (große Hausdruckereien ausgenommen) eines Servicebetriebes.

Regel Nummer 2: Solche, auch unter DTP-Bedingungen aufwendigen, Produktionen sollte man nicht ohne die Hilfe eines Grafikers durchziehen. Am Grafiker sparen, heißt Geld zum Fenster hinauswerfen. Seit es DTP gibt, wächst die Zahl scheußlicher Drucksachen bedenklich: Tausend Mark am Grafiker gespart, und die Tausende von Mark für eine Vierfarbbroschüre auf Kunstdruckpapier sind nicht nur verloren. Schlimmer noch, man erzielt möglicherweise sogar einen negativen Effekt.

Der Laserdrucker ist aus verschiedenen Gründen nicht für hochwertige Drucksachen geeignet: Erstens reicht die Druckqualität nicht aus, zweitens sind dein Papiertransport und damit der Verwendbarkeit von Papiersorten ebenso wie der Positionierung des Drucks auf dem einzelnen Blatt Grenzen gesetzt. Zudem drucken nur die teuersten Drucker größer als A4 - Drucksachen bestehen jedoch in der Regel aus Doppelseiten.

Das Verfahren, die Druckfarbe auf das Papier zu übertragen, ist beim Laserdrucker gleich wie beim Normalpapierkopierer. Deshalb hält sich auch die Auflösung in Grenzen. Um nämlich beliebige grafische Darstellungen aufs Papier bringen zu können, bedient man sich der Pixelmethode. So selbstverständlich, wie das manchem Computermenschen erscheinen mag, ist das keineswegs: Plotter im CAD-Bereich zum Beispiel arbeiten nach dem Vektorprinzip.

Wenn man aber alles, was gedruckt wird, aus Punkten zusammensetzt gibt es auch Probleme. Die "Bit-Maps" sind nach der Methode "Pixel oder kein Pixel aufgebaut. Wenn man einen herkömmlichen Raster damit darstellt, muß man also die Rasterpunkte durch Pixel darstellen. Ersetzen können die Pixel die Rasterpunkte nicht, denn diese sind raffinierter aufgebaut: Sie können verschieden groß sein und enthalten so auch die Informationen über einen stetigen Übergang zwischen hell und dunkel.

Qualitätsproblem mit Strichgrafiken

Eins ist klar: Man hat ein Qualitätsproblem mit jenen zur druckenden Elementen, die im herkömmlichen Verfahren überhaupt nicht gepunktet wurden, den Schriften und den sogenannten Strichgrafiken.

Logischerweise werden die Probleme desto kleiner, je feiner die Auflösung ist. Um mit den 300 Pixel per Zoll, die der Laserdrucker schafft, Fotos dar zustellen, braucht man entweder einen noch wesentlich gröberen Raster als für eine Tageszeitung. Oder man bekommt beim Verzicht auf das Aufrastern - eine Qualität entsprechend einem Originalfoto, das man in den Kopierer legt: Alles sieht dumpf, wie unterbelichtet aus. Schriften bekommen zu. dem in den Bögen Treppchen, auch "Sägezähne" genannt. Man kann sie bewußt kaum erkennen, aber sie beeinträchtigen den subjektiven Eindruck von einer Drucksache.

Da man nur schwarz - oder eben in grobem Raster - drucken kann, fallen natürlich auch Effekte wie Graudruck weg. Weil die Positionierung des Papiertransports relativ ungenau ist, sitzt auch nicht alles auf jedem Blatt genau gleich, was zum Beispiel beim Adreßbereich im Fensterfeld eines Briefbogens lästig sein kann. Sehr dickes und sehr glattes Papier können ebenfalls Probleme machen.

Das menschliche Auge wird getäuscht

Die Belichter, die sogenannte Druckformen für die herkömmlichen Druckmaschinen liefern, Einschiffen hingegen diese Klippen elegant. Die Auflösung geht bis etwa 2500 dpi (dots per inch = Pixel pro Zoll). Damit ist die Täuschung des menschlichen Auges perfekt, das Ergebnis vollendet. Außerdem bewältigen sie auch die knifflige Erstellung von Farbauszügen. Die Offsetmaschine ihrerseits verfügt über ein äußerst präzises, pneumatisches Verfahren zum Papiertransport. Das ist für das Übereinanderdrucken der verschiedenen Farbauszüge auch absolut notwendig.

Auf der anderen Seite wird bei der Betrachtung der Handicaps eines Laserdruckers auch deutlich, wozu er in Verbindung mit DTP sehr gut taugt: Alles, was man früher mit dem Kopierer vervielfältigt hat, wird mit dem Laserdrucker mindestens ebenso gut.

Dazu verfügt man aber nun noch über die Möglichkeit zur einfachen Produktion von statistischen Diagrammen und ähnliche, typische PC-Leistungen, die früher mehr Zeit kosteten.

