Moegliche Klassifizierungen Tips fuer die kritische Wahl von Software fuer den Umweltschutz

06.01.1995

Das Thema Umweltschutz ist auch in den Unternehmen aktuell. Ein reifer Softwaremarkt deckt das weite Feld wohl nicht bis in die letzte Nische, aber doch erstaunlich weitreichend, ab. Horst Ellringmann, Herausgeber des Softwarefuehrers Umweltschutz aus dem Luchterhand Verlag, hat sich ausgiebig mit diesem Spezialmarkt beschaeftigt und gibt hier einige Hinweise und Auswahlkriterien (Marktuebersicht Seite 32).

Die klassische Zuordnung von DV-Anwendungen zum Umweltschutz erfolgt nach den Bereichen Ueberwachungs- und Kontrollsysteme, Informationssysteme, Auswertungs- und Analysesysteme, sowie Planungs- und Entscheidungssysteme.

Diese Systematisierung ist fuer den Praktiker wenig hilfreich. Er ordnet besser nach folgenden Umweltbereichen: Abfall, Boden, Laerm, Luft, Strahlung und Wasser sowie nach Informations- und Umweltueberwachungssystemen, die raum- und/oder stofforientiert sind, ferner nach speziellen Anwendungen.

Vorhandene Daten in die Anwendungen einbinden

Umweltinformations- und Ueberwachungssysteme unterscheiden sich von den medienbezogenen Systemen (Abfall bis Wasser) dadurch, dass sie Loesungen zu mehreren Anwendungsbereichen offerieren, die idealerweise auf einem einheitlichen Datenmodell basieren. Raumorientierte Systeme bieten grafische Darstellungen von der einfachen Liniengrafik bis zum geografischen Informationssystem.

Stoff-Informationssysteme sind in der Regel Datenbanken, die Stoffdaten verwalten. Es werden Systeme mit und ohne Stoffdaten angeboten.

Spezielle Anwendungen sind alle jene, die sich den bisher genannten Bereichen nicht zuordnen lassen, aber doch als Umweltschutzanwendung einzustufen sind. Hier handelt es sich beispielsweise um Loesungen zur Tourenplanung fuer Abfallentsorger.

Den genannten Anwendungsbereichen liegen folgende "Informatikmethoden" zugrunde:

- Messdatenerfassung und -verarbeitung,

- Prozessdatenverarbeitung,

- Modellbildung und Simulation,

- Datenbanken,

- Computergrafik und

- Bildverarbeitung.

Anforderungen, die an die zuwaehlende Loesung gestellt werden, werden in einem Pflichtenheft beschrieben. Dabei ist festzulegen, fuer welche Bereiche Software-Unterstuetzung erforderlich ist. Daraus ergibt sich, ob Einzelloesungen ausreichen, deren Daten keinen Bezug zueinander haben muessen oder ob ein System mehrere Loesungen auf Basis eines ganzheitlichen Datenmodells bieten soll. Fuer erstere Anforderung werden heute viele Produkte auf MS-DOS, MS-Windows oder Unix angeboten. Medienuebergreifende Produkte (Umweltinformations- und Ueberwachungssysteme) bieten nur wenige Herstellern an.

Darueber hinaus ist zu entscheiden, ob im Unternehmen vorhandene Daten in die Umweltschutzanwendungen eingebunden werden sollen. Das macht oft Sinn, denn es lassen sich beispielsweise Daten zu Stoffen aus dem EDV-System des Einkaufs gewinnen, Katasterdaten sind oft in der Instandhaltungssoftware vorhanden.

Soll Software fuer Umweltschutzbilanzen und fuer das Umweltmanagement zum Einsatz kommen, muss darueber nachgedacht werden, aus welchen der obengenannten Loesungen Daten gewonnen werden koennen und welche Schnittstellen zu entwickeln sind.

Fuer diese Phase der Softwarebeschaffung sind Marktuebersichten wie zum Beispiel der Softwarefuehrer Umweltschutz des Luchterhand Verlages hilfreich. Dieses Loseblattwerk enthaelt derzeit zahlreiche Loesungen (siehe auch die Marktuebersicht auf Seite 32, die die CW mit freundlicher Genehmigung des Luchterhand Verlags abdruckt).

Aus diesem Angebot muessen die richtigen Produkte und der richtige Hersteller ausgewaehlt werden. Die folgende Checkliste kann dabei behilflich sein:

- Deckt das Produkt meine fachlichen Anforderungen ab?

- Stellt das Produkt Fakten zur Verfuegung (Rechtsnormen, Stoffe, Richt- und Grenzwerte etc.)?

