IFO-Prognose zur Entwicklung der Elektronikmärkte in Europa:

Moderates Wachstum in der Bundesrepublik

23.04.1982

MÜNCHEN (CW) - Der europäische Elektronikmarkt zählt nach Meinung des IFO-Instituts in München zu den Wirtschaftsbereichen, in denen in den kommenden Jahren die höchsten Zuwachsraten zu erzielen sind. Weniger rosige Aussichten sagen die Wirtschaftsauguren des Instituts dagegen der europäischen Elektronikindustrie voraus: Angesichts der scharfen Konkurrenz aus den USA und aus Japan sind ihre Zukunftsperspektiven "keineswegs sehr optimistisch einzuschätzen".

Für ihre Prognose zur Entwicklung der europäischen Elektronikmärkte bis zum Jahr 1985 haben die Münchner Wirtschaftsforscher zusammen mit Kollegen aus Berlin, England, Frankreich und Italien die Situation in diesen Ländern untersucht. Die besten Aussichten hat nach dieser Analyse die Elektronikindustrie in Frankreich, da hier eine konsequente und umfassende Technologiepolitik verfolgt werde. In den anderen drei Ländern konzentrierten sich dagegen die Förderungsmaßnahmen auf Teilbereiche. Als Beispiele sind die bundesdeutschen Programme Technische Kommunikation und Mikroelektronik aufgeführt.

"Relativ moderate Wachstumsraten" - so lautet denn auch die Prognose für die deutsche Elektronikbranche. Bis 1985 rechnen die Wirtschaftsforscher mit einer jährlichen Steigerung der Inlandsnachfrage von sieben Prozent im Durchschnitt. Spitzenreiter mit zweistelligen Zuwachsraten seien die Fachzweige der elektronischen Datenverarbeitung, die übrigen Sparten müßten sich mit sechs bis acht Prozent pro Jahr zufriedengeben. Pessimistisch zeigen sich die IFO-Experten auch im Hinblick auf die inländische Produktion. Der Bauelementesektor wächst nach der Studie nur geringfügig, die Unterhaltungselektronik stagniert nahezu.

Für die Entwicklung der deutschen Außenhandelsposition sehen die Wirtschaftsforscher einen zunehmenden Druck der ausländischen Konkurrenz. Die Perspektiven seien daher heute tendenziell ungünstiger zu beurteilen als vor einem Jahr. Die Bereiche Kfz-Elektronik, Geräte der Medizin-Elektronik, Fernsprech- und Telegrafentechnik sowie diverse Sparten der Unterhaltungselektronik hätten bereits Marktanteile verloren. Recht gut seien dagegen die Absatzaussichten bei Geräten und Einrichtungen der EDV und der Meß-und Regeltechnik.

Im Unterschied zur Bundesrepublik schneidet die französische Elektronikindustrie in der Expertenanalyse wesentlich besser ab: Bis 1985 kann der Meß- und Regeltechnik-Sektor einschließlich der Industrieelektronik mit einer jährlichen Produktionssteigerung von 15,5 bis 17,5 Prozent rechnen, gefolgt von der Datenverarbeitung mit 15 Prozent, dem Bauelementebereich mit knapp zwölf Prozent und der Unterhaltungselektronik mit 11,7 Prozent. In der gesamten Branche nehme damit die Produktion um 14 Prozent im Jahresschnitt zu.

Für die Elektronikindustrie Italiens weist die Studie - allerdings mit dem Hinweis auf die dortigen hohen Inflationsraten - hohe Zuwachsraten auf. Die prognostizierten Steigerungen für die Produktion im einzelnen: der Bauelementesektor wächst pro Jahr um über 20 Prozent, die Meß-und Regeltechnik um 13 bis 14 Prozent und die EDV um rund zehn Prozent.

Mit einem Marktwachstum von zwölf bis 15 Prozent jährlich bis 1985 kann nach Meinung der Münchener Konjunkturforscher die gesamte englische Konsum- und Investitionsgüterelektronik rechnen. Die Spitzenreiter seien auch hier der Bereich Bauelemente mit 15 Prozent, die EDV mit 13 Prozent und die Meß-und Regeltechnik mit etwa zehn Prozent. Hinter dieser zu erwartenden Nachfragesteigerung hinke allerdings der vorausgesagte Produktionszuwachs von neun bis zehn Prozent erheblich hinterher. Als Grund nennt die Studie vor allem den scharfen Druck der ausländischen Konkurrenz auf die heimischen Anbieter.