Wenig bringt indessen immer wieder das Gestaltenwollen mit den neuen Mitteln: Ein Layout "Wie mit der Schreibmaschine" gelingt meistens besser - schon weil die Schreibkraft davon wirklich etwas versteht und in dem Teilbereich "Layout eines Geschäftsbriefes" richtig ausgebildet worden ist.

Farbdruck direkt aus dem Computer gibt es inzwischen auch. Allerdings gelten hier dieselben Einschränkungen wie beim Schwarzweiß-Druck mit dem Laser. Die Qualität der Farben ist schon verblüffend - auf die Feinkorrektur, wie sie beim "richtigen" Drucken üblich ist, muß man allerdings verzichten. Das kann man auch, wenn man sich damit nicht an "richtige" Drucksachen wagt.

Präsentationsmappen jedoch sind sicher nicht nur schnell, sondern auch preiswert herzustellen. Dasselbe gilt für Folien zur -Tageslichtprojektion eben alles, was nicht so hohe Anforderung stellt und so niedrige Auflagen hat, daß der konventionelle Druck unwirtschaftlich ist.

Farbdrucker erfordert eine gute Auslastung

Andererseits erfordert der Farbdrucker eine gute Auslastung, um sich zu rentieren: Nicht nur, daß solch ein Gerät an die 60 000 Mark und mehr kostet. Vielmehr braucht man für die Erstellung der Auflage auch noch einen Farbkopierer, der bei den meisten Anbietern noch einmal genau so viel kostet.

Der Farbdrucker ist nämlich so langsam, daß er nur zur Herstellung der Vorlage taugt. Auch eine Hausdruckerei die sich solch teure Gerätschaft leisten könnte, muß sich überlegen, ob nicht ein Belichter, der auch nicht mehr als Farbdrucker und Farbkopierer zusammen kostet, mehr bringt.

Für Laserdrucker wie für Farbdrucker gilt übrigens: Alle Nachteile, bis hin zu den hohen Kosten des Farb-Druckgespanns, erscheinen akzeptabel, wenn es um Geheimhaltungsfragen geht: Ein Automobilkonzern zum Beispiel braucht damit während der Entwicklungsphase eines neuen Modells derartige Drucksachen nicht aus dem Hause zu geben und hat zugleich der, Vorteil, neueste Information sehr schnell verfügbar zu haben.

Ganz wichtig für die praktische Anwendung des DTP ist die Standardisierung der Übertragungsmethoden, denn nur dadurch ist die Zusammenarbeit mit Dienstleistern und zwischen verschiedenen Abteilungen wie etwa zwischen Konstruktion und technischer Dokumentation möglich.

Gleiche DTP-Daten in verschiedenen Auflösungen

Ein verbreiteter Standard ist die Seitenbeschreibungssprache Postscript. Sie löst alle Informationen, für den Druck in Pixel auf.

Das heißt aber keineswegs, daß alle grafischen Elemente von vornherein als Bitmap erzeugt werden, im Gegenteil. Schriften und Strichgrafiken entstehen als Vektordarstellungen - die erzeugten "outlines", die Konturen, füllt der Computer mit einem Befehl aus, statt jedes Pixel einzeln zu adressieren.

Andernfalls würden die Dateien für die Praxis viel zu umfangreich. Für Halbton hingegen und wenn es ans Drucken geht, kommen die Pixel zum Zuge.

Wesentliches Merkmal von Postscript: Aufgrund des Zusammenwirkens von Vektor- und Bitmap-Technik kann Postscript die gleichen DTP-Daten in verschiedenen Auflösungen ausgeben, und zwar entsprechend den Möglichkeiten des Ausgabegeräts. Das heißt etwa mit 300 dpi auf dem Laserdrucker und mit bis zu 2540 dpi auf dem Belichter.

Postscript ist derzeit noch De-facto-Standard

Da Postscript derzeit noch den De-facto-Standard in der Fonttechnologie darstellt, gibt es für diese Seitenbeschreibungssprache auch die meisten Schriftarten und -bibliotheken. Das Problem bei den rund 500 unter Postscript verfügbaren Schriften ist, daß man über möglichst viele verfügen sollte, wenn man auch nur ganz wenige davon einsetzt (insgesamt existieren etwa 2000 Linotype-Schriften).

Einerseits gehört es nämlich zu den Regeln der Werbekunst, nur wenige, sorgfältig ausgewählte Schriften, möglicherweise nur eine einzige, zu verwenden.

Andererseits darf die Auswahl nicht eingeschränkt sein, will man die Kreativität der Werbeschaffenden optimal für sich einsetzen.

Deshalb decken sich die Satzstudios mit vielen teuren Schriften ein. Die können einen gegebenenfalls mit postscriptfähigen Schriften unterstützen, falls man sie nicht selber im Repertoire der eigenen Schriftenbibliothek hat. Die Kosten hierfür halten sich in Grenzen.