- Unterstuetzt das Produkt Organisationsvorgaenge (Vorgangsbearbeitung, Ausfuellen von Formularen etc.)?

- Kann ich eigene Anwendungen programmieren (etwa eigene Masken erstellen)?

- Seit wann ist das Produkt im Einsatz?

- Wie viele Anwender gibt es?

- Welche Referenzinstallationen kann der Anbieter nennen?

- Kann eine Referenzinstallation besichtigt werden?

Wer kein EDV- und Umweltschutzfachmann ist, wird keine Chance haben, die Qualitaet des Produkts zu beurteilen. Daher ist es ratsam, andere zu fragen.

Bezueglich der Seriositaet und Erfahrung des Anbieters lassen sich folgende Fragen formulieren:

- Wer ist fuer die Softwarepflege verantwortlich? Ist der Anbieter auch der Hersteller? Wenn nein, welche Argumente sprechen dafuer, nicht beim Hersteller zu kaufen?

- Gibt es bei Problemen Telefonunterstuetzung? (Sehr wichtig in der Anfangszeit.

- Welche Gewaehrleistungsdauer wird angeboten? (zwoelf Monate ist hier die Mindestforderung.)

- Welches Tageshonorar verlangt der Anbieter fuer Zusatzprogrammierungen? Was kostet die Bedienerschulung?

- Unter welchen Bedingungen kann man vom Vertrag zuruecktreten?

- Was kosten Installation und Inbetriebnahme? (Sollte kostenlos sein.)

- Wie liegen die Preise?

Die Preise fuer Umweltschutzsoftware liegen zwischen 1000 und 100000 Mark.

Ein Deponie-Einbaukataster kostet 5300 Mark, ein Gewerbeabfallkataster 21000 und ein Umweltinformations- und Ueberwachungssystem 32000 Mark.

Meist wird die Software modular angeboten, das heisst, es gibt ein Basismodul, das anwenderspezifisch um weitere Module ergaenzt worden ist.

Viele Produkte sind netzwerkfaehig und haben Schnittstellen zu anderen Loesungen, zum Beispiel Labor- oder Messsystemen.

Softwarefuehrer Umweltschutz

Diese Loseblattsammlung wird staendig um neue Produkte, die am Markt angeboten werden, aktualisiert. Produkte aus der Hochschul- oder Behoerdenentwicklung sind nicht enthalten. Das Werk gliedert sich im wesentlichen in die Teile Anbieteruebersicht und Marktinformationen, Firmenprofile sowie Programmbeschreibungen. Der Preis betraegt 98 Mark.

Bedarf an Umweltschutzsoftware in Industrie-Unternehmen/Angaben in Prozent:

Abfallwirtschaft: 62, Stoffdatenverwaltung: 55, Kataster: 51,

Gewaesserschutz: 36, Messdatenverwaltung: 26, Gefahrenguttransport: 22,

Gefahrenabwehr: 16, Anlagendatendokumentation: 11, Stoff- /Materialbilanz: 9, Oeko-Controlling: 8, Genehmigungsverfahren: 7,

Kosten-Verursacher-Zuordnung: 7, Lagerung wgf. Stoffe: 4.

Groesse des Markts

Unternehmen mit ueber 100 Beschaeftigten/Betroffenheitsfaktor*

Maschinenbau: 2015/1

Elektrotechnik: 501/1

Feinmechanik, Optik: 275/1

Baugewerbe: 1300/1

Druckerei, Vervielfaeltigung: 381/2

Textilgewerbe: 570/2

Eisen-, Blech-, Metallwaren: 763/3

Nahrungs-/Genussmittel: 1168/3

Gummiverarbeitung: 127/3

Stahlverformung, Oberflaechenbehandlung: 205/3

Kunststoffwaren-Herstellung: 638/3

Feinkeramik: 100/3

Papier- und Pappeverarbeitung: 320/3

Strassenfahrzeugbau: 582/4

Holzverarbeitung: 479/4

Glasherstellung/-verarbeitung: 114/4

Steine/Erden: 303/4

Holzbearbeitung: 76/4

Giessereien: 207/6

Nichteisen-Metallerzeugung: 122/6

Eisenschaffende Industrie: 123/6

Zellstoff-, Papiererzeugung: 105/7

Energieversorgung/-entsorger: 346/7

Chemische Industrie: 663/8

Mineraloelverarbeitung: 43/8

Bergbau: 138/9

Lederwarenerzeugung/-verarbeitung: 118/10

*gemaess Angaben des statistischen Bundesamts

**1 = gering, 10 = hoch